Royal TrainThe Royal Train (Der königliche Zug) ist der Hofzug, der dem britischen Monarchen, seiner Familie und dem königlichen Hof zur Verfügung steht. Gewöhnlich wird damit der Zug bezeichnet, der in England und Schottland eingesetzt wird. Bei Besuchen in Übersee wurden dort ebenfalls „Royal Trains“ gebildet und eingesetzt. GeschichteFrühe Nutzung der BahnKönigin Victoria reiste als erste der britischen Monarchen mit einem Zug: Am 13. Juni 1842 fuhr sie in einem Sonderzug der Great Western Railway (GWR), die die Linie zwischen Maidenhead und London betrieb, von Slough, dem zu Schloss Windsor damals nächstgelegenen Bahnhof, zum Londoner Bahnhof Bishop’s Road, dem Vorgänger des heutigen Bahnhofs London Paddington. Zuvor hatten bereits andere Mitglieder der königlichen Familie die Eisenbahn benutzt, so ihr damaliger Verlobter, Prinz Albert, seit 1839[1] und die Königin Adelaide (1792–1849), die Witwe von König Wilhelm IV. (1765–1837). Ihr Salonwagen ist der älteste weltweit überhaupt erhaltene und im National Railway Museum in York ausgestellt. Königin Victoria war nicht die erste Monarchin, die die Eisenbahn in Großbritannien nutzte: Einige Monate vor ihr fuhr bereits König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, auf Staatsbesuch in Großbritannien, in England mit der Eisenbahn.[1] SicherheitIn den 1840er Jahren wurde die Sicherheit auf der Strecke noch über „Fahren im Zeitabstand“ sichergestellt. Das bedeutete, dass nach Abfahrt eines Zuges auf die Strecke diesem nach einer festgelegten Zeit der nächste folgen durfte. Blieb ein Zug liegen, so musste dem folgenden Zug jemand entgegengeschickt werden, um ihm zu signalisieren, dass die Strecke noch besetzt war. Um die Sicherheit eines Zuges, in dem die Königin reiste, auf jeden Fall sicherzustellen, fuhr ein solcher Zug nach hohen Sicherheitsstandards und nur mit begrenzter Geschwindigkeit. Die Königin hatte zeit ihres Lebens große Angst vor hohen Geschwindigkeiten. So durfte ihr Zug tagsüber nicht schneller als 40 mph (65 km/h), nachts nicht schneller als 30 mph (50 km/h) fahren.[2] Die Fahrstraße wurde im Voraus blockiert, die Weichen verschlossen. Anschließend fuhr, 10 bis 15 Minuten vor dem Zug der Königin, eine Pilot-Lokomotive[3] oder in späteren Zeiten ein Vorzug. Sobald Pilot-Lokomotive oder Vorzug den Fahrweg befahren hatten, durfte – bis der Hofzug ebenfalls vorbeigefahren war – keine Veränderung am Fahrweg mehr vorgenommen werden.[2] In späteren Zeiten konnte diese Pilot-Funktion dann auch durch den letzten, dem Hofzug vorausfahrenden fahrplanmäßigen Zug übernommen werden. Aufgegeben wurde das Verfahren erst in den Anfangsjahren von British Rail[3], also um 1950. Weiter standen Polizisten im Sichtabstand entlang der Bahnstrecke. Ein Hofzug wird zudem mit vier weißen Scheiben (drei nebeneinander über den Puffern, eine über der Rauchkammertür oder an entsprechender Stelle, wenn eine andere als eine Dampflokomotive vorgespannt ist) gekennzeichnet.[4] Nachts geschieht dies durch entsprechende weiße Lampen. Ein solcher Zug hat grundsätzlich Vorfahrt und wird in seinem Fahrtverlauf besonders überwacht. ProtokollDie Fahrten der britischen Monarchen mit der Bahn waren von einem erheblichen protokollarischen Aufwand umgeben, der aber im Laufe des 20. Jahrhunderts stark reduziert wurde. Geblieben ist der obligatorische Rote Teppich auf den Bahnsteigen des Abfahrts- und Ankunftsbahnhofs. So war es auch beim Staatsbesuch von König Charles III. und Queen Consort Camilla in Deutschland im Frühjahr 2023. Hier reiste das royale Paar mit einem planmäßigen ICE von Berlin Hauptbahnhof nach Hamburg-Dammtor.