Murakami wuchs als Sohn eines Lehrerehepaares in seinem Geburtsort Sasebo nahe einer Basis der United States Navy auf. Während seiner Schulzeit in den 1960er Jahren faszinierte ihn die Hippiekultur und er engagierte sich in dieser Zeit für die auch in Japan stattfindende Studentenbewegung gegen den Vietnamkrieg. Als Jugendlicher war er am Film- und Musikmachen interessiert, er spielte zum Beispiel Schlagzeug in einer Band.
Er studierte an der Kunsthochschule Musashino nahe Tokio, begann in dieser Zeit mit dem Verfassen fiktiver Geschichten und brach sein Studium ab, um sich auf das Schreiben zu konzentrieren.
Murakami ist verheiratet und hat einen Sohn (geboren 1980).[1][2]
Ryū Murakami ist nicht mit dem drei Jahre älteren japanischen Schriftsteller Haruki Murakami verwandt.[3]
Literarisches Werk
Murakami Ryū ist im internationalen Raum einer der bekanntesten Vertreter der Japanischen Literatur. Oft wird in diesem Zusammenhang für ihn die Bezeichnung „der andere Murakami“ bemüht, in humoristischer Anspielung auf den weltweit sehr populären japanischen Schriftsteller Haruki Murakami.[4]
Die Verleihung des Akutagawa-Preises für sein Werk Kagirinaku tōmei ni chikai burū (限りなく透明に近いブルー; Blaue Linien auf transparenter Haut. Tokio unterm Strich) im Jahr 1976 verortete Murakami in der literarischen Kategorie der „Reinen Literatur“ (jun bungaku), die einen Unterschied zwischen „Hochliteratur“ von Unterhaltungsliteratur kennzeichnen soll. Dass Murakami als das enfant terrible in der japanischen Literaturszene gilt, wird teils als Kontrast zu der renommierten literarischen Klassifizierung gesehen.[5] Er ist einer der prominentesten Vertreter der Japanischen Prekariatsliteratur.[5]
Seine frühen Werke können als teils autobiographisch bezeichnet werden. Sein Debütroman Blaue Linien auf transparenter Haut schildert gelangweilte Jugendliche, die in einem japanischen Ort nahe einer Militärbasis einem ‚sex, drugs and rock’n’roll‘-Lifestyle frönen. Das Werk zeigt nicht nur durch diese Verortung, sondern auch durch die Hauptfigur namens „Ryu“ Parallelen zum Leben des Autors auf, wenn auch künstlerisch überzeichnet. Im Roman 69 greift er das Thema der Studentenbewegungen in Japan auf und beschreibt eine „Revolution“ durch einen jugendlichen Protagonisten in der japanischen Provinz.[6]
Mit Projekten in Digitalen Medien scheint Murakami einen weiteren Schaffensspielraum für sich erschlossen zu haben. Im Jahr 2010 erregte er Aufsehen, als er verkündete, in Kooperation mit Apple seinen Roman A Singing Whale als multimedialen Download für das iPad herauszubringen, statt in Buchform beim japanischen Traditionsverlag Kōdansha.[7] Der digitale Roman enthält Videoelemente sowie Musikstücke, komponiert vom japanischen Musiker Ryūichi Sakamoto. Ein weiteres Beispiel ist der Videokanal MurakamiRyuRVR, den er auf der Online-Plattform YouTube einrichtete. Der Kanal war bis September 2012 aktiv, das letzte Video trägt die Nummer 276. Auf dieser Plattform veröffentlichte Murakami Videos, in denen er mit verschiedenen Gesprächspartnern das aktuelle Tagesgeschehen bespricht.[8]
Seine Texte erfuhren Adaptionen durch Regisseure wie Anno Hideaki und Takashi Miike und er kooperierte mit bekannten japanischen Künstlern, z. B. mit dem Musiker Ryūichi Sakamoto.
Romane
1976: Kagirinaku tōmei ni chikai burū (限りなく透明に近いブルー)
Lisette Gebhardt (2010): Nach Einbruch der Dunkelheit. Zeitgenössische japanische Literatur im Zeichen des Prekären. Berlin: EB-Verlag (= Reihe zur japanischen Literatur und Kultur Bd. 1). ISBN 978-3-86893-031-3
Jürgen Berndt und Fukuzawa Hiroomi (Hrsg.): Murakami Ryû. In: Momentaufnahmen moderner japanischer Literatur. Silver & Goldstein, Berlin, 1990. ISBN 3-927463-10-8. S. 146 bis 139.
S. Noma (Hrsg.): Murakami Ryū. In: Japan. An Illustrated Encyclopedia. Kodansha, 1993, ISBN 4-06-205938-X, S. 1014.
↑ abLisette Gebhardt (2010): Nach Einbruch der Dunkelheit. Zeitgenössische japanische Literatur im Zeichen des Prekären. Berlin: EB-Verlag.
↑"Der Meister der Japankritik", in: Lisette Gebhardt (Hrsg.) (2013): Yomitai. Neue Literatur aus Japan. Reihe zur japanischen Literatur und Kultur. Berlin: EB-Verlag, S. 345–350.