Die Familie Schimmelmann war eine deutsche bürgerliche Familie, die ihren Ursprung in der Stadt Bützow in Mecklenburg hatte. Von dort zog sie über Pommern nach Dänemark, wo sie im 18. Jahrhundert in den Adelsstand erhoben wurde. Mitglieder der Familie leben heute in Dänemark, Deutschland, und den USA.[1]
Die Stammväter der Schimmelmanns waren laut Bürgerliste schon vor 1559 in Bützow ansässig.[2] Die Stammreihe des späteren Adelsgeschlechts beginnt in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit dem in Bützow geborenen Niklaus Schimmelmann, der 1632 in Rostock das Bürgerrecht erhielt. Die Schimmelmanns wurden eine wohlhabende Rostocker Kaufmannsfamilie, die aber in der dritten Generation mit Johann (II.) in der männlichen Linie ausstarb. Dessen Bruder Dietrich Jakob Schimmelmann siedelte sich Anfang des 18. Jahrhunderts in Demmin in Vorpommern an.
Von Dietrich Jakob leiten sich eine preußische freiherrliche Linie sowie die dänisch-holsteinische freiherrliche und gräfliche Linie ab. Sein dritter Sohn Heinrich Carl Schimmelmann machte als preußischer Getreidelieferant im Siebenjährigen Krieg beträchtliche Gewinne. Mit dem Verkauf der von den Preußen in Sachsen konfiszierten Lagerbestände an Meißner Porzellan in Hamburg und durch Münzgeschäfte verdiente er ein Vermögen. Er erwarb 1759 das Gut Ahrensburg in Holstein, knüpfte wirtschaftliche Kontakte nach Dänemark und trat 1761 in dänische Dienste. Im Jahr 1762 erwarb er Schloss Lindenborg bei Aalborg in Nordjütland. Im gleichen Jahr wurde er in den dänischen Freiherrnstand erhoben und am 22. Februar 1762 in die Schleswig-Holsteinische Ritterschaft aufgenommen. Vom dänischen Staat, der in den 1760er Jahren in einer Wirtschafts- und Handelskrise steckte, erwarb er 1763 günstig mehrere Zuckerrohrplantagen in Dänisch-Westindien (heute die Amerikanischen Jungferninseln in der Karibik). Damit kam er in den Besitz von etwa 400 bis 500 Sklaven, deren Zahl er in den folgenden zwanzig Jahren auf rund 1000 erhöhen ließ. Bald darauf beteiligte er sich am atlantischen Dreieckshandel und wurde zum größten Sklavenhändler Dänemarks. Der Sklavenhandel erreichte während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges (1775–1783) seinen Höhepunkt.[3]
In Ahrensburg ließ er 1771 ein Familienfideikommiss einrichten. Als königlich dänischer Schatzmeister wurde er 1779 in den Grafenstand erhoben. Die Lehnsgrafschaft Lindenborg wurde am 18. Juni 1781 errichtet und bestand bis zu ihrer Aufhebung 1922.
Nach Heinrich Carls Tod 1782 übernahm sein Sohn Ernst Heinrich (1747–1831) Güter und Geschäfte. Er war von 1784 bis 1814 dänischer Finanz- und Handelsminister. Der Sklavenhandel Dänemarks verringerte sich seit dem Zweiten Vertrag von Paris aufgrund der übermächtigen englischen Konkurrenz bis zur Bedeutungslosigkeit. Schließlich erließ Ernst Heinrich von Schimmelmann 1792 ein Sklavenhandelsverbot.[3]
Nach dem Tod seines Nachfahren Carl Heinrich Lehnsgraf von Schimmelmann 1978 wurde Schloss Lindenborg in den Besitz des Schimmelmannske Fond überführt.
16. April 1762: dänischer Adelsstand als Lehnsbaron af Lindenborg
28. April 1779: dänischer Lehnsgrafenstand mit Recht zur Wappenvermehrung
1780: dänischer Adelsstand für Heinrich Ludwig von Schimmelmann
1885: preußischer Freiherrenstand für einen Teil der Nachkommen von Ernst Karl Heinrich von Schimmelmann; für die Söhne des Adolf von Schimmelmann (1812–1880), und seiner Frau Friedricke von der Lancken-Wakenitz (1817–1892)
1904: preußischer Freiherrenstand für Gustav von Schimmelmann (1816–1873), Generalleutnant und Kommandant von Magdeburg (Bruder o. g. Adolf von Schimmelmann)
Wappen
Das kleinere Wappen zeigt im gespaltenen Schild rechts in Gold einen aufrechten grünen Zweig mit drei rechts gerichteten, übereinander stehenden grünen Lindenblättern, links in Silber zwei blaue Balken (Lindenborg). Der Schild ist von einer Laubkrone (oder neunzackigen Grafenkrone) bekrönt. Als Schildhalter zwei um Haupt und Lenden grün bekränzte wilde Männer. Das Ganze auf einem grünen Rasenstück (oder goldenem Podest).