[5] In den Zeiten von Königin Victoria konnte es sogar vorkommen, dass die oberste Lage der Kohlen auf dem Schlepptender der Lokomotive, welche den Hofzug zog, weiß gestrichen wurde.[6] FahrzeugeLokomotivenObgleich die Bahngesellschaften häufig spezielle Lokomotiven für den Hofzug reserviert hatten, die auch mit besonders hohem Aufwand gewartet oder in speziellen Farben gestaltet wurden, gab es keine Lokomotive, die ausschließlich für den Hofzug vorgehalten wurden. Dies geschah erstmals 1990, als zwei Lokomotiven der Baureihe 47 hierfür in Dienst gestellt wurden[7]. Während der neunziger Jahre waren diese ausschließlich vor dem Hofzug eingesetzt. Heute gehören sie zum Bestand des National Railway Museum in York. 2004 wurden sie durch zwei Lokomotiven der Baureihe 67, im Eigentum der DB Cargo UK, ersetzt (Nr. 67005, Queen’s Messenger, und Nr. 67006, Royal Sovereign). Die neuen Lokomotiven werden auch im Güterverkehr eingesetzt. Gelegentlich wird der königliche Zug auch von anderen Maschinen gezogen, so im März 2005, als Prinz Charles über die Settle–Carlisle Line fuhr und sein Zug von der Dampflokomotive Duchess of Sutherland gezogen wurde. WagenRecht bald, nachdem Königin Victoria sich an das Eisenbahnfahren gewöhnt hatte, beschafften alle größeren Eisenbahngesellschaften der Insel eigene Wagen für den Gebrauch der Königin, ihrer Familie oder anderer Würdenträger. Während der Regierungszeit von Königin Victoria (1837–1901) wurden von den Bahngesellschaften nicht weniger als 22 Salonwagen gebaut, die ausschließlich für ihre persönliche Nutzung reserviert waren.[8] Die Wagen und Züge, die die britischen Königinnen und Könige auf der Insel nutzten und nutzen, haben nie ihnen selbst, sondern immer den jeweiligen Bahngesellschaften gehört. Für die Nutzung eines solchen Zuges ist seitens des Hofes für jeden Mitreisenden jeweils der Fahrpreis für die 1. Klasse zu entrichten sowie eine Pauschale für das Fahren eines Sonderzuges. 1897, zum diamantenen Thronjubiläum der Königin nahm die Great Western Railway einen kompletten neuen Hofzug in Betrieb.[9] Ein kurioser Fall war der Salonwagen der Swansea and Mumbles Railway. Dort waren versuchsweise Akkumulatortriebwagen eingeführt worden, die sich jedoch nicht bewährten. Einer der Wagen wurde, nachdem die elektrische Ausrüstung entfernt worden war, zu einem Salonwagen umgebaut und am 20. Juli 1904 von König Edward VII. und Königin Alexandra genutzt. Sie waren zum ersten Spatenstich für das King’s Dock mit der königlichen Yacht Victoria and Albert nach Swansea angereist. Für ihre Fahrt von der Anlegestelle der Yacht zur Baustelle nutzten sie den Salonwagen, den eine Rangierlokomotive zog.[10] Zu Beginn der Regierungszeit von König Georg V. (1910) gab es in Großbritannien fünf Hofzüge, die von folgenden Eisenbahngesellschaften betrieben wurden[11]:
Als in Folge des Ersten Weltkriegs wurden mit dem Railways Act 1921 die Privatbahnen der Insel zum 1. Januar 1923 zu vier großen Gesellschaften verschmolzen. Damit reduzierte sich auch die Zahl der vorgehaltenen Hofzüge entsprechend.[12] 1935 war die Zahl auf zwei Hofzüge zurückgegangen: Ein Zug der London, Midland and Scottish Railway für Fahrten, die auch Übernachtungen einschlossen, und ein Zug, der von der London and North Western Railway vorgehalten und für Tagesfahrten eingesetzt wurde.[9] Historische FahrzeugeDie folgende Aufstellung listet Salonwagen, die in Royal Trains eingesetzt wurden, chronologisch bis 1977. Wird ein Baujahr gesondert angegeben, handelt es sich um einen Umbau.[13]
