San Francesco (Arezzo)San Francesco, die bedeutendste Kirche der Stadt Arezzo, ist ein typisches Beispiel für eine schlichte Bettelordens-Kirche. Wesentlicher als die Architektur ist der Freskenzyklus Legende vom Wahren Kreuz von Piero della Francesca aus dem 15. Jahrhundert, der den Ruhm dieser Kirche begründet. 1955 erhielt sie den Rang einer Basilica minor. BaugeschichteNoch zu Lebzeiten des Franz von Assisi hatten die Franziskaner am „Sonnenhügel“ (Poggio del Sole) südwestlich der Stadt ein erstes Gotteshaus mit Konvent errichtet. Der heutige Bau innerhalb der Stadtmauern, der auf Pläne von Fra Giovanni da Pistoia zurückgeht, wurde 1318 begonnen und 1377 vollendet. Zerstörungen durch Söldnertruppen hatten es notwendig gemacht, den Ursprungsbau abzutragen und an anderer Stelle neu zu errichten. Darum hatte die Stadt Arezzo in einem Beschluss von 1290 die Franziskanerbrüder gebeten. Der Campanile ist eine Zutat der Zeit um 1600. ArchitekturDie Fassade des schlichten gotischen Backstein-Baus ist wegen Geldmangel unvollendet geblieben. Einziges Gliederungselement ist ein Oculus von Guglielmo de Marcillat über dem Portal. Die einschiffige Saalkirche ist nur in den drei Chorkapellen gewölbt und hat im Langhaus einen offenen Dachstuhl. Die dreischiffige Unterkirche wird heute zu Ausstellungszwecken genutzt. Die Fresken von Piero della FrancescaIn der Hauptchorkapelle hat Piero della Francesca von 1453 bis mindestens 1459, möglicherweise bis 1466, einen zehnteiligen Freskenzyklus Die Legende vom Wahren Kreuz geschaffen. Er stellt die Geschichte vom Kreuz Christi nach der Legenda aurea des Jacobus de Voragine dar, die mit dem Tod Adams beginnt und bis zum Triumphzug des Herakleios nach Jerusalem im Jahr 628 erzählt wird. Auftraggeber war die in Arezzo lebende Familie Bacci, die das Patrozinium über diese Kapelle innehielt. Sie hatte sich mit dem Wunsch nach einem Freskengemälde zunächst an Bicci di Lorenzo gewandt, der jedoch 1452 starb. Piero della Francesca, der zunächst „notgedrungen“ eingesprungen war, übertraf indes die Erwartungen der Auftraggeber und gestaltete ein Werk, das zu den Hauptwerken der italienischen Frührenaissance zählt. 1954 sah der Komponist Bohuslav Martinů die Fresken in Arezzo. In Erinnerung daran schrieb er ein Jahr später ein sinfonisches Orchesterwerk hierzu.[1] Es wird seitdem zu den Hauptwerken seines Schaffens gezählt. IkonografieIn der franziskanischen Ikonographie sind Kreuz und Kreuzigung von besonderer Bedeutung, weil dem Ordensgründer in einer Vision der Gekreuzigte erschienen war, die Mönche damals im Heiligen Land die Stätten der Kreuzauffindung betreuten und sich an der Propagierung der Kreuzzüge, zu denen Pius II. aufgerufen hatte, beteiligten. Die ausgewählten Szenen der Kreuzlegende, verteilt auf die rechte Außenwand, die Stirnwand und die linke Außenwand der Kapelle, sind, beginnend in der Lünette rechts oben, nicht in der im Folgenden beschriebenen chronologischen Reihenfolge dargestellt. Stattdessen sind die Bilder, wie auf der nebenstehenden schematischen Abbildung verdeutlicht, im architektonischen Raum thematisch aufeinander bezogen zu lesen: In der unteren Bildreihe erscheinen die Schlachten, in der oberen die höfischen Szenen. In den Lünetten stehen sich biblischer Anfang und historisch belegtes Ende der Kreuzeslegende gegenüber: Rechts Adam und Eva, links das Volk von Jerusalem beim Triumphzug des Herakleios. In der Stirnwand-Lünette wird der zehnteilige Freskenzyklus durch die Darstellung der Propheten Jeremia und Isaias abgerundet.
StilPiero della Francescas Kunst steht in der Tradition der italienischen Frührenaissance, deren Grundlagen u. a. Fra Angelico, Masaccio, Paolo Uccello und insbesondere Domenico Veneziano, in dessen florentiner Werkstatt der junge Piero della Francesca tätig war, gelegt hatten. Seine Bilder sind mit großer Klarheit aufgebaut, verhaltener Beweglichkeit (selbst in den Schlachtszenen) und mit ruhigen, einfachen Formen in festen, geschlossenen Umrissen gestaltet. Pieros Eigenart ist es, in den Gesichtern seiner Gestalten kaum Gefühlsregungen sichtbar zu machen. Das Mienenspiel bleibt fast immer still und konzentriert. Der Blick trifft nie den Betrachter. André Malraux nannte Piero daher den „Erfinder der Gleichgültigkeit“. Die Beherrschung der Zentralperspektive gehörte um 1450–60, eine Generation nach Brunelleschis ersten perspektivisch gemalten Bildtafeln und Masaccios insoweit bahnbrechendem Dreifaltigkeits-Fresko in Florenz, bereits zum gesicherten Bestand des künstlerischen Handwerks. Piero della Francesca bemüht sich, anders als manche Florentiner Künstler der zweiten Generation, nicht mehr um zu stark vertiefende Raumkonstrukte, in denen die Figuren in den Hintergrund treten, sondern kehrt auch bei korrekter Anwendung der perspektivischen Gesetze zu einem flächigeren Bildaufbau zurück. Das Besondere an Piero della Francescas Stil liegt in dieser harmonischen Vereinigung von flächiger Bildbühne, in der Giotto nachklingt, und perspektivischer Raumdarstellung (gut nachvollziehbar beispielsweise in der Szene: „Begegnung der Königin von Saba mit König Salomon“ (1. Könige, 10)). Diese Harmonie erreicht Piero della Francesca insbesondere durch seine Licht- und Farbbehandlung. Das natürliche Licht, das durch das Chorfenster einfällt, unterstützt diesen Effekt. Das Licht breitet sich in gleichmäßiger Wärme ohne scharfe Kontraste und Schattendarstellungen über den gesamten Freskenzyklus aus. Im „Der Traum Konstantins“ gelingt Piero della Francesca eine der eher seltenen Nachtdarstellungen in der Renaissance, die Giorgio Vasari bereits bewunderte. Während der Nutzung der Kirche als Soldatenlager 1799 waren die Fresken an mehreren Stellen schwer beschädigt worden. Außerdem gab es statische Probleme und solche, die aus Erdbeben resultierten. Die 1992 begonnene aufwändige Restaurierung war 1997 abgeschlossen. Übrige Ausstattung
OrgelDie Orgel wurde 1969 von der Orgelbaufirma Costamagna erbaut. Das Instrument hat 15 Register auf zwei Manualwerken und Pedal. Die Spiel- und Registertrakturen sind elektrisch.
WeblinksCommons: San Francesco (Arezzo) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Frescos by Piero della Francesca in San Francesco (Arezzo) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Literatur
Einzelnachweise
Koordinaten: 43° 27′ 52,2″ N, 11° 52′ 50,9″ O |
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