Der Rohstoffhandel ist wesentlicher Bestandteil der Rohstoffwirtschaft, ist aber nicht mit der Gewinnung und Verarbeitung der Rohstoffe selbst befasst. Das erfolgt auf vorgelagerten Verarbeitungsstufen. Innerhalb eines Staates findet der Rohstoffhandel über den Handel (Handelsstufen wie Großhandel und Einzelhandel) statt, der als Absatzmittler zwischen Anbieter und Nachfrager auf dem Rohstoffmarkt fungiert. Im Rahmen des Außenhandels erfolgt der Rohstoffhandel über Export und Import. Die Bedeutung der Rohstoffe hat im Welthandel durch das Vordringen von Erzeugnissen höherwertiger Verarbeitungsstufen stetig abgenommen, denn in den 1970er Jahren lag der Marktanteil am Welthandel bei 46 % und 1994 noch bei lediglich 27 %.[1] Dennoch ist für viele rohstoffreiche Entwicklungs- und Schwellenländer der Rohstoffhandel durch Export eine bedeutende Einnahmequelle, bei manchen Staaten sogar in Form der Monostruktur die Haupteinnahmequelle.
Nachdem der Portugiese Fernão Peres de Andrade im August 1517 die Küste von Kanton auf der vorgelagerten Insel Nei Lingding Dao erreichte,[5] dominierten Agrarrohstoffe den Handel.[6] Tee und Gewürze kamen hierdurch nach Europa. Die Tulpenmanie in den Niederlanden war wohl die erste Spekulationsblase, die im Februar 1637 ihren Höhepunkt erreichte. Im Tauschhandel für Seide und Tee lieferten um 1750 die Europäer Metalle wie Blei, Eisen und Zinn nach China. Im Juli 1753 kehrte das erste Handelsschiff der deutschen Emder Ostasiatische Handelskompanie, die „König von Preußen“, aus Kanton nach Emden mit Rohstoffen zurück. Der Erlös der Waren der ersten Reise, wie Tee, Rohseide und Porzellan, warf kaum Gewinn ab, deckte aber die Kosten der Reise.
Zur Marktregulierung des Weltrohstoffhandels wurden internationale Rohstoffabkommen geschlossen, so beispielsweise für Zinn (1956), Weizen (1962), Olivenöl (1963), Kaffee (1968), Zucker (1969), Kakao (1973)[7] und das Internationale Tropenholz-Übereinkommen (1983).
Dem Angebot an Rohstoffen steht die Nachfrage nach Rohstoffen gegenüber, der Rohstoffpreis ist , als Konstanten sind berücksichtigt, additive Störterme sind . Demnach herrscht auf dem Rohstoffmarkt Marktgleichgewicht, wenn
Diese Handelsobjekte sind nach ihrem primären Verwendungszweck eingeteilt.
Handelsplätze
Im 19. Jahrhundert begannen die USA damit, standardisierte Agrarprodukte (Commodities) über Warenbörsen zu handeln. Dort startete im April 1848 der Chicago Board of Trade mit einem Kassamarkt für Getreide. Im Jahre 1858 standardisierte man Terminkontrakte – die damals noch anders hießen (englisch„to-arrive contracts“) – insbesondere um die Produktqualität von Getreide sicherzustellen.[11] Die 1848 gegründete Chicago Board of Trade (CBOT) ist die weltälteste Terminbörse und Teil der CME Group. Mehr als fünfzig verschiedene Warentermingeschäfte werden durch über 3.600 CBOT-Mitglieder sowohl durch Parketthandel als auch elektronisch abgewickelt. Eine weitere Börse ist die Chicago Mercantile Exchange (CME). An der CME werden vor allem Futures und Optionen auf unterschiedliche Waren gehandelt. Im Oktober 1865 gab es formale Handelsregeln insbesondere zu den Lieferpflichten der Verkäufer. Im September 1870 begann die New York Cotton Exchange, im Mai 1872 folgte die Butter and Cheese Exchange of New York, Vorgängerin der heutigen weltgrößten Warenterminbörse New York Mercantile Exchange (NYMEX); die Coffee, Sugar and Cocoa Exchange entstand im März 1882. Als erste Metallbörse eröffnete im Januar 1877 die noch heute existierende London Metal Exchange. Sie ist für Industriemetalle, wie Aluminium, Blei, Kupfer, Nickel, Zink und Zinn zuständig. Außer bei Kupfer und Aluminium, die auch an der NYMEX in New York gehandelt werden, verfügt die LME bei allen anderen Metallen nahezu über eine Monopolstellung. Die ICE Futures (früher „International Petroleum Exchange“, IPE) ist Handelsplattform für die in Europa führende Ölsorte Brent. Sie ist die größte Terminbörse für Optionen und Futures auf Erdöl, Erdgas und Elektrizität in Europa.
Der London Bullion Market ist der wichtigste außerbörsliche Handelsplatz (englischOver-The-Counter, OTC) für Gold und Silber sowie einer der global bedeutenden Rohstoffhandelsplätze in London. Hier wird seit 1919 der Weltmarktpreis für Gold und seit 1897 der Weltmarktpreis für Silber festgestellt. Den Handel koordiniert die London Bullion Market Association (LBMA). Die Preisbildung für die Edelmetalle Platin und Palladium findet am London Platinum and Palladium Market (LPPM) statt. Der LPPM stellt wie der London Bullion Market die Ausnahme unter den Rohstoffmärkten dar: er ist keine Börse, sondern ein OTC-Markt.
