Das Pliensbachium (im Deutschen meist verkürzt zu Pliensbach, seltener auch Pliensbachien) ist in der Erdgeschichte eine chronostratigraphischeStufe des Jura, die in der geochronologischen Gliederung der Erdgeschichte etwa dem Zeitraum von 190,8 bis etwa 182,7 Millionen Jahren entspricht. Auf das Pliensbachium folgt das Toarcium, dem Pliensbachium geht das Sinemurium voraus.
Das Pliensbachium wird im borealen Bereich (zu dem auch der Süd- und Norddeutsche Jura zu rechnen ist) derzeit in folgende Ammonitenzonen und -subzonen untergliedert (vom Hangenden zum Liegenden):
Intern erfolgt eine weitere Unterteilung in ein unteres Pliensbachium (regional auch als „Carixium“ bezeichnet – nach dem lateinischen Namen von Charmouth in Dorset) und ein oberes Pliensbachium („Domerium“ – nach dem Monte Domaro in den Lombardischen Alpen). Die Grenze zwischen den beiden Unterstufen befindet sich an der Basis der Margaritatus-Zone und wird durch das erstmalige Auftreten (FAD) von Amaltheus stokesi festgelegt.
Das Pliensbachium kennt zwei bedeutende Transgressionen und zwei Regressionen bzw. acht Kleinzyklen. Die erste Transgression ereignete sich unmittelbar zu Beginn des Pliensbachiums. Es folgte ein längerer Rückgang, der schließlich in der Regression Pl 4 in der oberen Davoei-Zone des oberen Carixiums kulminierte. Die anschließende recht rasche Transgression erreichte ihren Höchststand in der Margaritatus-Zone im unteren Domerium. Danach fiel der Meeresspiegel erneut zur Regression Pl 8 kurz vor Ende des Pliensbachiums. Die Transgressionspulse des ersten Zyklus verloren stetig an Umfang, wohingegen sie im zweiten Zyklus wieder sukzessiv an Stärke gewannen.
Chemische Stratigraphie
Kohlenstoffisotopen
Die δ13C-Werte zeigen zu Beginn des Pliensbachiums einen stetigen Anstieg von einem Minimum bei 1,9 ‰ (PDB) zu einem Maximalwert von 3,1 ‰ (PDB) am Ende der Stufe.[1] Der Übergang zum Toarcium war von einer negativen Kohlenstoffexkursion zurück zu 1 ‰ (PDB) gekennzeichnet, verbunden mit der weit verbreiteten Sedimentation Corg-reicher Ablagerungen.
Sauerstoffisotopen
Die δ18O-Werte lagen etwas niedriger als im Hettangium, waren aber mit - 1,0 bis - 1,5 ‰ (PDB) vergleichbar zu den Verhältnissen im Sinemurium. Bei ihnen kam es an der Wende zum Toarcium zu einem jähen Anstieg zu 0,0 ‰ (PDB)[1] und somit zu einer deutlichen Abkühlung der zuvor recht milden Temperaturen. Dieser Temperaturrückgang wird mit dem massiven Ausströmen von Flutbasalten der Ferrar- (Antarktis) und Karoo-LIP (Südafrika) in Verbindung gebracht, das vor 183 Millionen Jahren stattfand.
Strontiumisotopen
Die 87Sr/86Sr-Werte setzten ihren stetigen Rückgang ausgehend von dem endtriassischen Maximum bei 0,70795 über 0,70740 zu Beginn des Pliensbachiums weiter fort und erreichten ein Minimum mit 0,70708 gegen Ende der Stufe.[2] Das endtriassische Maximum dürfte auf den CAMP-Vulkanismus zurückzuführen sein, der mit dem erstmaligen Aufreißen des Nordatlantiks einhergegangen war. Der Rückgang der Strontiumwerte deutet auf abnehmende Kontinentalität hin.
