Die Röhrenspinnen sind kurzbeinig und haben einen gedrungenen Körperbau. Sie haben acht Augen, von denen vier an den Eckpunkten des Kopfbereichs ein Quadrat bilden. Die anderen bilden ein kleines Viereck in der Stirnmitte.
Die Rote Röhrenspinne (Eresus kollari) weist viele Unterarten auf. 2008 wurden Eresus moravicus und Eresus sandaliatus ausgegliedert. Die Abtrennung weiterer Unterarten ist möglich. Die Rote Röhrenspinne bevorzugt in Mitteleuropa kontinentale Wärmeinseln oder südexponierte, sandige und unbewaldete Trockenlagen und ist häufiger als bislang angenommen. Fundorte sind zum Beispiel der Kyffhäuser, die Lausitz und die Lüneburger Heide.
Lebensweise
Die Angehörigen dieser Familie graben sich bis zu 10 cm tiefe Erdröhren von einem Zentimeter Durchmesser, die mit Seide austapeziert werden. Im Gegensatz zu den Tapezierspinnen (Atypidae) weben sie aber keinen Fangschlauch, sondern einen Trichter oft mit einem Schirm über dem Eingang ihrer Erdhöhle, der mit Fäden am Boden befestigt wird und in dem sich die Beute verfängt. Durch die Erschütterungen wird das Tier in der Röhre alarmiert. Häufig werden Käfer in den Netzen gefunden, aber auch jagende Spinnen.
Fortpflanzung und Ausbreitungsstrategien
Die mitteleuropäischen Röhrenspinnen leben teilweise in Familienkolonien (Aggregation) in Erdröhren. Da die Anzahl der überlebenden Nachkommen je Gelege meist unter 80 liegt, sind sie auf eine sichere Verbreitungsart angewiesen und verbreiten sich zu Fuß in der Nähe des Mutternetzes.
Das Weibchen der Roten Röhrenspinne wird nach drei Jahren geschlechtsreif und verlässt ihre Erdröhre bis zur Paarung nicht. Die adulten Männchen gehen auf Wanderschaft und suchen sich ein geschlechtsreifes Weibchen. Das Weibchen verpackt 80 Eier in einem linsenförmigen Kokon, der mit Beuteresten und Bodenteilchen getarnt wird und so eine geringere Albedo aufweist. Das 1 cm große Paket wird tagsüber in die Sonne getragen und abends zum Schutz vor der nächtlichen Kälte der gering bewachsenen Sandböden (Ausstrahlung) wieder in die Röhre.
Die Jungtiere schlüpfen in der Höhle. Sie häuten sich dort mehrmals. In dieser Zeit stirbt das Muttertier und wird von den Nachkommen aufgefressen. Sie verlassen nach dem Tod der Mutter das Erdloch und breiten sich im Umkreis aus.
Im Gegensatz dazu verbreitet sich die in Südeuropa vorkommende Eresus walckenaeri mit 800 bis 900 Nachkommen je Weibchen über das verlustreiche Ballooning. Die Jungtiere richten ihren Hinterleib in den Wind und produzieren einen Flugfaden, der sie mit dem Wind auch zu weit entfernten neuen Lebensräumen bringen kann. Dieses Verhalten kann mit einem Kaltluftföhn hervorgerufen werden. Es wird vermutet, dass Röhrenspinnen so entlegene Lebensräume wie Inseln (Ägäis) und Gebirge erreicht haben und sich dort wegen der Isolation auf einzelnen Inseln zu weiteren Arten differenzieren konnten.
Systematik
Der World Spider Catalog listet für die Röhrenspinnen 9 Gattungen und 92 Arten.[1] (Stand: Mai 2016)
Heiko Bellmann: Kosmos-Atlas Spinnentiere Europas. Extra: Süßwasserkrebse, Asseln und Tausendfüßer. 3. Auflage. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2006, ISBN 3-440-10746-9, S.38–42.
Ambros Hännggi, Edi Stöckli, Wolfgang Nentwig: Lebensräume mitteleuropäischer Spinnen. Miscallanea faunistica Helvetiae. Centre suisse de cartographie de la faune, CH-2000 Neuchâtel 1995, ISBN 2-88414-008-5
Stefan Heimer, Wolfgang Nentwig: Spinnen Mitteleuropas. Paul Parey, Berlin 1991, ISBN 3-489-53534-0
Thomas Baumann: Populationsökologische und zönotische Untersuchungen zur Bedeutung von Habitatqualität und Habitatfragmentierung für Spinnenpopulationen auf Trockenrasen am Beispiel von Eresus cinnaberinus (Oliv. 1789). Verlag Wissenschaft und Technik, Berlin 1997, ISBN 3-89685-436-4