Pissevache
Die Pissevache oder Cascade de Pissevache, auch Cascade de Salanfe (Salanfe-Wasserfall), ist ein 116 m hoher Wasserfall in Vernayaz im Kanton Wallis in der Schweiz. Die Kaskade wird durch den in das Rhonetal stürzenden Wildbach Salanfe gebildet, die höchste Stufe ist 65 m hoch.[1] GeologieIn der Schlucht oberhalb des Wasserfalls herrscht Schiefergestein aus dem Karbon vor, die Felswand hinter dem Fall ist aus Gneis.[1] GeschichteDer vom Rhonetal aus gut sichtbare Wasserfall galt bereits im 16. Jahrhundert «als zwingender Halt auf der Reise durch das Wallis»[2] und wurde in Reiseberichten erwähnt, beispielsweise von Sebastian Münster oder im 18. Jahrhundert durch Albrecht von Haller.[3] Goethe erwähnte den Wasserfall auf seiner Schweizerreise im Jahr 1779:
– Johann Wolfgang von Goethe: Saint-Maurice VS, den 7. November 1779, In: Briefe aus der Schweiz (1796) Auch Rodolphe Töpffer, Gustave Flaubert oder Eugène Rambert statteten der Pissevache einen Besuch ab.[3] William England veröffentlichte um 1865 ein stereoskopisches Halbbild des Wasserfalls, gefertigt im Albumindruck.[4] Im Jahr 1866 wurde ein Steg für Touristen angebracht, der auf halber Höhe des 116 m hohen Wasserfalls in einem verglasten Teil hinter dem Wasserfall hindurchführte. Der Eintritt für diese Touristenattraktion kostete einen Franken. 1877 wurde ein Besucher durch Steinschlag getötet.[5] 1896–97 wurde das Wasserkraftwerk Pissevache etwa 50 Meter oberhalb des Wasserfalls errichtet. Es wurde als Kavernenkraftwerk in einer Höhle gebaut, um «die landschaftliche Schönheit … nicht zu stören».[1] 1917 wurde der Wasserfall durch die Kommune von Vernayaz verkauft, wodurch die Zerstörung der Pissevache befürchtet wurde.[6][7] 1923 protestierten der Schweizer Alpen-Club und der Schweizer Heimatschutz gegen konkrete Ideen, die Hochebene der Salanfe und den Wasserfall zur Elektrizitätsgewinnung zu nutzen.[8] 1942 wurde eine Konzession für den Bau eines Wasserbeckens und eines Elektrizitätswerks auf dem Hochplateau erteilt.[9] Ab 1946[10] versuchten der Schweizerische Bund für Naturschutz (heute Pro Natura) und der Schweizer Heimatschutz, die Baumassnahmen zu verhindern. Der Wasserfall sei ein «unantastbares Juwel» und die Hochebene müsse erhalten bleiben.[3][11] Mehrere Intellektuelle der Romandie forderten die Einrichtung eines Naturschutzgebiets ähnlich dem Schweizerischen Nationalpark im Kanton Graubünden.[12] Mit der Anlegung des Lac de Salanfe und dem Bau des zugehörigen Speicherkraftwerks Ende der 1940er Jahre verschwanden die Pläne für einen Nationalpark in der Versenkung.[12] Über eine Druckleitung wird seitdem Wasser aus dem Stausee an dem Wasserfall vorbei zu der im Rhonetal in Miéville gelegenen Kraftwerkzentrale geleitet.[13] Das Eingreifen der Umweltschützer führte aber zur Entscheidung, die Pissevache nicht komplett zu zerstören, sondern eine angemessene Wasserführung zu belassen.[14] Es stürzt allerdings weniger Wasser den Wasserfall herunter als früher, so dass er weniger imposant wirkt.[15] 1986 versuchten drei französische Alpinisten, den nur selten zugefrorenen Wasserfall erstmals im Eisklettern zu bezwingen, scheiterten allerdings.[16] NameLaut dem Geographischem Lexikon der Schweiz von 1905 entspricht der Name dem rätoromanischen Pisch, deutsch etwa gleich «Giessbach».[1] Im Französischen bedeutet vache Kuh und pisse ist umgangssprachlich für Urin. In manchen historischen Reiseberichten wird der Name des Wasserfalls als «Kuhpisse» übersetzt.[17] Der erste Namenteil pisse, der auch bei anderen Wasserfällen vorkommt (wie etwa beim Pissechèvre auf der andern Talseite), geht auf vlat. pissiare zurück.[18][19] Marc-Théodore Bourrit schrieb 1775: «Sein Name ist unedel, aber die Sache ist es nicht; man nennt ihn Pissevache (Kuhpisse).»[20] Johann Jakob Hertel veröffentlichte 1819 einen Kupferstich des Wasserfalls und untertitelte ihn mit «die pissende Kuh».[21][22] WeblinksCommons: Pissevache – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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