PflichtfeuerwehrEine Pflichtfeuerwehr ist eine öffentliche Feuerwehr. Sie wird dann eingerichtet, wenn eine Freiwillige Feuerwehr nicht zustande kommt und deshalb der Brandschutz nicht gewährleistet werden kann. Es werden dann geeignete Personen (insbesondere dienstfähige und ausgebildete) zum Feuerwehrdienst verpflichtet. Der Feuerwehrdienst in der Schweiz ist in den meisten Kantonen eine Pflicht. DeutschlandGeschichteGeschichtlich betrachtet ist in Deutschland die Pflichtfeuerwehr der Vorläufer der Freiwilligen Feuerwehr. So ist beispielsweise belegt, dass die Stadt Meißen bereits im Mittelalter ein organisiertes Löschwesen hatte. Durch Anordnungen war jeder Bürger zu Hilfeleistung bei Bränden verpflichtet. Wer sich widersetzte, wurde entweder mit Haft oder Verbannung aus der Stadt bestraft. Um das Jahr 1835 mussten nach Verordnung der Regierung des Herzogtums Nassau Pflichtfeuerwehren aufgestellt werden. So wurde jeder Mann vom 20. bis zum 60. Lebensjahr zum Feuerlöschdienst verpflichtet und hatte dreimal im Jahr zu einer Pflichtübung zu erscheinen. Ausgenommen waren Pfarrer, Ärzte und Lehrer. Die Mitglieder der Pflichtfeuerwehren wurden im Brandfall nicht immer mit den anfallenden Aufgaben fertig. Diese mangelhaften Zustände und die von Turnvater Jahn ausgehende deutsche Turnbewegung waren wesentliche Gründe, dass engagierte Bürger nach und nach Freiwillige Feuerwehren gründeten.[1] Eine Pflichtfeuerwehr war auch in § 67 ff. der 1885 erlassenen Feuerpolizeiordnung der Provinz Westfalen vorgesehen. Ein historisches Beispiel ist die Pflichtfeuerwehr in Obertiefenbach (1835 bis 1936), dem Hauptort der heutigen Gemeinde Beselich, in dem die Pflichtfeuerwehr auch während der seit 1880 gleichzeitig bestehenden örtlichen Freiwilligen Feuerwehr aufrechterhalten wurde.[2] OrganisationWelche Person herangezogen werden kann, regeln heute die jeweiligen Landesgesetze. Beispielsweise kann dies jeder Einwohner vom 18. bis zum 63. Lebensjahr sein. Bestimmte Gruppen können von der Dienstpflicht ausgeschlossen sein, dazu können gehören: Polizeivollzugsbeamte, Angehörige der Bundeswehr, Angehörige der Bundespolizei, Forstbeamte sowie aktive Angehörige einer anderen im Katastrophenschutz mitwirkenden Organisation oder Einrichtung sowie diejenigen, die einen Ablehnungsgrund für ein kommunales Ehrenamt geltend machen können. Ausschlussgrund kann auch der Gesundheitszustand sein.[3] Als gesetzliche Grundlage dienen die Landesfeuerwehrgesetze. Es kommt heute relativ selten vor, dass eine Gemeinde gezwungen ist, eine Pflichtfeuerwehr aufzustellen. In der näheren Vergangenheit wurde dieser Schritt beispielsweise notwendig, wenn ein Großteil der Feuerwehrleute aus Protest aus der Freiwilligen Feuerwehr ausgetreten ist. In der Zukunft könnte die Aufstellung von Pflichtfeuerwehren wieder erforderlich werden, denn viele Feuerwehren sind am Tage während der Kernarbeitszeit oft nicht ausreichend besetzt. Dies geschieht aufgrund der weiten Fahrtstrecken der Feuerwehrangehörigen zu ihren Arbeitsplätzen oder Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter trotz eindeutiger gesetzlicher Regelungen (vgl. z. B. § 20 BHKG[4]) nicht für den Einsatz freistellen. Hinzu kommt der demografische Wandel. In einigen Ländern – so zum Beispiel in Schleswig-Holstein – wird die Pflichtfeuerwehr als eigenständige