ReichsgeschwaderDas Reichsgeschwader, auch Fliegendes Geschwader genannt, war ein Ende 1872 aufgestellter Verband der Kaiserlichen Marine und ein Vorläufer des späteren Ostasiengeschwaders. Es sollte von 1872 bis 1874 eine Weltumseglung durchführen, die vor allem als Machtdemonstration zur Stärkung des Ansehens des 1871 gegründeten Deutschen Kaiserreichs gedacht war. Der Hydrograph der Admiralität, Georg von Neumayer, erstellte eigens eine umfassende Instruktion für die Durchführung von hydrographischen, meteorologischen und geographischen Beobachtungen, so dass die Fahrt des Geschwaders auch den Charakter einer Forschungsreise besitzen sollte. Aufgrund des Ausbruchs eines Bürgerkriegs in Spanien wurde die Weltumseglung im März 1873 bereits in der Karibik abgebrochen. Gründe für die Bildung des GeschwadersAm 19. Oktober 1871 war es in einer Kneipe in Rio de Janeiro zu einer Schlägerei gekommen, an der auch Unteroffiziere und Deckoffiziere der Nymphe beteiligt waren. Die Polizei von Rio hatte einige der Beteiligten festgenommen und mit Säbeln verletzt. Da die Behörden nach Meinung der Reichsregierung unter Reichskanzler Otto von Bismarck die Freilassung der Verhafteten verschleppten, wurde an eine Machtdemonstration im Sinne klassischer Kanonenbootpolitik gedacht. Zu diesem Zweck wurde die Bildung des so genannten Atlantischen Evolutions-Geschwaders angeregt, das die Entlassung der Betroffenen erzwingen sollte. Das Geschwader sollte aus den Panzerfregatten Friedrich Carl und Kronprinz, der Gedeckten Korvette Elisabeth und der Kreuzerkorvette Augusta sowie dem Kanonenboot Albatross bestehen. Die Albatross war das erste deutsche Kriegsschiff, das speziell für den Dienst in Übersee konstruiert worden war. Doch bevor das Geschwader zusammengestellt werden konnte, entließen die brasilianischen Behörden die Inhaftierten, so dass der Grund für eine Machtdemonstration vor Rio entfiel. Kaiser Wilhelm I. verfügte daher Mitte Januar 1872 die Auflösung des Verbands. Der Chef der Admiralität, General Albrecht von Stosch, hielt jedoch die Bildung eines Geschwaders für eine generelle Machtdemonstration für richtig und erhielt auch vom Auswärtigen Amt die Zustimmung, vor allem in der Karibik vor Venezuela, Kolumbien, Honduras und dem spanischen Kuba die Flagge zu zeigen. Das Reichsgeschwader sollte auf seiner Weltreise zwar vornehmlich überseeische deutsche Interessen wahren, aber auch der Ausbildung von Schiffen und Personal im Verband dienen. ZusammensetzungDas Geschwader bestand aus der Panzerfregatte Friedrich Carl, den Gedeckten Korvetten Elisabeth, Vineta und Gazelle sowie dem Kanonenboot Albatross. Vineta und Gazelle waren als derzeitige Stationäre der Marinestation Westindien bereits in der Karibik und trafen daher dort auf die anderen Schiffe des Geschwaders. Das Kommando erhielt Kapitän zur See Reinhold von Werner, der für die Führung des bis dahin größten deutschen Marineverbands die Tafelgelder eines Konteradmirals erhielt. Geplante ReiserouteDas Geschwader sollte von Kiel bzw. Wilhelmshaven auslaufend zunächst Plymouth ansteuern. Dort war ein viertägiger Aufenthalt geplant. Reiseroute AmerikaLissabon, wahlweise Vigo oder Cádiz Hier war ein sechstägiger Aufenthalt geplant. Nach einem weiteren Stopp in Havanna/Kuba war die Atlantiküberquerung vorgesehen. Reiseroute Afrika/AustralienPorto Grande auf St. Vincent/Kapverden. Nach 37 Reisetagen sollte Kapstadt angelaufen werden. Australien und SüdseeIn den australischen Gewässern waren Besuche in Melbourne, Hobarton/Tasmanien und schließlich Sydney vorgesehen. OstasienIn Ostasien sollten Nagasaki, Shanghai, Hongkong, Singapur und Batavia angelaufen werden. Amerikanische Westküste und SüdamerikaFür die Reise von Batavia nach San Francisco in den USA waren 58 Tage vorgesehen. Für den 27. Januar 1874 war die Ankunft in Kalifornien geplant. Tatsächliche ReiserouteDas Geschwader verließ Wilhelmshaven unter dem Geschwaderchef Kapitän zur See Reinhold Werner am 12. Oktober 1872 und lief über Plymouth und Funchal den Hafen von Bridgetown, Barbados ein, wo es am 28. November eintraf. In einem Zyklon in der Biskaya war das Geschwader getrennt worden, traf sich aber in Bridgetown wieder. Nach einem Besuch in Venezuela, bei dem Kapitän Werner die Hauptstadt Caracas besuchte, um auf Wunsch des deutschen Ministerresidenten Schulden einzutreiben, lief es Anfang Januar 1873 Sabanilla an. Auch hier war der Grund die Eintreibung von Außenständen einer deutschen Eisenbahngesellschaft. Nach Aufenthalten in Port-au-Prince, Kingston, Jamaika und Havanna wurden dort die Vorbereitungen für die Weiterreise getroffen, als am 10. März 1873 die Admiralität telegrafisch den Abbruch der Reise und die Weiterfahrt nach Spanien anordnete, da dort der sog. Dritte Carlistenkrieg durch die Gründung der Ersten Spanischen Republik ausgebrochen war und deutsche Residenten gefährdet schienen. Während die Albatross als Stationär in Westindien verblieb und die Elisabeth direkt nach Spanien segelte, kehrte das Geschwader zu Reparaturen nach Europa zurück und wurde am 18. April 1874 in Plymouth offiziell aufgelöst. Aufgrund von Kohlenmangel auf der Vineta musste das Schiff auf dem Rückweg nach Wilhelmshaven zeitweise von der Friedrich Carl geschleppt werden. Literatur
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