Nach der Berlin-Blockade 1948/1949 beauftragten die drei StadtkommandantenWest-Berlins den Senat, Lager für Grundnahrungsmittel, Medikamente, Kohle, Treibstoffe, Rohstoffe für die Industrie und viele andere Dinge des täglichen Bedarfs anzulegen. Beabsichtigt war, dass bei einer eventuellen neuen Blockade Berlins ein „normales“ Leben in dem Westteil der Stadt für mindestens 180 Tage, also ein halbes Jahr, gesichert wäre und eine Blockade somit nicht mehr sinnvoll wäre.
Im Jahr 1953 wurde eine Vergrößerung der Senatsreserve beschlossen; zu diesem Anlass kam Eleanor Lansing Dulles als Berlin-Verantwortliche des US-Außenministeriums in die Stadt und wurde Zeugin der Unruhen vom Aufstand des 17. Juni.
Jahrzehntelang wurden in der Senatsreserve etwa vier Millionen Tonnen Güter gelagert. Zeitweise bestanden über 700 Lager in West-Berlin und nur relativ wenige Menschen hatten detaillierte Kenntnisse darüber.
Die Bestände an Kohle wurden in den Berliner Kraftwerken verfeuert.
Bestände
Der Wert der bevorrateten Güter betrug rund zwei Milliarden D-Mark (kaufkraftbereinigt in heutiger Währung: rund 2,1 Milliarden Euro), das permanente Auswechseln der Güter gegen frische Produkte, die sogenannte „Wälzung“, kostete jährlich mehrere Millionen Mark. Rund 100 Mitarbeiter waren mit der Verwaltung der Vorräte beschäftigt.
Die hohen Kosten der Lagerbestände und des ständigen Austausches wurden durch die Finanzhilfen der Bundesregierung beglichen.
Die Altbestände verkaufte der Senat preisgünstig an die Bevölkerung; in Kochbüchern fanden sich Rezepte, die in der Zutatenliste auf Waren aus Senatsreserven zurückgriffen, beispielsweise hieß Rindfleisch in Dosen „Senatsreserve“ oder „Schütz-Fleisch“ – nach dem damaligen Regierenden BürgermeisterKlaus Schütz.
Bevorratung (Auswahl) für rund zwei Millionen West-Berliner:
Um im Notfall die Güter geordnet an die Bevölkerung abgeben zu können, wurden in der Berliner Bundesdruckerei Bezugsausweise und Lebensmittelmarken hergestellt:
Kleinkinder bis 1 Jahr: Säuglingskarte, Milchkarte A (siehe Foto), Sonderbezugsausweis, Seifenkarte
eine ursprünglich zum Borsig-Gelände gehörende Halle aus dem Jahr 1937 an der Sterkrader Straße in Tegel – Lagerung von Kaffee, Zucker, Getreide (evtl. auch Kohlevorräte)
ehemaliger Festsaal (heute: LabSaal) neben dem Alten Dorfkrug in Alt-Lübars – Düngemittellager (Kali)
in Spandau am Kladower Damm 690.000 Tonnen Kohle in einer 15 m tiefen Grube
Literatur
Peter Auer: Die Verhältnisse zwingen zur Bewirtschaftung… Streng geheim: Die zweite Blockade, die es nie gab. Berlin Verlag Arno Spitz, Berlin 1993, ISBN 3-87061-409-9.