Sonderverband BergmannDer Sonderverband Bergmann war ein nach dem Beginn des Deutsch-Sowjetischen Kriegs am 14. Oktober 1941 zuerst in Neuhammer (Schlesien), später in Mittenwald (Ausbildungszentrum der Gebirgsjäger der Wehrmacht) aufgestellter Verband der Abwehr der Wehrmacht, der aus deutschen Vorgesetzten und kaukasischen Freiwilligen, d. h. Georgiern, Nordkaukasiern, Armeniern und Aserbaidschanern bestand. Mehrere Offiziere kamen aus dem vornehmlich in Frankreich lebenden kaukasischen Emigrantenkreis. Militärhistoriker schätzen, dass rund hunderttausend Kaukasier während des Zweiten Weltkrieges in deutschen Formationen gegen die sowjetische Regierung gekämpft haben. Die antisowjetische Einstellung und der kaukasische Nationalismus der Freiwilligen dienten der deutschen Psychologischen Kriegsführung. Laut Stefan Meining war die freiwillige Meldung auch eine Möglichkeit, aus der deutschen Kriegsgefangenschaft herauszukommen. GründungDer deutsche Geheimdienstchef Admiral Wilhelm Canaris hatte bereits im Mai 1937 mit dem japanischen Militärattaché Hiroshi Oshima ein geheimes Abkommen getroffen, dass die Arbeit beider Geheimdienste gegen die Sowjetunion zum Inhalt hatte. Ziel war die Unterbrechung der sowjetischen Ölförderung, die zu 80 Prozent im Kaukasus erfolgte und kriegswichtig war. Im Wesentlichen sollten deshalb vorbereitend die kaukasischen Minderheiten unterstützt, antisowjetische Propaganda betrieben und im Falle eines Krieges Sabotage- und Terrorakte durchgeführt und Revolten im Kaukasus unterstützt werden. Zuständig dafür war die neue Abteilung II der Abwehr, die mit nationalen Minderheiten arbeitete. → Hauptartikel: Deutsch-japanisches Geheimdienstabkommen Mit dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion war der Kriegsfall eingetreten und die von der Abwehr II getroffenen Vorbereitungen bezüglich der Minderheiten des Kaukasus erreichten ihren Höhepunkt. Der Sonderverband Bergmann war daher in konsequenter Fortsetzung der 1937 begonnenen Planungen eine im Herbst 1941 aufgestellte Spezialeinheit, die überwiegend aus nationalen Minderheiten der Völker des Kaukasus bestand und der für Sabotage und Zersetzung zuständigen Abwehr-Abteilung II unter General Erwin Lahousen und dessen Ostabteilungsleiter Erwin Stolze im Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unterstand. Die Einheit sollte mit einer Mischung aus kaukasischen Freiwilligen und deutschem Rahmenpersonal militärpolitische Sonderaufgaben im Kaukasus durchführen und psychologische Kriegsführung mit propagandistischen Mitteln betreiben. Bergmann wurde auf Vorschlag des zur Abwehr II bei der 17. Armee gehörenden Prof. Theodor Oberländer gegründet, der dem für die Nachrichtenlage und die Abwehr zuständigen Ic-Offizier der Heeresgruppe Süd, Oberst August Winter, am 13. Oktober 1941 vorschlug, einen Spezialverband aus Landeseinwohnern zu schaffen. Oberländer hatte zuvor im Sommer 1941 mit dem ukrainischen Sonderverband Nachtigall entsprechende Erfahrungen für die Abwehr II gesammelt.[1][2] Oberländer wollte mit Hilfe von orts- und sprachkundigen Freiwilligen den zentralen Kreuzpass und die Grusinische Heerstraße im Kaukasus erobern, um der Wehrmacht das Überwinden des Hauptgebirgskamms und das Eindringen in den Südkaukasus nach Georgien zu ermöglichen. Mit Hilfe einer Propagandakampagne, die von der Abteilung Wehrmacht-Propaganda im OKW und von kaukasischen Exilpolitikern und dem Ostministerium begleitet wurde, sollten außerdem die vielen Volksstämme für eine Zusammenarbeit gewonnen werden. Die Propaganda sollte als Teil der Psychologischen Kriegsführung auf die kaukasischen Landsleute in der Roten Armee zersetzend wirken. Der Vorschlag wurde akzeptiert und Abwehr-Chef Admiral Wilhelm Canaris erteilte Oberländer den Befehl, einen Sonderverband in Bataillonsstärke aufzustellen.[3] Die Masse der kaukasischen Freiwilligen kam aus den Gefangenenlagern der Wehrmacht.[4] Etliche Georgier kamen zusätzlich aus dem Exil in Frankreich, wo sie von der Abwehr II mit Hilfe des Georgiers Michael Kedia angeworben wurden.[5] Die Ausbildung des Verbandes erfolgte anfänglich in Neuhammer in Schlesien und 1942 in den bayerischen Alpen in der Luttensee-Kaserne oberhalb von Mittenwald.