Heutiger HofzugAuch nachdem 1948 British Rail gegründet worden war, hatten die einzelnen Regionen weiterhin ihre eigenen Fahrzeuge für den Hofzug, die allerdings zunehmend „gebietsfremd“ eingesetzt wurden. Ein einheitlicher „Royal Train“ wurde erst 1977 anlässlich des silbernen Thronjubiläums von Königin Elisabeth II. geschaffen, obgleich die königliche Familie in den letzten Jahren häufiger mit Planzügen reist, um Kosten zu sparen. 1977 wurde der Hofzug in beträchtlichem Umfang erneuert, um ihn für das Silberjubiläum der Regierung von Königin Elisabeth II. fit zu machen. Eine Anzahl neuer Wagen wurde dem generalüberholten Zug hinzugefügt und zahlreiche ältere Wagen außer Dienst gestellt. Seit dieser Zeit sind die Wagen in königlichem Purpurrot lackiert und in einer Reihe durchgehend nummeriert, die mit 2900 beginnt.[14] Weitere Änderungen fanden während der Mitte der 1980er Jahre statt, als neuere Wagen dem Zug zugefügt wurden, die in ihrer Grundform der Wagenbauart Mark 3 entsprachen. Diese neue Garnitur ist für eine Höchstgeschwindigkeit von 125 mph zugelassen, was wichtig ist, wenn für den Zug eine Fahrplantrasse auf einer viel befahrenen Hauptstrecke gefunden werden muss. Die folgende Aufstellung listet die königlichen Salonwagen, die nach 1977 im Hofzug eingestellt waren, in numerischer Ordnung:
Der Zug besteht heute aus zwei Lokomotiven und neun Wagen, die aber nicht immer alle auf einmal verwendet werden, um einen Zug zu bilden. Die Wagen werden auch für andere Staatsoberhäupter benutzt. Von privaten Nutzern können sie nicht gemietet werden. Kontinent und ÜberseeAuf „dem Kontinent“ besaß Königin Victoria zwei dreiachsige Salonwagen, die in einer Remise in Calais abgestellt waren. Es waren die einzigen Wagen, die ihr auch persönlich gehörten. Sie nutzte sie vor allem für ihre Ferienreisen nach Nizza am Ende des 19. Jahrhunderts. Die Königin weigerte sich allerdings, den Übergang zwischen zwei Eisenbahnwagen zu nutzen, wenn der Zug fuhr.[3] In den späten 1890er Jahren wurden deshalb beide Fahrzeuge auf einen gemeinsamen Rahmen montiert, der auf Drehgestelle gesetzt wurde. In dieser Form nutzte die Königin das Fahrzeug nur noch ein einziges Mal, bei ihrem letzten Aufenthalt in Nizza 1899.[15] Ebenso besaß der damalige Prince of Wales, der spätere König Eduard VII., seit den frühen 1880er Jahren einen sechsachsigen Salonwagen für Fahrten auf „dem Kontinent“. Dieser Wagen war ebenfalls in der Remise in Calais abgestellt, wenn er nicht im Einsatz war.[16] Bei Staatsbesuchen der Königin oder des Königs des Vereinigten Königreichs im Ausland, insbesondere in den britischen Überseegebieten, wurden ebenfalls „Royal Trains“ gebildet und eingesetzt, so etwa zum Delhi Durbar König Georgs V. als Kaiser von Indien 1911, beim Staatsbesuch von König Georg VI. in Kanada 1939, auf der Südafrika-Reise König Georgs VI. und seiner Familie 1947, bei den Staatsbesuchen von Königin Elisabeth II. in Ostafrika 1959, in der Bundesrepublik Deutschland 1965 und in Indien 1983.[17] QuellenLiteratur
Filme
WeblinksCommons: British Royal Train – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
NachweiseBei dem Artikel handelt es sich um eine Übertragung des entsprechenden Artikels aus der englischsprachigen Wikipedia.
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