Paul Wember studierte katholische Theologie, Philosophie, Geschichte und Kunstgeschichte in Bonn, Paderborn, Freiburg i. Br. bei Martin Heidegger und Berlin bei Nicolai Hartmann. Seine Promotion erfolgte 1939 bei Wilhelm Pinder mit einer Arbeit über Die westphälische Stein- und Holzplastik des 13. Jahrhunderts.
1940 heiratete Paul Wember die Künstlerin Tomma Wember. Von 1943 bis 1944 war er Assistent am Kunsthistorischen Institut der Friedrich-Wilhelms-Universität, Berlin, von 1944 bis 1947 am St.-Annen-Museum in Lübeck. 1947 wurde Paul Wember Direktor des Kaiser-Wilhelm-Museums in Krefeld, das er bis 1975 leitete. 1952 stellte Wember im Innenhof des Museums den für die Industrieausstellung Rhein-Maas entstandenen und in den Besitz der Stadt Krefeld übergegangenen Brunnen von Joseph Beuys aus dem Jahr 1952 aus.[1]
1955 stellte Ulrich Lange sein 1928 bis 1930 von Ludwig Mies van der Rohe erbautes Elternhaus der Stadt Krefeld für zehn Jahre als Ausstellungsort für zeitgenössische Kunst zur Verfügung. Unter der Leitung Wembers wurde das Haus Lange zu einem der führenden Ausstellungsorte avantgardistischer Kunst. 1968 schenkte Ulrich Lange das Haus der Stadt Krefeld unter der Auflage, darin 100 Jahre zeitgenössische Kunst auszustellen.
1964 nahm das Kaiser-Wilhelm-Museum mit der Ausstellung Heutige Kunst in Museen an der Biennale in Venedig teil. Mit einem minimalen Ankaufsetat war das Krefelder Museum nicht in der Lage, wie die großen Häuser in die klassische Moderne zu investieren. Wember kaufte daher unbekannte Gegenwartskunst, unter anderem Werke von Yves Klein, Tàpies und Beuys, 1959 zum Beispiel ein erstes Bild von Yves Klein für 500.- DM[2] oder zwei Bilder von Piero Manzoni für 200 DM.[3] Wember nutzte für Ausstellungen und Ankäufe vielfältige Kontakte zu Galeristen wie Michael Hertz, Alfred Schmela, Rolf Ricke, Rudolf Zwirner und Conny Fischer.
Parallel dazu war es ein Anliegen Wembers, immer wieder regionale Künstler des Niederrheins durch Museums-Ausstellungen zu fördern. Aufgrund des erheblichen Wertzuwachs, den die Museums-Ankäufe Wembers im Laufe der Jahrzehnte erfuhren, resümierte der langjährige Stadtrat und NRW-Landtagsabgeordnete Eugen Gerritz 2013: „Wie keiner vor ihm und nach ihm hat Paul Wember das Vermögen dieser Stadt (Krefeld) vermehrt.“[4]
Wembers Kunstpolitik war in den Jahren von 1950 bis 1970 umstritten. Sowohl in Ausschüssen der Stadt als auch in der Bevölkerung war er Anfeindungen ausgesetzt, konnte sich aber auf die Loyalität des damaligen Kulturdezernenten der Stadt, Kurt Honnen, stützen.[5][6] Die Atmosphäre änderte sich erst mit einer verstärkt einsetzenden überregionalen und internationalen Anerkennung: Hans Strelow nannte schließlich Wember 1968 in der Zeit den führenden Museumsmann für die Avantgarde. Mit Beginn der 1970er-Jahre – die Stadt war zu einer Metropole zeitgenössischer Kunst geworden – wurde die Leistung von Paul Wember auch in Krefeld mehr anerkannt. In Anerkennung seines Wirkens wurde das Kaiser Wilhelm Museum auch als Kaiser Wember Museum bezeichnet.[7]
Ab 1968 wurde Wember Berater des Sammler-Ehepaars Helga und Walter Lauffs und baute mit ihnen eine umfangreiche Sammlung zeitgenössischer Kunst auf.[8] Mit ihren insgesamt 500 teils im Museumsdepot verwahrten Werken von etwa 100 wichtigen Künstlern des 20. Jahrhunderts und einem Schätzwert von 400 Millionen Euro gehörte die Kollektion zu den größten deutschen Privatsammlungen an Gegenwartskunst. Sie enthielt unter anderem Werke der frühen Pop-Art, der Konzept- und Minimalkunst. Die erworbenen Kunstwerke verblieben für etwa vier Jahrzehnte in der Sammlung des Museums, wurden allerdings 20 Jahre nach Wembers Tod im Jahr 2008 aufgrund von Differenzen zwischen Sammler und Museum abgezogen und zu erheblichen Teilen bei Sotheby’s in New York versteigert.[9]
