Die Potenzmethode lässt sich als nicht-optimales Krylow-Unterraum-Verfahren interpretieren, welches nur den jeweils letzten berechneten Vektor zur Eigenwertnäherung verwendet. Die Potenzmethode ist hinsichtlich der Konvergenzgeschwindigkeit den anderen Krylow-Raum-Verfahren, wie etwa dem Verfahren von Lanczos oder dem Verfahren von Arnoldi unterlegen. Dafür schneidet die Potenzmethode hinsichtlich der Stabilitätsanalyse besser ab.[2]
Aus der Stochastik abgeleitet gibt es folgenden naiven Ansatz zur Eigenwertberechnung:
Betrachtet man einen stochastischen Startvektor und eine spaltenstochastische Matrix, dann ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Markow-Kette zum Zeitpunkt genau . Falls nun die gegen einen Vektor konvergieren, so ist und wir haben eine vom Anfangszustand unabhängige stationäre Verteilung und damit auch einen Eigenvektor zum Eigenwert 1 gefunden. Formal ist also , es wurden Matrixpotenzen gebildet. Dieses Verfahren lässt sich nun für beliebige Matrizen verallgemeinern.
Die Vektoren konvergieren gegen einen Eigenvektor zum betragsgrößten Eigenwert, sofern dieser Eigenwert halbeinfach ist und alle anderen Eigenwerte einen echt kleineren Betrag haben. Es existiert also ein Index , so dass für die Eigenwerte gilt und . Hierbei ist die geometrische (und algebraische) Vielfachheit des Eigenwerts .
Der zum Vektor gehörende approximierte Eigenwert kann auf zwei Arten berechnet werden:
Bildet man die Skalare (den sogenannten Rayleigh-Quotienten), so konvergiert gegen . Dies folgt direkt aus der Konvergenz von gegen einen Eigenvektor.
Ist man nicht am Vorzeichen des Eigenwertes interessiert, so bietet sich ein einfacher Ansatz an: Da gegen einen Eigenvektor konvergiert und in jedem Schritt auf 1 normiert wird, konvergiert gegen (unabhängig von der verwendeten Norm).
Wenn , dann gilt für jedes , und für große ist fast parallel zu , wenn . Das ist die Idee der Potenzmethode:[3]
Beweis der Konvergenz
Wir geben hier einen Beweis unter der Annahme, dass die Matrix diagonalisierbar ist. Der Beweis für den nichtdiagonalisierbaren Fall läuft analog.
O.B.d.A. seien die Eigenwerte wie oben angeordnet. Sei die Basiswechselmatrix zur Matrix . Dann ist wobei nach Voraussetzung eine Diagonalmatrix ist, welche die Eigenwerte enthält.
Sei nun eine Basis aus Eigenvektoren (die Spaltenvektoren von ) und ein Startvektor mit
Dann ist
Da nach der Voraussetzung gilt, dass . Wegen
wird in jedem Schritt die Normierung des Vektors auf 1 durchgeführt. Die oben angegebene Bedingung an den Startvektor besagt, dass er einen Nichtnullanteil in Richtung des Eigenvektors haben muss. Dies ist aber meist nicht einschränkend, da sich diese Bedingung durch Rundungsfehler in der Praxis oftmals von alleine ergibt.
Konvergenzgeschwindigkeit
Konvergenzgeschwindigkeit der Potenzmethode für die Matrizen A (blau) und B (grün). Es ist jeweils gegen die Anzahl der Iterationsschritte aufgetragen.
Unter der häufigen starken Voraussetzung, dass der Eigenwert einfach, betragsmäßig einfach und gut separiert ist, konvergieren sowohl die Eigenwertnäherungen als auch die Eigenvektornäherungen linear mit der Konvergenzgeschwindigkeit , wobei die Eigenwerte dem Betrage nach abfallend sortiert angenommen werden, . Diese Voraussetzung ist zum Beispiel nach dem Satz von Perron-Frobenius bei Matrizen mit positiven Einträgen erfüllt.
Des Weiteren haben noch Jordanblöcke einen Einfluss auf die Konvergenzgeschwindigkeit. Betrachte dazu als Beispiel die Matrizen
und
Beide haben den Eigenvektor zum betragsgrößten Eigenwert und die Separation der Eigenwerte ist . Unter Verwendung der Maximumsnorm und des Startvektors konvergiert die Matrix mit linearer Konvergenzgeschwindigkeit, während die Matrix erst nach ca. 60 Iterationsschritten ein brauchbares Ergebnis liefert (vergleiche Bild).
Verwendung
Da zur Berechnung des Gleichgewichtszustandes großer Markow-Ketten nur der Eigenvektor zum betragsgrößten Eigenwert bestimmt werden muss, kann hierfür die Potenzmethode verwendet werden, wie bereits im Abschnitt „Motivation“ beschrieben wurde. Insbesondere kann hier auf die Normierung in jedem Rechenschritt verzichtet werden, da die betrachtete Matrix stochastisch ist und damit die Betragsnorm des stochastischen Vektors erhält. Ein Beispiel dafür ist die Berechnung der PageRanks eines großen gerichteten Graphen als betragsgrößten Eigenvektor der Google-Matrix. Insbesondere sind bei der Google-Matrix die Eigenwerte gut separiert, sodass eine schlechte Konvergenzgeschwindigkeit ausgeschlossen werden kann.[4]
Varianten
Hat man einen Eigenwert ausgerechnet, kann man das Verfahren auf die Matrix anwenden, um ein weiteres Eigenwert-Eigenvektor-Paar zu bestimmen. Hierbei sei das Kronecker-Produkt des Eigenvektors zum jeweiligen Eigenwert mit sich selbst. Dabei wird vorausgesetzt, dass unitär diagonalisierbar ist. erhält dabei alle Eigenwerte von mit Ausnahme von ().
Darüber hinaus gibt es die inverse Iteration, bei der das Verfahren auf angewandt wird, indem in jedem Schritt lineare Gleichungssysteme gelöst werden.
Vergleiche mit anderen Krylowraum-Verfahren
Die Potenzmethode ist den anderen Krylowraum-Verfahren sehr ähnlich. Es finden sich die typischen Bestandteile der komplexeren Verfahren wieder, so etwa die Normierung der konstruierten Basisvektoren, die Erweiterung des Krylowraumes und die Berechnung von (Elementen von) Projektionen im letzten Schritt.
Literatur
Hans R. Schwarz, Norbert Köckler: Numerische Mathematik. 5. Auflage. Teubner, Stuttgart 2004, ISBN 3-519-42960-8.
↑R. von Mises und H. Pollaczek-Geiringer, Praktische Verfahren der Gleichungsauflösung, ZAMM - Zeitschrift für Angewandte Mathematik und Mechanik 9, 152–164 (1929).
↑J. H. Wilkinson, The Algebraic Eigenvalue Problem, Oxford University Press (1965).