Im Zuge der Diskussion um den möglichen Hilfs- und Fachkräftemangel für die Energiewende[9][10][11] widerfährt dem Konzept eine Professionalisierung und vermehrte Aufmerksamkeit. Das erste Solarcamp des im deutschsprachigen Raum aktiven Bündnisses Solarcamp for Future fand 2022 in Hötzum bei Braunschweig statt.[12] Ein Berliner Ableger erhielt für die Zusammenarbeit mit einer berufsbildenden Schule und lokalem Handwerk 2024 den Sonderpreis des Landeswettbewerbs Berliner Klima Schulen.[13]
Konzept
Solarcamps dienen der Vermittlung grundlegender Kenntnisse um Hilfstätigkeiten bei der Montage von Solaranlagen auf Dächern, aber auch sogenannten Balkonkraftwerken. Dies geschieht in der Regel auf geeigneten Grundstücken, die neben technischen Voraussetzungen die Unterbringung in Zelten im Stile eines Festivals ermöglichen. Damit soll unter anderem die Energiewende beschleunigt[14] und einem möglichen Fachkräftemangel von Solarmonteuren, Elektrofachkräften, Planungsingenieuren und nachgeordneten Hilfs- und Fachkräften vorgebeugt werden, der bis 2035 deutschlandweit etwa einer Viertelmillion Vollzeitäquivalenten entsprechen soll.[15]
Ablauf
Lehrinhalte
Dachstühle in Bodennähe als Übungsflächen
Innerhalb von ein bis zwei Wochen erhalten die Teilnehmenden einen Überblick über Grundlagen von Solaranlagen und deren mechanischer Installation auf unterschiedlichen Dachtypen.[16] Dazu gehört der Umgang mit entsprechenden Werkzeugen, die Einführung in Verbindungstechnologien sowie grundlegende Werkstoffkenntnisse. Neben der mechanischen Befähigung ist auch die Vermittlung elektrotechnischer Grundkenntnisse vorgesehen, sodass im Rahmen der Solarcamps die Prüfung zur Elektrotechnisch unterwiesenen Person (EuP) oder Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten (EFKffT) erfolgen kann. Damit können Absolventen Montagetätigkeiten und spannungsfreie Steckverbindungen an Solarpanelen (DC-seitig, vor Netzanschluss) vornehmen, sodass diese als Hilfskräfte zur Zuarbeit für qualifizierte Fachkräfte mit Berufsabschluss (Vorarbeiter, Elektrotechniker, Planungsingenieure) verortet werden können. Als Abschluss der Solarcamps erfolgt in der Regel die Mithilfe bei einem realen Projekt oder Betriebspraktika bei mitveranstaltenden Unternehmen.[17]
Durchführung
Setzen von Ankerpunkten eines Anlagengestells unter Aufsicht
Lehrinhalte, praktische Übungen und Prüfungen werden ortsabhängig durch Einzelpersonen, lokale Betriebe oder Referenten von Branchenverbänden übernommen. Abhängig vom Veranstalterbündnis wird die Teilnahme kostenfrei oder gegen anteiligen Beitrag[22] zu Verpflegung, Prüfungs- und Materialkosten angeboten.
Befestigung eines Solarpanels auf einer Profilschiene
Zielgruppen und Nutzen
Solarcamps richten sich an breites Altersspektrum, zum Teil ist von einem Fokus auf Heranwachsende und junge Erwachsene zwischen 16 und 35 Jahren die Rede.[23] Neben Schulabbrechern, Absolventen und Quereinsteigern sind Arbeitssuchende, Migranten und Teilzeitbeschäftigte Zielgruppe von Solarcamps, die für die Hilfstätigkeiten in der Branche, aber auch anschließenden Ausbildungen und Beschäftigung im Handwerk und der MINT-Branche begeistert werden sollen. Zum Teil werden auch explizit an ehrenamtlichem Engagement Interessierte, Mitglieder von Energiegenossenschaften und bisher im Handwerk unterrepräsentierte Gruppen wie Frauen und FLINTA* angesprochen.[24]
Solarcamp for Future (Hrsg.): Solarcamp for Future. Anpacken für mehr Klimaschutz. Handbuch Version 2.0. 2023. Online verfügbar (CC BY-NC-SA 4.0)
Filme
„Solar Camp“ – Intensivkurs für Photovoltaik-Hilfskräfte, Hessenschau, 25. Juli 2023, 3 Minuten. Online verfügbar
Einzelnachweise
↑Terry W Hokenson: The Partnership Paradigm Is A Unified Field Theory For Human Betterment: How It Works in the Minnesota Climate Crisis Movement. In: Interdisciplinary Journal of Partnership Studies. Band3, Nr.3, 14. Oktober 2016, ISSN2380-8969, doi:10.24926/ijps.v3i3.142 (umn.edu [abgerufen am 6. Juni 2023]): „After countless meetings and much sweat and tears, the project is nearing completion. The solar panels are scheduled to be installed in the fall of 2016 and the array is largely subscribed. The project, named Just Community Solar, also inspired social justice innovations such as access for people without standard credit scores, solar jobs for members of the predominantly blackneighborhood, and a solar workshop for young people at Shiloh Templecalled “Just B Solar Camp” [...]“
↑Manuel Pacheco Coelho: CO-MANAGEMENT” REVISITED: SUSTAINABLE USE OF NATURAL RESOURCES AND MODEL OF GOVERNANCE OF TAMERA/PORTUGAL. In: CONFLUÊNCIASRevista Interdisciplinar de Sociologia e Direito. ISSN1678-7145, S.51, doi:10.22409/conflu16i1.p337: „In a space imagined by the physicist Jürgen Kleinwächter, a solar camp was built. The fundamental objective is to learn how to use the light from the Sun to create a clean and renewable energy. The equipment that can be seen in the village, with mirrors, greenhouse and parabolic systems that capture solar energy, “makes the place seem from another planet” (in Diário do Alentejo).“
↑Youth on the Roof. Abgerufen am 9. Oktober 2023 (englisch, niederländisch).
↑Greenpeace’ler aus aller Welt lernen die Energiewende. In: Greenpeace Schweiz. 8. August 2013, abgerufen am 8. Oktober 2023 (Schweizer Hochdeutsch): „Diese Woche fand auf dem Bauernhof der Familie Flückiger in Buchrütti [...] das 13. Internationale Solarcamp von Jugendsolar statt. 19 GPs aus zehn Ländern [...] tauschten sich zum Thema Erneuerbare Energien aus und haben eine Photovoltaikanlage fertiggestellt, die bis Ende 2014 für Greenpeace 65 000 Kilowattstunden Strom produzieren wird.“
↑Stefan: 10 Jahre JugendSolarProjekt. In: Greenpeace Schweiz. 11. August 2008, abgerufen am 8. Oktober 2023 (Schweizer Hochdeutsch).
↑Thomas Loy: Solarcamp von Fridays for Future in Berlin: Klimaaktivisten greifen zum Akkuschrauber. In: Der Tagesspiegel Online. 22. August 2023, ISSN1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 24. August 2023]).