PaporaDie Papora (chinesisch: 巴布拉族 Bābùlā zú, auch 拍瀑拉族 Pāipùlā zú) sind ein taiwanisches Ureinwohnervolk. Gemäß ihrem ursprünglichen Siedlungsgebiet in der westtaiwanischen Ebene werden sie zu den Pingpu-Völkern („Völkern der Ebenen“) gezählt. Die meisten Papora leben heute im zentraltaiwanischen Puli (Nantou). Sie zählen nicht zu den offiziell anerkannten Ureinwohnervölkern der Republik China (Taiwan), haben diesen Status jedoch im Jahr 2024 beantragt. GeschichteDie Papora siedelten ursprünglich im Gebiet der heutigen Stadt Taichung, in der westtaiwanischen Qingshui-Ebene (清水平原) entlang der Küste der Taiwanstraße. Die ersten Aufzeichnungen über sie stammen aus der Zeit der niederländischen Kolonisation Taiwans. Gemeinsam mit den Völkern der Babuza, Pazeh und Hoanya gehörten die Papora zu einem Stammesbund, der in den niederländischen Quellen als Königreich Middag bezeichnet wurde. Die Stämme gerieten Mitte des 17. Jahrhunderts unter niederländische Kontrolle, dennoch bestand das Königreich Middag bis Anfang des 18. Jahrhunderts fort. Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es zu Konflikten zwischen den Ureinwohnern und den in immer größerer Zahl einwandernden chinesischen Siedlern. Die Spannungen entluden sich zwischen 1731 und 1732 in einem Aufstand der Papora und der mit ihnen verbündeten Völker gegen die Qing-Herrschaft, der mit der Niederwerfung und Dezimierung der indigenen Völker endete.[1] Im folgenden Jahrhundert wurden die Papora weitgehend verdrängt oder sinisiert. Anfang des 19. Jahrhunderts zogen die meisten verbliebenen Papora wie auch andere Völker der Ebene ins zentraltaiwanische Puli im heutigen Landkreis Nantou, wo ihre Nachkommen bis heute leben. Im ehemaligen Siedlungsgebiet befindet sich nur noch in Shalu (Taichung) eine kleine Papora-Gemeinschaft. Die Zahl der Angehörigen des Volks ist infolge des Fehlens jeglicher demographischen Aufzeichnungen schwer zu schätzen, zumal sich viele Nachkommen ihrer Wurzeln nicht mehr bewusst sind. Die Stiftung für die Kultur der Ureinwohner (原住民族文化事業基金會) schätzte die Zahl der Papora im Jahr 2016 auf ungefähr 300.[2] KulturDie Papora lebten traditionell von Jagd und Ackerbau (Reis, Rispenhirse, Süßkartoffeln, Taro). Ihre traditionelle Religion besteht aus der Verehrung der Ahnen. Am zweiten Tag des achten Monats nach dem Lunarkalender wird das Ahnenfest gefeiert, das von einem Wettlauf lediger junger Männer mit klingenden Schellen an den Armen begleitet wird. Weitere bedeutende Feste sind das Jahreswechselfest im zweiten sowie das Erntefest im siebten Mondmonat.[3][4] Ein zentrales Heiligtum der Papora ist der Pushan-Tempel (普善寺 Pushan Si) in Shalu, in dessen Erdgeschoss sich ein Altar für die Ahnen befindet, während im Obergeschoss die chinesischen Gottheiten Guanyin und Xuantian Dadi verehrt werden. Das Heiligtum befindet sich in der Nähe historischer Grabstätten des Volkes und gilt als einziger verbliebener Pingpu-Tempel in Küstennähe.[4] Wie viele taiwanische Ureinwohner pflegten sich auch die Papora zu tätowieren. Die Papora- oder Papora-Hoanya-Sprache ist heute ausgestorben. Wie alle Formosa-Sprachen war sie austronesischen Ursprungs.[5] Teile des Wortschatzes sind überliefert und Gegenstand linguistischer Forschungen.[6] Die Angehörigen des Volks sprechen heute die dominierenden Sprachen der Mehrheitsgesellschaft, Taiwanisch und Chinesisch. GegenwartSeit Anfang des Jahrtausends bemühen sich die Papora um die Rekonstruktion und Wiederbelebung ihrer Kultur. Im Jahr 2004 gründeten sie zu diesem Zweck die Shalu-Vereinigung zur Kulturförderung (沙鹿文化促進會 Shalu Wenhua Cujinhui). Diese sammelte Informationen zu verschiedenen Aspekten der traditionellen Papora-Kultur, wie etwa Liedern, Handwerk, Trachten, Riten oder oraler Überlieferung. Am 6. Oktober 2024 beantragten die Papora beim Council of Indigenous Peoples (原住民族委員會) der taiwanischen Regierung (Exekutiv-Yuan) ihre offizielle Anerkennung als indigenes Volk Taiwans. Eine Entscheidung der Behörden könnte binnen eines Jahres erfolgen.[4][7] Die prominenteste Taiwanerin mit Papora-Wurzeln ist die Popsängerin Jolin Tsai, die eine Papora-Großmutter hat. Literatur
WeblinksEinzelnachweise
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