Das altmärkische Orpensdorf, ein kurzes Angerdorf mit Kirche, das durch Gutsbildung deformiert wurde,[1] liegt 10 Kilometer westsüdwestlich von Osterburg am Schmersauer Graben, der nach Norden in die Biese strömt.[4]
Geschichte
Mittelalter bis Neuzeit
Im Jahre 1345 wurde Orpensdorf urkundlich als villa ermenstorph erwähnt.[1][5] Im Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 wird das Dorf als Orbenstorpp aufgeführt. Er gab 12 Höfe.[6] Weitere Nennungen sind 1517 Orpenstorff, 1687 Orpenstorff[1] und 1804 heißt es Gut und Dorf Orpensdorf.[7]
Gut
Das Gut gehörte von vor 1345 bis 1694 der Familie von Rönnebeck, 1694 bis 1721 dem Hof- und Grenzrat Berndis.[1]
Seine Blüte erlebte das Gut in Orpensdorf Anfang des 18. Jahrhunderts, was nicht zuletzt den Meliorationsbemühungen des damaligen Gutsherrn, Kriegs- und Domänenrat Gustav Falcke (1693–1743), zuzuschreiben war, der es 1721 übernommen hatte. Dabei ging es insbesondere um die Trockenlegung der alljährlich überschwemmten Landstriche an der Elbe, die der preußische Architekt, Baubeamte und Wasserbauexperte Friedrich Wilhelm Diterichs (1702–1782) in seinem Auftrag ins Werk setzte.[8] Zu Falckes Gutsbesitz gehörten neben Orpensdorf die benachbarten Ortschaften Flessau, Schmersau, Wollenrade sowie Teile von Rönnebeck. Der Gutsherr bekleidete außerdem die Stellung als Obergerichtsrat am Altmärkischen Obergericht in Stendal.
Nach dem Tod Falckes heiratete Diterichs, den schon zu Lebzeiten Falckes gute persönliche Beziehungen mit der Familie verbanden, im Jahr 1744 dessen Witwe Anna Katharina (1702–1767). Der Verstorbene hatte zusammen mit seiner Ehefrau in einem „gegenseitigen Testament“ neben anderen Zuwendungen Geld für den Bau einer Kirche in Orpensdorf nach beider Ableben gestiftet. Diterichs nahm als Nachfolger des Gutsherrn jedoch bereits 1747 den an Stelle der einsturzgefährdeten alten Kirche geplanten Neubau in Angriff und führte ihn innerhalb weniger Monate zu Ende.[8] In zweiter Ehe heiratete Diterichs 1769 Catharina Dorothea Hedwig Louise von Barsewisch (1747/48–1805), die in zweiter Ehe 1789 Ludwig Franz Philipp von Kleist (1748–1809) heiratete.[1][8] Er heiratete 1806 Dorothea Johanna Friederike von Barsewisch (1784–1855), die in zweiter Ehe Friedrich von Lüderitz ehelichte.[9] Sie erscheint in einer örtlichen Sage.[10]
In den 1930er Jahren konnte Robert Salomon das hoch verschuldete Gut in Orpensdorf auf Rentenbasis erwerben. Die Familie wurde 1945 im Zuge der Bodenreform enteignet. Die Familie konnte das frühere Rittergut ab 1991 schrittweise zurückkaufen. Seit 1992 wird es von der Familie als Landwirtschaftsbetrieb geführt.[11]
An der Straße nach Schmersau standen noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts zwei Windmühlen.[12]
Am 17. Oktober 1928 wurde der Gutsbezirk Orpensdorf mit der Landgemeinde Orpensdorf vereinigt.[13]
Am 1. April 1939 erfolgte der Zusammenschluss der Gemeinden Orpensdorf und Schmersau zu einer Gemeinde mit dem Namen Schmersau.[14] Die Gemeinde Schmersau wurde am 1. Februar 1974 aufgelöst und in die Gemeinde Gladigau eingemeindet.[15] So gehörte der Ortsteil Orpensdorf erst zu Schmersau, dann zur ehemals selbstständigen Gemeinde Gladigau und ist nach der Umsetzung des Gebietsänderungsvertrages vom 1. Juli 2009 ein Ortsteil der neuen Hansestadt Osterburg (Altmark).