Organisationsform angesehen. Andere Gliedstaaten wie Baden-Württemberg kennen den Begriff der Pflichtfeuerwehr im Landesrecht gar nicht und stellen dienstverpflichtete Feuerwehrangehörige den Angehörigen einer Freiwilligen Feuerwehr gleich. Die Feuerwehr, die mit Dienstverpflichteten arbeitet, trägt dann auch die Bezeichnung „Freiwillige Feuerwehr“ (außer in dem Fall, dass die Feuerwehr daneben eine Abteilung Berufsfeuerwehr führt; dann ist die Bezeichnung beschränkt auf „Feuerwehr“). Sowohl eine Feuerwehrdienstpflicht nur für Männer als auch eine Feuerwehrabgabe als Ersatzleistung verstößt mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Januar 1995 (Az.: BvR 403 u. 569/94) gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 GG. Zudem liege das Feuerlöschen im Interesse der Allgemeinheit, wofür nur allgemeine Steuern heranzuziehen seien. AltersgrenzenDie Verpflichtung von Personen ist auf je nach Bundesland auf einen festgelegten Altersbereich beschränkt. Nachstehend sind dem länderspezifischen Altersbereich die jeweilige Verlinkung auf betreffende Internetseiten zugeordnet. BeispieleAktuell bestehen folgende Pflichtfeuerwehren:
Vorübergehend bestanden in jüngerer Vergangenheit folgende Pflichtfeuerwehren:
Androhung zu einer Pflichtfeuerwehr zu werden:
Durchsetzbarkeit der Dienst- und HilfeleistungsverpflichtungDie gesetzlichen Regelungen zu den Dienst- und Hilfeleistungsverpflichtungen im Bevölkerungsschutzrecht schaffen grundsätzlich die notwendige Rechtsgrundlage für die rechtsverbindliche Anordnung der entsprechenden Handlungen. Die gesetzliche Rechtspflicht zu Dienst- und Hilfeleistungen wird im Einzelfall durch den behördlichen Verpflichtungsakt konkretisiert, so dass der Adressat im Grundsatz zur Befolgung verpflichtet ist. Dennoch bedarf es darüber hinausgehender rechtlicher Instrumente, um bei Verweigerungen die Durchsetzung der Pflichten zu gewährleisten. Hierzu kommen Vollstreckungs- und Sanktionierungsmittel in Betracht. VollstreckungDie Bindungswirkung von Heranziehungsanordnungen wird durch einen etwaigen Widerspruch des Adressaten nicht gehemmt. Zwar entfalten Widersprüche grundsätzlich nach § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO aufschiebende Wirkung, allerdings entfällt diese in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird. Diese Entscheidung hat die Behörde grundsätzlich schriftlich zu begründen. Jedoch bedarf es einer besonderen Begründung nach § 80 Abs. 3 S. 2 VwGO nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft. Dies kommt insbesondere bei der Heranziehung von Personen zu Hilfeleistungen im Einzelfall in Betracht. Bei der Begründungspflicht wird es allerdings in der Regel im Falle der Dienstverpflichtung bleiben. Von der Abwendung einer aufschiebenden Wirkung ist die Vollstreckung zu unterscheiden. An dieser Stelle zeigt sich, dass die rechtlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung der Verpflichtungsanordnung faktisch beschränkt sind. Da die individuelle Verpflichtung nur von dem Adressaten selbst vorgenommen werden kann und nur vom Willen des Pflichtigen abhängt, stellt sie eine unvertretbare Handlung i. S. d. Verwaltungsvollstreckungsrechts dar. Folglich sind die Vollstreckungsoptionen der Behörden auf die Anordnung, Festsetzung und Vollziehung eines Zwangsgelds begrenzt. Als