Rosalia (auch Rosa) Rothansl war eine Schwester des akademischen Malers, Bildhauers und Kunsterziehers Edmund Rothansl (1876–1937).
Sie war Lehrerin für Kunststickerei und Handweberei an der Wiener Kunstgewerbeschule. Rothansl erhielt 1920 als erste Frau an dieser Anstalt nach fast 20-jähriger Tätigkeit den Professorentitel verliehen, bevor sie 1925 in den Ruhestand ging.
Marienornat
Anton Hofer, Rosalie Rothansl, Maria Bernhuber, Marie Händler, Grete Berger, Irene Blahy, Helene Klimt, Paula Lustig, ca. 1911
Sie war eine Textil-, Teppich- und Gobelinspezialistin.[3] Rosa Rothansl stellte auf der Kunstschau Wien 1908 Stickereien, Bandflechtarbeiten und Webereien, eine blaue Batisttoilette mit Batikdekor, ein Abendkleid mit Goldstickerei aus schwarzer Seide sowie ein Ballkleid aus weißer Seide mit geflochtenem Jäckchen aus.[4] Sie schuf mit ihren Schülerinnen um 1911 das Marien-Ornat für das Stift Klosterneuburg, eine herausragende kunsthandwerkliche Arbeit des Jugendstils (Entwurf: Anton Hofer; Leitung der Ausführung: Rosa Rothansl; Ausführung der figuralen Teile: Maria Bernhuber und Marie Händler; Ornamentausführung: Grete Berger, Irene Blahy, Helene Klimt, Paula Lustig).[5] Es wird seither in der Schatzkammer des Stifts verwahrt.
Adele von Stark (Email) und Rosalia Rothansl (Textil) waren Pionierinnen der Objektrestaurierung. Das „Atelier für Kunstweberei und Restaurierung“ unter der Leitung von Leopoldine Guttmann und den Mitarbeiterinnen Rosalie Rothansl sowie der Laborantin Luise Zellner (1875–o. A.) bestand von 1902 bis 1910 und bearbeitete repräsentative, lukrative, höfische Aufträge. Es war damit die erste offizielle Restaurierungsklasse der Kunstgewerbeschule. Rothansl und wohl auch Guttmann und Zellner hatten bereits vorher über vier Jahre lang das sogenannte Paradebett, eine Raumausstattung Maria Theresias in der Hofburg (heute in Schloss Schönbrunn untergebracht) restauriert. Die damalige Methodik und Ethik wirkt heute erstaunlich zeitgemäß. 1914/15 überwachte und leitete Rothansl die Restaurierarbeiten an einem wertvollen Ornat des Chorherrenstifts Klosterneuburg.[6]
Die Kostüm- und Modesammlung der Universität für angewandte Kunst Wien war ursprünglich eine Kostümsammlung, die für die Malereiausbildung der k.k. Kunstgewerbeschule genutzt worden war. Sie wurde erstmals nennenswert erweitert, als Rosalia Rothansl die Verantwortung über den Bestand übernahm. Sie erwarb rund 330 textile Arbeiten ihrer Schüler und Schülerinnen und legte damit den Grundstein für eine Sammlung an den Schnittstellen von Kunst, Mode und Textilarbeiten.[7]
Rothansl war in den Kriegsjahren mit der Betreuung von Kriegsopfern beschäftigt. Sie unterrichtete rekonvaleszente Soldaten im Sticken und Schnurdrehen.[6]
Rosalia Rothansl starb 1945 und wurde auf dem Kierlinger Pfarrfriedhof im Familiengrab neben ihrem Bruder bestattet.[8]
Arbeiten (Auswahl)
Abendkleid mit Goldstickerei aus schwarzer Seide[9]
2018: Benennung des Geschwister Rothansl Parks in Kierling nach Rosalia und Edmund Rothansl[37]
Literatur
Gottfried Fliedl: Kunst und Lehre am Beginn der Moderne. Die Wiener Kunstgewerbeschule 1867–1918. Salzburg, Wien, Residenz-Verlag 1986, ISBN 3-7017-0454-6.[14]
Ursula Müksch: Prof. R. Rothansl: Kunst, Anspruch und Gegenstand. In: Friedrich Chlebecek (Hrsg.): Kierlinger Geschichte(n) 1108–2008. [= Band 1]. Verein Museum Kierling, Kierling 2008.[14]
Rothansl, Rosalia in: Allgemeines Künstlerlexikon, Internationale Künstlerdatenbank, Online: Andreas Beyer, Bénédicte Savoy and Wolf Tegethoff (Hrsg.): Allgemeines Künstlerlexikon Online / Artists of the World Online, K. G. Saur, Berlin, New York, 2009
Weblinks
Foto Rosalia Rothansl (Foto Nr. 6), Cornelia Grobner: Die vergessenen Künstlerinnen. Oder: Erinnern für Fortgeschrittene, meinbezirk.at, 20. September 2017
Objekte der Fachklasse Rosalia Rothansl auf der Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes" in Paris 1925, MAK, Sammlung online, sammlung.mak.at
Einzelnachweise
↑Taufbuch St. Josef zu Margareten, tom. XLVIII, fol. 37 (Faksimile); die Sekundärliteratur nennt auch Kierling als Geburtsort.