Die ältesten überlieferten Kirchenbücher für Orpensdorf stammen aus dem Jahre 1804.[24] Ältere Einträge sind in den Büchern von Schmersau zu finden, die 1642 beginnen.
Der Kirchenbau entstand am westlichen Ende des Dorfes in unmittelbarer Nähe des Gutskomplexes mit dem Gutshaus. Er ähnelt als späteste der von Friedrich Wilhelm Diterichs erbauten Kirchen in vielem der Schlosskirche Buch in Berlin, ist jedoch aufgrund der begrenzten Geldmittel sehr viel schlichter gehalten.
An den Hauptraum der evangelischen Kirche mit ihrem achteckigen Grundriss schließen sich in Ost-West-Richtung gleich lange Gruft- und Turmbauten an, sodass äußerlich der Eindruck einer Langhausanlage entsteht. An dem unter Verwendung klassischer strengerer Architekturformen konsequent durchgestalteten Bauwerk hat Diterichs als Architekt des Barock erkennbar den Weg zum Stil des preußischen Rokoko gefunden, dem er über Jahrzehnte treu blieb.
Diterichs starb 1782 in Orpensdorf und wurde in dem Gewölbe seiner Guts- und Patronatskirche beigesetzt.
Sagen aus Orpensdorf
Frau von Kleist zu Orpensdorf
Dorothea Johanna Friederike von Kleist, geborene von Barsewisch, später verheiratet mit einem Herrn von Lüderitz lebt im Volksmund fort als Frau von Kleist, die nachts im alten Gutsgebäude umgeht. Wer ihr begegnet ist, will bemerkt haben, das sie ein langes weißes Gewand an hat und ohne Kopf einhergeht, so berichtete Alfred Pohlmann im Jahre 1901. Er meint, dass die spukende weiße Frau die Göttin Freya darstellt.[10]
Kopfloses Lamm im Schloss
Im Schloss des Rittergutes spukt ein kopfloses weißes Lamm, dass den Bewohnern des Schlosses öfters zur nächtlichen Stunde zu Gesicht gekommen ist. Es folgt den Schlossgesessenen wie ein Hund auf dem Fuße und tut niemandem etwas zu Leide.[25]
Rolf-Herbert Krüger: Friedrich Wilhelm Diterichs. Potsdamer Verlagsbuchhandlung, 1994, ISBN 3-910196-11-X.
Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S.1596–1599, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC614308966, S.186 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC1071081004, S.379, 104. Orpensdorf (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑ abcdefghi
Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S.1596–1599, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
↑ abc
Nico Maß: Zurück im Minus. In: Osterburger Volksstimme, Biese-Aland-Kurier. 18. Januar 2024, DNB1047269554, S.13.
↑ abcWilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC614308966, S.187 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
↑ ab
So viele Einwohner zählen die einzelnen Orte. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Osterburg. 12. Januar 2013 (volksstimme.de [abgerufen am 11. April 2020]).
↑
Yulian Ide: Hurra! Wir wachsen wieder! In: Stendaler Volksstimme, Biese-Aland-Kurier. 21. Januar 2023, DNB1047269554, S.19–20.
↑
Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen der Grafschaften Wernigerode, Rossla und Stolberg. 19. Jahrgang, 1903, ZDB-ID 551010-7, S.88 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
↑
Ernst Machholz: Die Kirchenbücher der evangelischen Kirchen in der Provinz Sachsen. In: Mitteilungen der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte. 30. Heft, 1925, ZDB-ID 504809-6, S.12 (genealogy.net [Volltext und Scan]).