Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die ungarische Filmproduktion 1948 verstaatlicht – es entstand die Magyar Filmgyártó Nemzeti Vállalat, kurz Mafilm, in Budapest. Dort arbeitete auch eine Gruppe rund um Gyula Macskássy, Tibor Csermák, Attila Dargay und István Imre, die Zeichentrickfilme herstellten. Bis 1951 entstand unter der Regie von Macskássy der ersten Film in Farbe (A Kiskakas gyémánt félkrajcárja), er wurde daraufhin zum Direktor der Zeichentrick-Abteilung ernannt. Nach dem ungarischen Volksaufstand 1956 wurde die Abteilung aus Mafilm herausgelöst und unter Macskássys Leitung als Pannonia Filmstudio unabhängig.[1] Der Name des Studios leitet sich von der Landschaft Pannonien ab.
Anfang der 1960er-Jahre wurden einige Kurzfilme des Studios zum ersten Mal international ausgezeichnet. Mit der Serie Arthur der Engel setzte Pannonia erstmals im Auftrag eines amerikanischen Unternehmens eine Fernsehserie um. Nach dieser Erfahrung und mit dem so erwirtschafteten Geld wurden dann die eigenen Serien Peti und Gusztáv produziert.[2] In den 1960er-Jahren entwickelten die Mitarbeitenden bei Pannonia zunehmend Stoffe für ein erwachsenes Publikum, trotzdem entstanden auch weiter Kinderserien.[3] 1971 entstand in Kecskemét eine Zweigstelle von Pannonia, geleitet von Ferenc Mikulás.[4]
Seit 1970 war Pannonia in der Lage, auch animierte Langfilme herzustellen. Nach drei Jahren in der Produktion kam 1973 der unter der Regie von Marcell Jankovics entstandene Film Held János(János vitéz) in die ungarischen Kinos. Die Handlung basiert auf einem Epos des Dichters Sándor Petőfi. Der 1976 veröffentlichte Film Lúdas Matyi gilt als beispielhafte Verkörperung der ungarischen Animationsindustrie.[3] Die Nacherzählung der Sage von Lúdas Matyi lockte 20 % der ungarischen Bevölkerung ins Kino und gilt somit als erfolgreichster ungarischer Kinofilm. Regie führte Dargay Attila.[2] 1979 folgte das Avantgardistische Zeichentrick-MusicalHabfürdö von György Kovásznai.[4]
Ebenfalls sehr erfolgreich war der Kinofilm Vuk von 1981.[2] In dieser Zeit galt Pannonia neben den Walt Disney Studios, Hanna-Barbera, Sojusmultfilm und Toei als eines der größten Animationsstudios der Welt.[4] Bei der Oscarverleihung 1981 gewann der Kurzfilm A légy von Ferenc Rófusz als erste ungarische Produktion überhaupt einen Oscar. Bis 1991 entstanden bei Pannonia insgesamt 25 abendfüllende Animationsfilme,[4] sowie zahlreiche weitere Zeichentrickserien und Filme, unter anderem auch für das ungarische und deutsche Fernsehen, so auch die Serie Meister Eder und sein Pumuckl, für die von 1978 bis 1991 die Pumucklfigur unter der Leitung von Béla Ternovszky gezeichnet wurde.
Nach der Änderung des politischen Systems 1990 in Ungarn verlor das Pannonia Filmstudio seine Monopolstellung in der ungarischen Zeichentrickproduktion weitgehend, und der staatliche Rundfunk stellte die Finanzierung der Zeichentrickproduktion ein. Das Studio wurde in verschiedene Gesellschaften aufgespalten, bis 2004 wurden noch einige Zeichentrickfilme produziert.[5] Heute sind am Firmengelände, dessen Hauptgebäude 2018 renoviert wurde, verschiedene Unternehmen angesiedelt, die Dienstleistungen im Bereich Video, Film und Foto, Postproduction, Special Effects sowie Soundtrack-Recording und Tonschnitt anbieten.[6]
Produktionen (Auswahl)
Kurzfilme
A Kiskakas gyémánt félkrajcárja – Gyula Macskássy, 1951
Ceruza es radír – Gyula Macskássy, György Várnai, 1960
Párbaj – Gyula Macskássy, 1960
A pirospöttyös labda – Tibor Csermák, 1961
A Nap és a Hold elrablása – Sándor Reisenbüchler, 1968
A három nyúl (Die 3 Kaninchen) – Attila Dargay, 1972
Vili, a veréb (Willi, der Spatz) – Jószef Gémes, 1989
Sárkány és papucs – Tibor Hernádi, 1989
A hercegnö és a kobold/The Princess and the Goblin (Prinzessin Aline und die Groblins) – József Gémes, 1991 (britisch-ungarisch-japanische Koproduktion)
A hetedik testvér – Jenő Koltai, Tibor Hernádi, 1995
Vacak 2 – az erdő hőse – Jenő Koltai, József Gémes, 1997
Ének a csodaszarvasról – Marcell Jankovics, 2001
The Princess and The Pea (Die Prinzessin auf der Erbse) – Mark Swan, 2002 (amerikanisch-ungarische Koproduktion)
↑ abcGuido Weißhahn: Attila Dargay, der ungarische Trickfilm – und eine Menge Comics. In: mosa-icke. Nr.5, Mai 2003, S.24 (ddrcomics.de [PDF; abgerufen am 5. Juli 2020]).
↑ abHans und Christel Strobel: Der Kinderfilm in Ungarn. In: Kinderkino München e. V. (Hrsg.): Sonderdruck der Kinder-Jugendfilm Korrespondenz. 1988, ISSN0175-0933 (kjk-muenchen.de [PDF; abgerufen am 6. Juli 2020]).