[6] Aufgrund des im Kaukasus vorherrschenden Hochgebirges und der Zugehörigkeit zur Abwehr II bildeten auf deutscher Seite vorwiegend Gebirgsjäger aber auch Angehörige des Sonderverbandes Brandenburg der Abwehr II das Rahmenpersonal der Einheit.[7] Typisch für die Abwehr war die Einbindung von Fachleuten bei Bergmann, die einen besonderen Bezug zum Kaukasus oder zu fremdem Volkstum hatten, wie etwa Sonderführer Walter von Kutzschenbach, der in Tiflis/Georgien geboren war. Zu diesem speziellen Beraterkreis zählten neben Oberländer auch der NS-Völkerrechtler Hermann Raschhofer, der Jurist Ehrenfried Schütte als Gruppenleiter im Ostministerium, Leutnant Friedrich Richter von der Dienststelle des Beauftragten für den Vierjahresplan oder die Verleger Wilhelm Reissmüller und Friedrich Middelhauve als Verbindungsoffiziere.[8] Am 20. März 1942 besuchte dann im Sinne der ursprünglichen Vereinbarungen mit Japan auch eine japanische Militärdelegation den Verband Bergmann in Neuhammer, wo die Einheit zu dieser Zeit noch lag.[9] Am 7. und 8. Juli 1942 besichtigte schließlich Abwehr-Chef Admiral Canaris die Einheit in Mittenwald kurz vor dem Abmarsch zum Kaukasus.[10] RahmenbedingungenAdolf Hitler hatte während der deutschen Sommeroffensive von September 1942 bis November 1942 persönlich das Kommando über die Heeresgruppe A übernommen, die den Kaukasus erobern sollte. Hitler hatte sein Hauptquartier in Winnitsa in der Ukraine aufgeschlagen und den bisherigen Oberbefehlshaber der Heeresgruppe A, Generalfeldmarschall Wilhelm List abgelöst. List wurde mit dem Posten des Oberbefehlshabers des Kaukasus abgefunden. Am 22. November 1942 übernahm schließlich Generalfeldmarschall Ewald von Kleist die Heeresgruppe A. Im Zuge dieser Sommeroffensive hatte die Wehrmacht erstmals vor, größere Verbände aus Legionären der Völker dieser Region einzusetzen. Hitler hatte in einem erhaltenen Entwurf verfügt, landeseigene Kräfte der kaukasischen Völker zur Befriedung, zum Schutz und für die Verwaltung des Kaukasus einzusetzen.[11] Für die künftige Gestaltung des Kaukasus war das Ostministerium unter Alfred Rosenberg und dessen Kaukasus-Abteilungsleiter Gerhard von Mende verantwortlich. Das Ostministerium hatte den Diplomaten Otto Bräutigam als Bevollmächtigten zur Heeresgruppe A abgestellt.[12][13] → Hauptartikel: Gerhard von Mende Außerdem schuf Hitler auf Vorschlag von Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg im August 1942 die Stelle des Beauftragten Generals für Kaukasusfragen. Besetzt wurde der Posten mit General der Kavallerie Ernst-August Köstring, der in Russland geboren war und die Mentalität der Kaukasier verstand. Köstring sollte als Kenner die aus Kaukasiern bestehende landeseigenen Verbände der Wehrmacht beaufsichtigen und darauf achten, dass die von der Heeresleitung aufgestellten Grundsätze zur Behandlung der Kaukasier beachtet würden.[14] Sein Stab hielt deshalb Verbindung zu den Verantwortlichen im Ostministerium, die bei der Besetzung des Kaukasus die Verwaltung errichten sollten. Insofern hatte General Köstring auch eine Verantwortung für die Einheit Bergmann.[15] Eine Sonderrolle im Kaukasus kam den Georgiern zu. Exilgeorgier waren aus historischen Gründen besonders gut mit den deutschen Stellen im Ostministerium, im Auswärtigen Amt und in den Geheimdiensten vernetzt. Da man von einer Eroberung des Kaukasus und des südlich des Hauptkamms gelegenen Georgien ausging, bekamen die Georgier als größte Volksgruppe eine gewisse Dominanz, was sich auch in der Zusammensetzung von Bergmann spiegelt, die mehrheitlich aus Georgiern bestand. Entsprechend bedeutend war die Position des georgischen Vertreters Michael Kedia, der im Ostministerium den georgischen Nationalausschuss leitete und in gewisser Weise für alle Kaukasier eine Führungsrolle einnahm.[16] Kedia arbeitete schon 1940 in Paris eng mit der Abwehr II zusammen und war zentral in alle Geheimdienstaktivitäten von Abwehr und SD der SS im Kaukasus eingebunden. → Hauptartikel: Michael Kedia Galerie
Literatur
WeblinksCommons: Sonderverband Bergmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelhinweise
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