Beim kalkhaltigen Nanoplankton war das herausragende Ereignis die Radiation der plattentragenden Coccolithophoriden (Algen) an der Wende Sinemurium/Pliensbachium. Für das Pliensbachium werden folgende fünf Zonen ausgewiesen: NJ 3, NJ 4a, NJ 4b, NJ 5a und NJ 5b. Das erstmalige Auftreten (FAD) von Similscutum cruciulus gegen Ende der Jamesoni-Zone markiert den Beginn von NJ 4a, das letztmalige Erscheinen (LAD) von Crepidolithus pliensbachensis den Beginn von NJ 4b inmitten der Ibex-Zone. Mit dem Erstauftreten von Lotharingius hauffii innerhalb der Margaritatus-Zone beginnt NJ 5a. Das Erstauftreten von Axopodorhabdus atavus in der unteren Spinatum-Zone schließlich kennzeichnet das Einsetzen von NJ 5b, die bis in das unterste Toarcium reicht und mit dem letztmaligen Auftreten von Calcivascularis jansae zu Ende geht.
Im Pliensbachium verschwanden die Psiloceratoidea, die das Hettangium und Sinemurium beherrschten. An ihrer Stelle verbreiteten sich die Eoderoceratoidea und dominierten die nordwesteuropäische Fauna.[3]
Die Ammonitenpopulationen wurden in ihrer Entwicklung während des Pliensbachiums durch zwei bedeutende Artensterben beeinträchtigt: in der Gibbosus-Subzone im ausgehenden Domerium (Artenverlust bis 81 %) sowie direkt am Übergang zum Toarcium. Letzteres Ereignis war gravierend und stellt im Fossilbericht ein Massensterben zweiter Ordnung dar (Artenverlust bis zu 90 %).[4] Als Ursache hierfür wird jetzt ein so genanntes Ozeanisches anoxisches Ereignis (OAE) in den Weltmeeren angesehen, das durch die LIP-Flutbasalte des Karoo-/Ferrar-Vulkanismus ausgelöst worden sein dürfte. Auch in der Valdani- (Artenverlust bis 66 %) und in der Stokesi-Subzone (Artenverlust bis 60 %) war es nach einem anfänglichen Aufblühen bereits zu Rückgängen der Populationen gekommen.
Felix M. Gradstein, James G. Ogg und Alan G. Smith (Hrsg.): A Geologic Time Scale 2004. Cambridge University Press, Cambridge (UK) 2005, ISBN 0-521-78673-8.
Christian Meister, Martin Aberhan, Joachim Blau, Jean-Louis Dommergues, Susanne Feist-Burkhardt, Ernie A. Hailwood, Malcom Hart, Stephen P. Hesselbo, Mark W. Hounslow, Mark Hylton, Nicol Morton, Kevin Page und Greg D. Price: The Global Boundary Stratotype Section and Point (GSSP) for the base of the Pliensbachian Stage (Lower Jurassic), Wine Haven, Yorkshire, UK. In: Episodes. Band29(2), 2006, ISSN0705-3797, S.93–106 (episodes.org [PDF]).
Hans Murawski und Wilhelm Meyer: Geologisches Wörterbuch. 10., neu bearb. u. erw. Auflage. Enke Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-432-84100-0, S.278.
Albert Oppel: Die Juraformation Englands, Frankreichs und des südwestlichen Deutschlands: nach ihren einzelnen Gliedern eingetheilt und verglichen. Ebner & Seubert, Stuttgart 1856, S.857.
↑ abH. C. Jenkyns u. a.: Chemostratigraphy of the Jurassic system: applications, limitations and implications for palaeoceanography. In: Journal of the Geological Society of London. Band159, 2002, S.351–378.
↑J. M. McArthur, R. Howarth und T. R. Bailey: Strontium isotope stratigraphy: LOWESS Version 3. Best-fit line to the marine Sr-isotope curve for 0 to 509 Ma and accompanying look-up table for deriving numerical age. In: Journal of Geology. Band109, 2001, S.155–169.
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↑Guillaume Dera u. a.: High-resolution dynamics of Early Jurassic marine extinctions: the case of Pliensbachian–Toarcian ammonites (Cephalopoda). In: Journal of the Geological Society, London. Vol. 167, 2010, S.21–33, doi:10.1144/0016-76492009-068.