Der Pawukon-Kalender oder Wuku-Kalender ist ein rein numerischer Kalender. Er ist in Indonesien, vor allem auf Java und Bali verbreitet.[1] Er umfasst einen Zyklus von 210 Tagen.
Die Jahreslänge entspricht somit einerseits zahlenmystischen Überzeugungen, indem sie das Produkt der einstelligen Primzahlen darstellt, andererseits ausreichend gut der Zykluslänge des traditionellen Reisanbaus.[2]
Die Entstehung des javanischen Zyklus von 210 Tagen reicht in die Zeit der javanischen Urreligion zurück.[3] Die Kombination der fünftägigen Marktwoche mit der siebentägigen Woche aus Indien scheint ins 8. oder 9. Jahrhundert n. Chr. zu reichen.[4] Als die hinduistische Oberschicht Javas durch den Islam verdrängt wurde, siedelte sie 1478 nach Bali. Mit ihrer Kultur brachte sie auch ihre Zeitrechnung mit: Die wuku-Periode von 210 Tagen, die noch heute den Zeitablauf auf Bali bestimmt.
Das Wuku-Jahr
Ein Wuku-Jahr umfasst 210 Tage. Es besteht aus der Abfolge von zehn nebeneinander herlaufenden Zyklen unterschiedlicher der Längen 1 bis 10 Tage. Die einzelnen Jahre werden weder gezählt noch benannt. Jahresanfang ist immer ein Sonntag. Die nächsten Jahre beginnen an folgenden gregorianischen Daten:
21. Mai 2023
17. Dezember 2023
14. Juli 2024
9. Februar 2025
7. September 2025
5. April 2026
1. November 2026
30. Mai 2027
26. Dezember 2027
Die Zyklen
Die zehn Zyklen bestehen aus 1 bis 10 Tagen.
Die Tage der einzelnen Zyklen haben folgende Namen:[5]
Die Kombination der Fünftagegruppe und der Siebentagegruppe bilden einen Zyklus von 35 Tagen, der gelegentlich auch als Monat gedeutet wird.
Die Tage
Jeder Tag wird durch eine (eindeutige) Kombination der Namen der zehn Zyklusgruppen bezeichnet. Dabei laufen die Tage der Drei-, Fünf-, Sechs- und Siebentagegruppe in regelmäßiger Folge nebeneinanderher.
Die Tage der Ein-, Zwei- und Zehntagegruppe werden durch die Ritualzahl der Fünf- und Siebentagegruppe auf folgende Weise bestimmt. Die beiden Ritualzahlen werden addiert und um 1 erhöht, und diese Summe wird durch 10 geteilt; der Rest bestimmt den Tag: Ist der Rest eine gerade Zahl, so ist der Tag Luang (Tag der Eintagegruppe) und Pepet (zweiter Tag der Zweitagegruppe); der Rest selbst bestimmt den Tag der Zehntagegruppe, wobei statt des Restes 0 der Wert 10 zu nehmen ist. Für die Tage der Zehntagegruppe ergibt sich daraus eine ungleichmäßige Verteilung mit ungleicher Häufigkeit; manche Tage kommen in den 35 Tagen nur zweimal vor, andere bis zu fünfmal.
Da die Vier-, Acht- und Neuntagegruppe nicht vollständig in einem wuku aufgehen, wird die Abfolge durch zwei bzw. drei „Wiederholungstage“ unterbrochen. Diese Wiederholungstage werden als Jaya und Kala zu Beginn der 11. Woche bzw. von Dangu zu Beginn der 1. Woche eingefügt. Die ersten zehn Tage haben also folgende Namen:
1
Menga Pasah Sri Paing Tungleh Redite Sri Dangu Sri
2
Luang Pepet Beteng Laba Pon Aryang Coma Indra Dangu Pati
3
Luang Pepet Kajeng Jaya Wage Urukung Anggara Guru Dangu Raja
Der Tika[8]
Die traditionelle Darstellung des Pawukon ist ein Tika. Er besteht aus 30 Spalten mit je sieben Zeilen, auf denen die verschiedenen Zyklen durch geometrische Symbole dargestellt sind und regelmäßige Muster ergeben. Er war meist in Holz geschnitzt oder auf Stoff gemalt[9]. Heute werden keine Tikas mehr hergestellt, und nur wenige Menschen verstehen die Struktur des Tikas.
Ein moderner indonesischer Kalender[10] enthält nicht nur die Daten des Pawukon-Kalenders, sondern auch die Daten des gregorianischen, javanischen, islamischen und chinesischen Kalenders. Die Tagesnamen des Pawukon-Kalenders sind im Uhrzeigersinn um den gregorianischen Tag in dieser Reihenfolge angeordnet: Tag der Fünf-, der Vier-, der Zwei-, der Neun-, der Acht-, der Zehn, der Sechs und der Dreitagegruppe.