Die Preisentwicklung von 19 für den Welthandel relevanten Rohstoffen misst der Thomson Reuters/Jefferies CRB Index. Er wurde erstmals 1958 vom Commodity Research Bureau (CRB) in den USA berechnet. Der Index gilt als übergeordneter Indikator für den gesamten Rohstoffsektor. Der heutige Rohstoffindex, der den Namen CRB-Index trägt, ist nicht mit dem historischen CRB-Index vergleichbar. Er wurde 2005 grundlegend überarbeitet, als seine traditionelle Berechnungsmethode nicht mehr aktuell war. Der ursprüngliche CRB-Index läuft seitdem unter dem Namen Continuous Commodity Index („Old CRB Index“) weiter.
Im Gegensatz zu Rohstoffindizes spiegeln Rohstoffaktienindizes nicht die Wertentwicklung der Rohstoffe, sondern die der Aktiengesellschaften wider. Beispiele sind der NYSE Arca Gold BUGS Index (HUI), ein Aktienindex von internationalen Goldproduzenten und hauptsächlich Gold fördernden Bergbauunternehmen, und der Philadelphia Gold and Silver Index (XAU), in dem internationale Gold- und Silberproduzenten gelistet sind.
Rohstoffe als Anlageklasse
Rohstoffe stellen als Commodities eine eigene Anlageklasse dar und gelten dabei als alternative Investments. Aufgrund der hohen Volatilität ist diese Anlageklasse häufig auch Gegenstand spekulativer Investments, so dass sie nur für risikofreudigeAnleger geeignet ist. Die Kontrahenten sind meist nicht an der physischen Lieferung der Rohstoffe interessiert, sondern an Kursgewinnen. Die Anlage erfolgt deshalb nicht in Bestände, sondern in Termingeschäften auf oder Leerverkäufen von Rohstoffen oder börsengehandelte Exchange-traded Commodities (ETCs). Mit Abstand populärstes Anlageobjekt sind Edelmetalle in Form von Gold (Goldbarren oder Goldmünzen). Gold wird häufig als Sicherung gegen Inflation und Krisensituationen angesehen, wenngleich ein Kapitalertrag nicht erzielt werden kann.
Wirtschaftliche Aspekte
Der Bergbau ist der einzige Wirtschaftssektor innerhalb der Urproduktion, der nichterneuerbare Rohstoffe produziert. Abbau und Gewinnung führen deshalb zu einer Verringerung der Reichweite dieser Rohstoffe, die eine natürliche Knappheit und damit theoretisch tendenzielle Steigerungen der Rohstoffpreise zur Folge hat.[12] So haben beispielsweise die Rohstoffvorkommen von Gold beim bisherigen Jahresverbrauch noch 16,1 Jahre Reichweite. Neben dem Nichtverbrauch und möglichen Substitutionen kann diese Reichweite nur durch Recycling hinausgeschoben werden.
Bodenressourcen werden im Allgemeinen nicht direkt konsumiert, sondern gelten vor allem als Produktionsfaktoren (Rohstoffe), die zusammen mit den übrigen Faktoren Arbeit und Kapital zur Produktion von Konsum- und Investitionsgütern eingesetzt werden.[13] Die Preisbildung auf den Rohstoffmärkten verläuft anders als bei nachwachsenden (reproduzierbaren) Rohstoffen. Ein heute verbrauchter, nichterneuerbarer Rohstoff steht – abgesehen von Recycling und Substituierbarkeit – für einen künftigen Verbrauch nicht mehr zur Verfügung, so dass der Verbraucher Opportunitätskosten im Marktpreis berücksichtigen muss. Deshalb muss die für reproduzierbare Güter geltende Effizienzbedingung, wonach der Marktpreis den Grenzkosten entspricht
Deshalb wird von nicht reproduzierbaren Rohstoffen weniger und zu einem höheren Preis angeboten als bei reproduzierbaren. Das Preisniveau steigt bei nicht reproduzierbaren Rohstoffen auch dadurch, dass sich die Abbaukosten tendenziell erhöhen (Goldminen müssen immer tiefer gegraben werden). Lewis Cecil Gray wies in diesem Zusammenhang 1914 nach, dass der Marktpreis eines nicht reproduzierbaren Rohstoffes neben den Grenzkosten seines Abbaus auch die Opportunitätskosten beinhalten müsse.[15] Die Opportunitätskosten entstehen der Bergbaugesellschaft dadurch, dass ihr beim Abbau ein Nutzen entsteht (durch Gewinne), der verkaufte Rohstoff aber künftig nicht mehr verkauft werden kann und deshalb auch keinen Nutzen mehr stiftet.
Bei vielen Rohstoffen spielt die Versorgungssicherheit bzw. Energiesicherheit eine große Rolle, so dass der Selbstversorgungsgrad in einem Staat sensibel gemessen wird. Je mehr sich der Selbstversorgungsgrad an 100 % annähert, umso höher ist die Autarkie und umso geringer ist die Importabhängigkeit.
↑Cheng Shi, Rechtliche Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Handelsbeziehungen zwischen China und der EU im Rohstoffsektor, 2016, S. 32; ISBN 978-3643134363
↑Dr. Th. Gabler Verlag (Hrsg.), Gablers Wirtschafts-Lexikon, 1984, Band 5, Sp. 1060 f.; ISBN 978-3409304122