letztes Mittel kann das Verwaltungsgericht auf Antrag der zuständigen Behörde und nach Anhörung des Pflichtigen durch Beschluss Ersatzzwangshaft anordnen, wenn bei Androhung des Zwangsgeldes hierauf hingewiesen worden ist und das Zwangsgeld uneinbringlich ist. Eine tatsächliche Erzwingung von realen Dienst- und Hilfeleistungen ist somit faktisch und rechtlich nicht möglich. Sofern sich der Verpflichtete zur Umsetzung seiner Pflicht weigert, kann er nur mithilfe der benannten Maßnahmen zur Handlung angehalten werden, ohne dass jedoch im Falle einer Totalverweigerung die tatsächliche Erfüllung der Pflichten mit Sicherheit erreicht werden kann. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass durch den Vorbehalt der Zumutbarkeit der Durchsetzbarkeit von Dienst- und Hilfeleistungsverpflichtungen Grenzen gesetzt sind. Im Falle der im Einzelfall Herangezogenen kommt dies expressis verbis in den gesetzlichen Regelungen zum Ausdruck: Eine Heranziehung und folglich auch eine Vollstreckung von Hilfeleistungen ist im Falle der Eigengefährdung ausgeschlossen. Da es de lege lata an einer hinreichenden Rechtsgrundlage für die Dienstpflicht zur Aufgabenerfüllung unter Eigengefährdung mangelt, scheidet auch die Erzwingung von Maßnahmen durch Dienstverpflichtete unter Eigengefährdung aus. Insofern können sich Effektivitätshindernisse im Bevölkerungsschutz dann ergeben, wenn das Personal unfreiwillig verpflichtet wird und es an einer Bereitschaft zur konsequenten und erforderlichen Aufgabenerfüllung mangelt. SanktionierungDie Bindungswirkung der Heranziehungsanordnungen kann grundsätzlich durch eine ordnungswidrigkeits- und strafrechtliche Sanktionierung von Weigerungen untermauert werden. Hierzu finden sich in den Brand- und Katastrophenschutzgesetzen der Bundesländer Regelungen, nach denen die vorsätzliche oder fahrlässige Nichtbefolgung von Verpflichtungen zu Dienst- und Hilfeleistungen eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Folgerichtig sind Sanktionen in Gestalt von Geldbußen möglich. Des Weiteren kommt auch eine strafrechtliche Sanktionierung in Betracht, da die unterlassene Hilfeleistung nach § 323c StGB unter Strafe steht. Danach kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist. Schließlich ist auch bei Dienst- und Hilfeleistungsverweigerungen ein unechtes Unterlassungsdelikt i. S. v. § 13 StGB denkbar, da die Verpflichtung zu Dienst- und Hilfeleistungen die Rechtspflicht zur Abwehr eines Schadens und damit eine Garantenstellung begründen kann. Sofern erforderliche Maßnahmen unterlassen werden und dadurch der Tatbestand eines Begehungsdelikts erfüllt ist, kommt grundsätzlich die Strafbarkeit wegen Unterlassens in Betracht.[22] ÖsterreichIn der Geschichte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie spielten Pflichtfeuerwehren eine nicht unbedeutende Rolle im Brandschutz. So gab es Pflichtfeuerwehren in manchen Gebieten der Monarchie in bedeutender Anzahl. Das Verhältnis um das Jahr 1900 zwischen Freiwilligen zu Pflichtfeuerwehren war etwa zwei zu eins. Vor allem in der Ungarischen Reichshälfte und in Galizien herrschten Pflichtfeuerwehren vor.[23] In der Gegenwart gibt es in Österreich keine Pflichtfeuerwehren. Den Feuerwehrgesetzen einzelner Bundesländer entsprechend kann der Bürgermeister jeden Einwohner einer Gemeinde heranziehen, der geeignet ist, einer Pflichtfeuerwehr anzugehören. Ein Überblick über die Regelungen der einzelnen Bundesländer, falls eine Freiwillige Feuerwehr zu wenige Mitglieder hat oder aus anderen Gründen nicht zustande kommt:
