Siegfried Matthies
Dieser Artikel wurde in die Qualitätssicherung der Redaktion Physik eingetragen. Wenn du dich mit dem Thema auskennst, bist du herzlich eingeladen, dich an der Prüfung und möglichen Verbesserung des Artikels zu beteiligen. Der Meinungsaustausch darüber findet derzeit nicht auf der Artikeldiskussionsseite, sondern auf der Qualitätssicherungs-Seite der Physik statt.
Richard Siegfried Matthies (* 8. August 1937 in Radebeul; † 24. Februar 2023)[1] war ein deutscher Physiker, dessen Beiträge zur Texturanalyse polykristalliner Medien unter anderem die geophysikalischen Forschungen zur Ausbreitungsgeschwindigkeit seismischer Wellen im Erdkern beförderten. StudiumAb 1955 studierte Matthies Physik an der Staatlichen Universität Schdanow in Leningrad, wo er 1960 erfolgreich seine Diplomarbeit zu Formen des Elektronentransfers bei Atomkollisionen verteidigte.[2] Dort lernte er auch seine spätere Frau Galina Wladimirowna Vinel kennen, die ihm bis zu ihrem Tod am 13. Februar 2013[3] als Ehefrau, Mutter der gemeinsamen zwei Kinder und kenntnisreiche Partnerin bei seinen wissenschaftlichen Arbeiten zur Seite stand. Es folgte ein Postgraduiertenstudium am Institut für Kernphysik der Lomonossow-Universität in Moskau, wo er unter anderem mit V. G. Neudachin, Yuri Fedorovich Smirnov[4] und V. V. Balashov zusammenarbeitete und 1963 mit einer Dissertation über Nukleonen-Assoziationen in leichten Kernen promoviert wurde.[2] Wissenschaftliche Laufbahn in der DDR1964 nach Deutschland zurückgekehrt, wurde er am Zentralinstitut für Kernforschung der DDR (jetzt Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf) eingesetzt, wo er in Kooperation mit dem Wissenschaftlichen Forschungsinstitut für Atomreaktoren in Melekess, UdSSR an theoretischen Untersuchungen zu Einsatzmöglichkeiten von pastösen Kernbrennstoffen für mit flüssigem Natrium gekühlte schnelle Brutreaktoren und für den Kernbrennstoffwiederaufarbeitungszyklus arbeitete. Von 1971 bis 1977 kehrte Matthies in die Sowjetunion zurück und arbeitete im Vereinigten Institut für Kernforschung in Dubna, wo er seine besonderen Fähigkeiten im Bereich der Mathematischen Physik weiterentwickelte und an der Übersetzung der von Lew Landau und Jewgeni Lifschiz verfassten Lehrbücher der theoretischen Physik aus dem Russischen ins Deutsche beteiligt war.[2] Durch seine theoretischen Kristallfelduntersuchungen in paramagnetischen Verbindungen Seltener Erden, verbunden mit den am PrFe3 in Dubna gemessenen Resultaten der Spin-Gitterwechselwirkung wurde er dann auch international wahrgenommen und 1976 zu einem Arbeitsaufenthalt an das Paul Scherrer Institut eingeladen.[2] 1977 nach Dresden zurückgekehrt, habilitierte er sich an der Technischen Universität mit der Arbeit Beiträge zur Theorie des Kristallfeldes in Seltenerdverbindungen. Danach widmete er sich dem Forschungsbereich Texturuntersuchung polykristalliner Werkstoffe, wobei er die Ursache für die „Geister“ genannten, unerklärlichen Ergebnisse in den nach der von Hans-Joachim Bunge entwickelten Methode[5] gefundenen Orientierungsdichteverteilungsfunktion (ODF) erkannte und in Zusammenarbeit mit seiner Ehefrau Galina eine neue Methode zur quantitativen Texturanalyse in polykristallinen Medien und deren Anwendung in der Materialforschung entwickelte.[2] Dies war in den 1980er Jahren ein Hauptthema der Texturanalyse, zu dem er zahlreiche wissenschaftliche Artikel veröffentlichte. Seine im Bereich der Materialforschung gewonnenen Erkenntnisse und die Entwicklung entsprechender Algorithmen[6] brachten ihm dann weltweite Anerkennung und die Einladung zur Teilnahme an Forschungsprojekten in Frankreich und den USA ein. 1983 wurde er für seine wissenschaftlichen Leistungen mit dem Gustav-Hertz-Preis geehrt und 1984 zum Professor an der Akademie der Wissenschaften der DDR ernannt.[2] Wiedervereinigung und NachwendezeitMit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 und der im Einigungsvertrag, Artikel 38 festgelegten „Einpassung von Wissenschaft und Forschung“ in das bundesdeutsche System wurde auch das Zentralinstitut für Kernforschung Rossendorf abgewickelt, wodurch er, wie auch andere Wissenschaftler der DDR, die Möglichkeit zur Weiterführung seiner Forschungsarbeiten in Deutschland verlor. Der Solidarität international bekannter Wissenschaftler ist es dann zu danken, dass er durch die Einbindung in Forschungsprojekte und durch Lehraufträge weitere Beiträge zur Entwicklung der Kenntnisse auf dem Gebiet der Materialforschung leisten konnte (z. B. in Kalifornien, in Frankreich, der Schweiz und in Südkorea). Dabei entwickelte er unter anderem eine neue Methode zur quantitativen Bestimmung elastischer Eigenschaften in polykristallinem Material, die nicht nur die Orientierung, sondern auch die Form der Kristallite einbezieht. Von ihm in diesem Zusammenhang entwickelte Algorithmen, darunter die Williams-Imhof-Matthies-Vine (WIMV) Methode[7] und GeoMixSelf,[8] wurden zur Grundlage verbreiteter Textur-Softwarepakete[2] wie popLA, BEARTEX[9] oder dem die Rietveld-Methode verwendenden MAUD.[10][11] Seine Erkenntnisse führten unter anderem zu einem besseren Verständnis der Anisotropie des Erdkerns, der Strukturen in der Erdkruste wie auch der anisotropen Schallwellenausbreitung im Ozean. Dem „Andenken an Professor Siegfried Matthies“ als einem Pionier der Texturanalyse wurde im Dezember 2023 ein Beitrag im Fachjournal Journal of Applied Crystallography gewidmet.[12] Schriften (Auswahl)
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
|
Portal di Ensiklopedia Dunia