Festtage
Die wichtigsten Feste werden von der Drei-, Fünf- und Siebentagegruppe bestimmt, so dass viele Festtage alle 15 bzw. 35 Tage wiederkehren.[8][11]
Kajeng Kliwon fällt auf den Tag, an dem der letzte Tag der Dreitagegruppe (Kajeng) und der letzte Tag der Fünftagegruppe (Kliwon) zusammenfallen und kehrt daher alle 15 Tage wieder.
Da der Kalender mit dem zweiten Tag der Fünftagegruppe beginnt, ist das jeweils der 9., 24., 39., 54., 69., 84., 99., 114., 129., 144., 159., 174., 189. und 204. Tag.
Buda Kliwon fällt auf den Tag, an dem der vierte Tag der Siebentagegruppe (Buda) und der letzte Tag der Fünftagegruppe (Kliwon) zusammenfallen und kehrt daher alle 35 Tage wieder.
Da der Kalender mit dem zweiten Tag der Fünftagegruppe beginnt, ist das jeweils der 4., 39., 74., 109., 144. und 179. Tag.
Anggara Kliwon (Anggar Kassih) fällt auf den Tag, an dem der dritte Tag der Siebentagegruppe (Anggara) und der letzte Tag der Fünftagegruppe (Kliwon) zusammenfallen und kehrt daher alle 35 Tage wieder.
Da der Kalender mit dem zweiten Tag der Fünftagegruppe beginnt, ist das jeweils der 24., 59., 94., 129., 164. und 199. Tag.
Buda Wage (Buda Cemeng) fällt auf den Tag, an dem der vierte Tag der Siebentagegruppe (Buda) und der vierte Tag der Fünftagegruppe (Wage) zusammenfallen und kehrt daher alle 35 Tage wieder.
Da der Kalender mit dem zweiten Tag der Fünftagegruppe beginnt, ist das jeweils der 18., 53., 88., 123., 158. und 193. Tag.
Tumpek fällt auf den Tag, an dem der letzte Tag der Siebentagegruppe (Saniscara) und der letzte Tag der Fünftagegruppe (Kliwon) zusammenfallen und kehrt daher alle 35 Tage wieder. Kuningan ist auch ein Tumpek.
Da der Kalender mit dem zweiten Tag der Fünftagegruppe beginnt, ist das jeweils der 14., 49., 84., 119., 154. und 189. Tag.
Pengembang fällt auf den Tag, an dem der erste Tag der Siebentagegruppe (Redite) und der letzte Tag der Fünftagegruppe (Kliwon) zusammenfallen und kehrt daher alle 35 Tage wieder.
Da der Kalender mit dem zweiten Tag der Fünftagegruppe beginnt, ist das jeweils der 29., 64., 99., 134., 169. und 204. Tag.
Galungan fällt in der 11. Woche (Dunggulan) auf den Tag, an dem letzten Tag der Fünftagegruppe (Kliwon) und der vierte Tag der Siebentagegruppe (Buda) zusammenfallen und kehrt daher alle 210 Tage wieder.
Das ist jeweils der 74. Tag.
Kuningan ist der zehnte Tag nach Galungan und fällt in der 12. Woche (Kuningan) auf den Tag, an dem der letzte Tag der Fünftagegruppe (Kliwon) und der letzte Tag der Siebentagegruppe (Saniscara) zusammenfallen und kehrt daher alle 210 Tage wieder.
Das ist jeweils der 84. Tag.
Saraswati (oder Watugunung) ist der letzte Tag des Kalenders und der Göttin Sarasvati gewidmet. An diesem Tage werden Bildung und als deren Ausdruck Bücher verehrt (nicht gelesen). Es finden in den (auch) Saraswati gewidmeten Tempeln (z. B. Pura Ulun Danu Batur) größere Zeremonien statt.
Pagerwesi fällt auf den 4. Tag des Kalenders und ist ein Tag der inneren Stärkung gegen Adharma. Der Name bedeutet eiserner Zaun.
Für die nächsten Wuku-"Jahre" fallen die Feste auf folgende gregorianische Daten:
Friedrich Karl Ginzel: Handbuch der mathematischen und Technischen Chronologie. Band 1: Zeitrechnung der Babylonier, Ägypter, Mohammedaner, Perser, Inder, Südostasiaten, Chinesen, Japaner und Zentralamerikaner. Hinrichs, Leipzig 1906.
Edward M. Reingold, Nachum Dershowitz: Calendrical Calculations. The Millennium Edition. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2001, ISBN 0-521-77167-6.
Orientations. The Magazine for Collectors and Connoisseurs of Asian Art. Hongkong, June 1980, ISSN0030-5448.
↑ abEdward M. Reingold, Nachum Dershowitz: Calendrical Calculations. The Millennium Edition. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2001, ISBN 0-521-77167-6, S. 158.
↑Edward M. Reingold, Nachum Dershowitz: Calendrical Calculations. The Millennium Edition. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2001, ISBN 0-521-77167-6, S. 161 f.