Diese Regelungen sind in Österreich, wenn vorhanden, in der Praxis unbedeutend, da die meisten Gemeinden den Brandschutz mit Freiwilligen Feuerwehren bzw. in wenigen Großstädten mit Berufsfeuerwehren abdecken. In manchen Bundesländern wird die Gründung einer Pflichtfeuerwehr auch dann hinfällig, wenn die Feuerwehr einer Nachbargemeinde die Aufgaben übernimmt, wie beispielsweise die Freiwillige Feuerwehr der Gemeinde Pöllau den Brandschutz allen Orten im gesamten Tal verantwortet.[25] Einzig im Tiroler Ort Spiss gab es im Jahr 2012 kurzzeitig die Überlegung, eine Pflichtfeuerwehr einzurichten, da es wegen Unstimmigkeiten zu einem Massenaustritt kam.[26] SchweizDas politische System in der Schweiz wird in vielen Bereichen vom Milizprinzip geprägt, daher besteht grundsätzlich die Feuerwehrdienstpflicht für jedermann, egal ob Mann oder Frau – Schweizer oder nicht. Im Gegensatz zu Deutschland und Österreich ist die Pflichtfeuerwehr, in der Schweiz Miliz-Feuerwehren genannt, mit einigen Ausnahmen der Normalzustand. Derzeit gibt es ca. 1'200 Feuerwehrkorps und ca. 78'000 Feuerwehrleute, davon dienen nur ca. 1'200 Personen in Berufsfeuerwehren.[27] Es gibt jedoch Ausnahmen, z. B. in den Kantonen Zug und Zürich und in den Orten, wo Berufsfeuerwehren existieren. Findet eine Feuerwehr nicht genügend Leute, die ohne Zwang («freiwillig») den Dienst leisten möchten, kann sie Zwangsrekrutierungen durchführen. Diese sind jedoch nicht sehr beliebt, da die so rekrutierten Feuerwehrleute in der Regel weniger motiviert sind und die Feuerwehr oftmals bald wieder verlassen (müssen). Wer keinen Feuerwehrdienst leistet, hat eine Feuerwehr-Ersatzabgabe zu bezahlen. Diese wird zusammen mit der Gemeindesteuer eingezogen. Im Kanton Solothurn ist die Dienstpflicht folgendermaßen umschrieben: § 76 des Gebäudeversicherungsgesetzes
Die Miliz-Feuerwehrleute gehen ganz normal ihren Berufen nach und sind nur bei Übungen und Einsätzen in der Feuerwehr tätig. Als letzte Vorstufe zu einer Berufsfeuerwehr rangiert eine Miliz-Stützpunktfeuerwehr mit Polizeilöschpikett. Dabei rückt zuerst eine Gruppe speziell ausgebildeter Polizisten zum Einsatzort aus, während die Feuerwehr erst kurze Zeit später eintrifft. In besonderen Situationen (Großanlässe, Demonstrationen etc.) muss die Feuerwehr den Pikettdienst übernehmen. Für die betroffenen Feuerwehrleute ist dies fast wie eine «Berufsfeuerwehr». Zum Begriff von Pflicht und ZwangDer Begriff Pflicht wird oft mit Zwang gleichgesetzt oder auch so empfunden. Zwangsarbeit ist durch verschiedene internationale Übereinkommen grundsätzlich verboten. Bestimmte verpflichtende Dienste sind jedoch innerhalb definierter Grenzen von diesem Verbot ausgenommen. Sie bildet beispielsweise einen Ausnahmetatbestand im Übereinkommen über Zwangs- und Pflichtarbeit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) aus dem Jahr 1930[28][29] und in Art. 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Folgende Pflichtdienste gelten nicht als Zwangsarbeit:
Siehe auch
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
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