Das größere, vermehrte Wappen ist geviert und belegt mit einem mit einer alten, fünfblättrigen Reichsgrafenkrone gekrönten gespaltenenHerzschild, darin rechts in Gold ein aus der Teilungslinie hervorragender grüner Zweig mit drei quer übereinander stehenden grünen Lindenblättern (manchmal irrtümlich als Eichenblätter dargestellt), links in Silber zwei blaue Balken (Grafschaft Lindenborg). Feld 1 und 4 geviert mit blauem Herzschild, darin ein gekrönter Löwe (Penik), Feld a und d von Silber und Rot gespalten (Rantzau), Feld b und c in Gold ein blauer Schrägbalken beiderseits begleitet von je sechs (3, 2, 1) silbernen Rauten (Burggrafschaft Leißnig). Feld 2 und 3 gespalten: rechts in Blau ein aus der Teilungslinie hervorgehender Adlerflügel, links in Silber zwei rote Balken (Ahlefeldt). Auf dem Schild die alte fünfblättrige Grafenkrone oder ein Helm mit rechts grün-goldenen, links blau-silbernen Decken sieben natürliche Pfauenfedern. Als Schildhalter zwei um Haupt und Lenden grün bekränzte wilde Männer, mit der rechten bzw. linken sich auf eine Keule stützend.
Stammfolge (Auszug)
Niklaus Schimmelmann (* um 1604 in Bützow; † 1680 in Rostock), Kirchenvorsteher der Rostocker Marienkirche von 1660 bis 1679
Johann (I.) Schimmelmann (* 1650 in Rostock; † 1702 ebenda), Kaufmann, Ratsherr ab 1699.
Johann (II.) Schimmelmann (*/† in Rostock)
Dietrich Jakob Schimmelmann (* 1683 in Rostock; † 1743 in Demmin), Kaufmann, Ratsherr
Jacob Schimmelmann (1712–1778), lutherischer Theologe, Übersetzer der Edda
Karl Dietrich Schimmelmann (* 1742 in Groß Luckow; † ?) Justizrat, dänischer Agent in Hamburg
Adeline von Schimmelmann (1854–1913), Gründerin der ersten Seemannsmission, Tochter des Vorgenannten, Schwester des Nachgenannten
Carl Gustav Ernst von Schimmelmann (* 1848 in Dresden; † 1922 in Lindenborg), königlich preußischer Kammerherr, Mitglied des Preußischen Herrenhauses
Heinrich Carl von Schimmelmann (* 1890; † 1971), auf Lindenborg, Nutznießer d. Successionsfonds d. Schimmelmann`schen Familienfideikommiss
Carl Heinrich von Schimmelmann (* 1938 †; 1978), letzter Lehnsgraf auf Lindenborg
Hans Ove von Schimmelmann (1941)
Elisabeth von Schimmelmann (1943)
Karl Christian Gustav von Schimmelmann (1830–1901), Ehefrau Elise Starke-Promnitz (1836–1920); Mitbes. d. gfl. Blücher-Altonaschen Familienfideikommiss, Bruder des Ernst von Schimmelmann (s. o.)
Gothaisches Genealogischen Taschenbuch der Gräflichen Häuser 1869, Jg. 42, Justus Perthes, Gotha 1868. Fortsetzungen, Jg. 67, 1894, ff. bis Jahrgang 114, 1941, Gotha 1940, S. 429–431. Letztausgaben zugleich Adelsmatrikel der DAG. (Druck und Redaktion jeweils im Vorjahr).
Gothaisches Genealogischen Taschenbuch der Freiherrlichen Häuser 1893, 43. Jg. Justus Perthes, Gotha 1892.; f. Jg. 63 1913, Jg. 73., 1923, f. Jg. 91, 1941, Gotha 1940, S. 419–421. Letztausgaben zugleich Adelsmatrikel der DAG.
Christian Degn: Die Schimmelmanns im atlantischen Dreieckshandel. Gewinn und Gewissen. 1. Auflage, Wachholtz, Neumünster 1974. ISBN 3-529-06148-4.; 3. Auflage, Wachholtz, Neumünster 2000. ISBN 3-529-06148-4.
Franz Müller: Beiträge zur Kulturgeschichte der Stadt Demmin. W. Gesellius, Demmin 1902, S. 13 f.
Versteigerung im Schloß Ahrensburg bei Hamburg im Auftrage des Herrn Grafen C. O. v. Schimmelmann. Ahrensburg, Druck Gebrüder Rülf, Berlin 1927. (Digitalisat)
Angela Behrens: Das Adlige Gut Ahrensburg 1715–1867. Wachholtz, Neumünster 2006. ISBN 978-3-529-07128-7.
Sekundärliteratur
Carl Tobias Jetzke: Trauer- und Trostschriften an Ihro Excellenz den Herrn Heinrich Carl von Schimmelmann Freyherrn von Lindenburg. Leichenpredigt für Carl Maximilian von Schimmelmann. Halle 1772. ('Digitalisat)
↑Schmidtbauer: Bützower Bürgerlisten von der Reformation bis 1919. Auf Grundlage der Ausgabe aus dem Jahre 2000 bearbeitet und umfangreich ergänzt, MFP-Verlag-Tellow, Warnkenhagen/OT Tellow, Bützow 2020. ISBN 978-3-946273-07-3.
↑ abStefan Winkle: Firma Schimmelmann und Sohn: Der dänische Sklavenhandel, in: Hamburger Ärzteblatt, Nr. 12, 2003, S. 530–537.
↑Marianne von Wolffersdorff: Schloss Promnitz. Die Geschichte von Schloss Promnitz und seiner Geschlechter bis 1945. 1. Auflage, Donatus Verlag, Niederjahna/Käbschütztal 2021. 2. Auflage, BoD, Norderstedt 2021. ISBN 978-3-946710-03-5.