Periode (Musik)Als Periode bezeichnen Musiktheoretiker aus Vergangenheit und Gegenwart unterschiedlich geartete musikalische Abschnitte aufgrund unterschiedlicher Kriterien. Der Begriff ist also mehrdeutig.[1] Meistverbreitet dürfte heute eine Begriffsauffassung im Sinne dieser Definition sein:
– Alfred Richter: Die Lehre von der Form in der Musik, Leipzig 1904, S. 6. Nach dieser Definition bilden z. B. die ersten acht Takte des Te Deum in D-Dur von Marc-Antoine Charpentier (bekannt als Eurovisionsmelodie) eine Periode, denn sie erfüllen die Kriterien
Wie im Folgenden gezeigt wird, ist aber keins dieser Merkmale in der Geschichte des Begriffs zu jeder Zeit ein wesentliches Kriterium für seine Verwendung gewesen. Geschlossener AbschnittDer Begriff stammt aus der Rhetorik (siehe Satzperiode) und bezeichnete vor diesem Hintergrund im 17. Jahrhundert zunächst recht allgemein geschlossene musikalische Abschnitte.[2] Über den genaueren Umfang und die Gliederung solcher Abschnitte sagt das Wort in dieser Zeit also nichts aus. Diese Begriffsauffassung findet sich noch um 1800 in den Schriften von Heinrich Christoph Koch, der Periode als „einen Theil eines Tonstücks“ definiert, der „mit einem vollkommenen Ruhepunkte des Geistes“ schließt, „den man eine Cadenz nennet“ (unter „Cadenz“ versteht Koch einen vollkommenen Ganzschluss).[3] Symmetrische Zweiteilung, Halb- und Ganzschluss, AchttaktigkeitDie Einschränkung auf Abschnitte, die mit einem Ganzschluss enden, doch außerdem durch einen Halbschluss in zwei gleich lange Teile gegliedert sind, findet sich zuerst in der Melodielehre von Anton Reicha (1814). Die weitere Einschränkung auf ein achttaktiges Modell (das verkürzt oder verlängert werden kann) erfolgte in der einflussreichen Kompositionslehre von Adolph Bernhard Marx (1837), der auch die Begriffe „Vordersatz“ und „Nachsatz“ eingeführt hat. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts begegnet die auch heute geläufige Analogie, wonach der Vordersatz einer Periode einer Frage und der entsprechende Nachsatz deren Antwort ähnelt.[4] Dass die Mittelkadenz ein Halbschluss sein müsse, wird in neuerer Literatur relativiert: Auch unvollkommene (bzw. im Vergleich zur Schlusskadenz weniger vollkommene) Ganzschlüsse werden epochenübergreifend an dieser Stelle verwendet.[5] Demnach bilden z. B. auch die ersten acht Takte des Kinderliedes Hänschen klein eine Periode. Motivische Entsprechung der HalbsatzanfängeDass der Nachsatz als (variierte) Wiederholung des Vordersatzes beginnt, wird seit 1865 in einigen Handbüchern und Lexika eigens hervorgehoben.[6] In manchen anderen Quellen bleibt dieser Aspekt unerwähnt, bzw. wird möglicherweise als selbstverständlich vorausgesetzt. Gliederung des VordersatzesArnold Schönberg, dessen Schriften für die heutige musikalische Formenlehre ein wichtiger Bezugspunkt sind, beschreibt den Vordersatz seinerseits als zweigeteilt, da hier nach der Formulierung der ersten „Phrase“, für die es meist zwei Takte brauche, „mehr kontrastierende Motivformen“ folgten. An diesem Punkt (im dritten Takt eines Themas also) entscheide sich, ob sich der Abschnitt zu einer Periode oder zu einem Satz entwickle:[7]
In Ergänzung dazu beschreibt William Caplin den Typus der „zusammengesetzten Periode“ (compound period), deren Vorder- und Nachsatz jeweils acht Takte umfassen und als Satz oder als „Zwitter“ (hybrid; u. a. Vordersatz + Fortsetzung) gebaut sind.[9] Als Beispiel für diese letzte Struktur nennt Caplin u. a. T. 1–16 im ersten Satz der Klaviersonate in As-Dur op. 26 von Ludwig van Beethoven. Periode als metrisches ModellNach Hugo Riemann ist die Periode wesentlich auch durch die „Unterscheidungen verschiedenen Gewichts der Takte“ bestimmt:
Die hieraus resultierende Gewichtsabstufung
sei jedoch nicht stets in gleicher Weise gegeben, sondern hinge „vom konkreten Inhalte […], von den thematischen Motiven“ ab.[11] Quellen und Literatur
Einzelnachweise
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