Vieles aus Wembers Direktorentätigkeit wurde erst im Rückblick deutlich. So wurde 2013 nachgewiesen, dass Wember der erste war, der in Deutschland Miro, Klein, Christo und Tinguely in einem Museum ausstellte.[10][11] Trotz einer persönlichen Freundschaft mit Joseph Beuys gehörte eine Beuys-Ausstellung – zum Bedauern Wembers – nicht in diese Reihe von Museums-Erstausstellungen. Aufgrund von Umbauarbeiten sowohl des Kaiser-Wilhelm-Museums als auch des Museums Haus Lange war dies nicht möglich, und so war es Johannes Cladders, von 1957 bis 1967 Assistent Wembers in Krefeld, der 1967 in Mönchengladbach die erste Beuys-Ausstellung in einem Museum veranstaltete.[12] Heinz Mack: „Wember war (…) der erste und einzige (…) Museumsdirektor in ganz Deutschland und weit und breit in Europa, der überhaupt Yves Klein, Tinguely und wie sie da alle sind, ausgestellt hat, und man muss sich das vergegenwärtigen: Die einzige Ausstellung, die Klein zu Lebzeiten hatte, war die von Paul Wember in Krefeld.“[13]
Am 30. September 1975 trat Paul Wember aus gesundheitlichen Gründen (er litt an den Folgen einer schweren Kriegsverletzung) in den Ruhestand. Nach Willem Sandberg (Stedelijk Museum, Amsterdam), Alfred Barr (Museum of Modern Art, New York) und Arnold Bode (Mitbegründer der documenta, Kassel) erhielt Paul Wember 1976 den Preis des Deutschen Kunsthandels in Düsseldorf.
2013 machten Gisela Fiedler-Bender und sein Sohn Bernward Wember erstmals den beträchtlichen Anteil von Tomma Wember an der Direktorentätigkeit von Paul Wember öffentlich.[14][15]
Sylvia Martin, Sabine Röder (Hrsg.): Paul Wember und das hyperaktive Museum. Verlag für moderne Kunst. Nürnberg 2013, ISBN 978-3-86984-421-3.
Kunst und Krefeld e. V. (Hrsg.): Paul Wember. Erinnerungen zum 100. Geburtstag. Krefeld 2013, ISBN 978-3-9811973-3-4.
Magdalena Broska: Paris-Krefeld (1947–1964). Ein Forschungsprojekt der Adolf-Luther-Stiftung, Krefeld, Band I. Pagina, Goch 2013, ISBN 978-3-944146-03-4.
↑Götz Adriani, Winfried Konnertz, Karin Thomas: Joseph Beuys. DuMont, Köln 1994, S. 28.
↑Gisela Fiedler-Bender: Paul Wember zum 100. Geburtstag. In: Kunst und Krefeld e. V. (Hrsg.): Paul Wember. Erinnerungen zum 100. Geburtstag. Krefeld 2013, S. 25.
↑Heinz Mack mit Magdalena Broska im Gespräch. Dezember 2008. In: Kunst und Krefeld e. V. (Hrsg.): Paul Wember zum 100. Geburtstag. Krefeld 2013, S. 55f.
↑Eugen Gerritz: Nachhilfestunden. In: Kunst und Krefeld e. V. (Hrsg.): Paul Wember Erinnerungen zum 100. Geburtstag. Krefeld 2013, S. 32.
↑Gisela Fiedler-Bender: Paul Wember zum 100. Geburtstag. In: Kunst und Krefeld e. V. (Hrsg.): Paul Wember. Erinnerungen zum 100. Geburtstag. Krefeld 2013.
↑Ewald Rathke: Das „Kaiser Wember Museum“ zur Erweiterung und Wiedereröffnung des Krefelder „Kaiser Wilhelm-Museums“. In: Artis. 21.1969(1989),8, p. 16–18
↑The Helga and Walther Lauffs Collection. 2 Vols. Verlag Steidl, 2011, ISBN 978-3-86930-088-7. (deutsch, englisch)
↑Gisela Fiedler-Bender: Paul Wember zum 100. Geburtstag. In: Kunst und Krefeld e. V. (Hrsg.): Paul Wember. Erinnerungen zum 100. Geburtstag. Krefeld 2013, S. 30.
↑Heinz Mack mit Magdalena Broska im Gespräch. Dezember 2008. In: Kunst und Krefeld e. V. (Hrsg.): Paul Wember zum 100. Geburtstag. Krefeld 2013, S. 56.
↑Gisela Fiedler-Bender: Paul Wember zum 100. Geburtstag. In: Kunst und Krefeld e. V. (Hrsg.): Paul Wember. Erinnerungen zum 100. Geburtstag. Krefeld 2013.
↑Bernward Wember: Paul und Tomma Wember. Das Museums-Direktoren-Ehepaar. In: Sylvia Martin, Sabine Röder (Hrsg.): Paul Wember und das hyperaktive Museum. Verlag für moderne Kunst. Nürnberg 2013.