↑archive.org, Lajos Hevesi: Acht Jahre Sezession (März 1897–Juni 1905), Kritik, Polemik, Chronik, C. Konegen, Wien, 1906, S. 364, 374, 375, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
↑ abarchive.org Provisorischer Katalog der Kunstschau Wien 1908, S. 58–60, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
↑ abcdigi.ub.uni-heidelberg.de, A. R.–r.: Moderne Wiener Textil-Arbeiten, Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten, 29.1911–1912, S. 183–189, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
↑ abElisabeth Krack: Konservierungswissenschaft schreibt Geschichte, Böhlau Verlag Ges.m.b.H & Co. KG, Wien, Köln, Weimar, 2012, S. 101–104, ISBN 978-3-205-78859-1Digitalisat
↑dieangewandte.at, Universität für angewandte Kunst Wien, online: dieAngewandte 2022, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
↑meinbezirk.at Angelika Grabler: Restauration des Rothansl-Grabdenkmals, 27. September 2020, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
↑ abarchive.org, Erich Haenel: Architektur und Kunstgewerbe auf der Dresdener Kunstausstellung 1908, in: Dekorative Kunst: illustrierte Zeitschrift für angewandte Kunst, XI, 12. September 1908, S. 546, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
↑archive.org, Kissen: Entwurf Rosa Rothansl, Ausführung Josefine Einspieler, handgewebte Täschchen: Entwurf Ugo Zovetti, Ausführung Rosa Rothansl und Ugo Zovetti in: Jung Wien : Ergebnisse aus der Wiener Kunstgewerbe-Schule, Alexander Koch, Darmstadt, 1907, S. 43, 47, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
↑ abmeinbezirk.at Foto des Marien-Ornats (Foto Nr. 7 und 8) Haube (Nr. 9), Foto der Künstlerin (Nr. 6), Cornelia Grobner: Die vergessenen Künstlerinnen. Oder: Erinnern für Fortgeschrittene, 20. September 2017, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
↑archive.org, A. S. Levetus: The Exhibition of the Vienna Secession, in: The Studio, An Illustrated Magazine of Fine and Applied Art, Vol. 25, 1902, S. 272, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
↑archive.orgPolster. Handweberei. Gürtel. In: Katalog der XXVI. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession Wien, S. 41, 42, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
↑ abcRothansl, Rosalia in: Allgemeines Künstlerlexikon, Internationale Künstlerdatenbank, Online: Andreas Beyer, Bénédicte Savoy and Wolf Tegethoff (Hrsg.): Allgemeines Künstlerlexikon Online / Artists of the World Online, K. G. Saur, Berlin, New York, 2009, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
↑archive.org, 2 Kissen, 5 geflochtene Gürtel, Katalog der Internationalen Kunstschau Wien 1909, S. 72, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
↑archive.org, Studio–Talk, International studio, Band 52, Nr. 208, Juni 2014, S. 292, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
↑archive.org, Max Eisler: Österreichisches Kriegs–Kunstgewerbe, in: Die Kunst. Monatsheft für freie und angewandte Kunst. Band 18, 8. Mai 2015, S. 260, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
↑digi.ub.uni-heidelberg.deEröffnete Ausstellungen, Die Werkstatt der Kunst.Organ für die Interessen der bildenden Künstler 14, 1914/1915, S. 325, 326, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
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↑ abcCaroline Wohlgemuth: Mid-Century Modern – Visionäres Möbeldesign aus Wien, Birkhäuser, 2021, ISBN 978-3-0356-2420-5
↑Ute Georgeacopol-Winischhofer: Paula Graischer, in: Allgemeines Künstlerlexikon, Internationale Künstlerdatenbank, Online: Andreas Beyer, Bénédicte Savoy and Wolf Tegethoff (Hrsg.): Allgemeines Künstlerlexikon Online / Artists of the World Online, K. G. Saur, Berlin, New York, 2009, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.
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↑noen.at Claudia Wagner: Heimat bist du großer Geschwister, 22. September 2018, zuletzt abgerufen am 21. Januar 2022.