Es gab hier in Berlin zwar mehrere Sprünge, die deutlich über dem bestehenden olympischen Rekord lagen – unter anderem übertraf Olympiasieger Jesse Owens mit seinem letzten Sprung auf 8,06 m sogar die acht-Meter-Marke. Alle diese Sprünge wurden jedoch von zu starkem Wind unterstützt und konnten deshalb nicht in Rekord- oder Bestenlisten aufgenommen werden. Somit hatte der bestehende olympische Rekord von 1924 weiter Bestand bis zu den Olympischen Spielen 1948. Erst 1960 in Rom übertraf der Olympiasieger Ralph Boston mit 8,12 m dann erstmals bei einem olympischen Wettkampf die Siegerweite von 1936.
Allerdings ist in vielen bekannten Veröffentlichungen zu den nachfolgenden Spielen Jesse Owens Weite von 8,06 m trotz des zu starken Rückenwinds als vorgebliche olympische Rekordweite aufgeführt.[3][4] In den offiziellen Ergebnis- und Rekordlisten des IOC für die Spiele 1948 bis 1960 sind die Weiten von 1936 nicht aufgeführt.[2][5][6][7]
Durchführung des Wettbewerbs
Die Athleten begannen mit einer Qualifikationsrunde. Um sich für Halbfinale zu qualifizieren, mussten die Springer mindestens 7,15 m schaffen, was sechzehn Teilnehmern – hellblau unterlegt – gelang. Im Halbfinale hatte jeder Wettbewerber drei Versuche. Die besten sechs Athleten – wiederum hellblau unterlegt – kamen ins Finale. Dabei ging das Resultat der Vorentscheidung mit in das Endresultat ein. Alle drei Teilwettkämpfe fanden am 4. August statt.
Anmerkung:
Die Reihenfolgen und Weiten der Versuchsserien in der Qualifikationsrunde sind nicht bekannt.
Qualifikation
Masao Harada (links) – ausgeschieden in der Qualifikation
François Mersch (Zweiter von rechts) – ausgeschieden in der Qualifikation
4. August 1936, 10:30 Uhr
Wetterbedingungen: leicht bedeckt, 18 °C, Windgeschwindigkeit ca. 3,3 m/s, Rückenwind.[8]
Die Siegerehrung im Weitsprung (v. l. n. r.) Tajima Naoto, Jesse Owens, Luz Long – links neben Naoto: der Vorsitzende des OK Theodor Lewald
Der Weitsprung gehörte zu den herausragenden Wettbewerben dieser Spiele. Weltrekordhalter Jesse Owens war der Topfavorit auf den Olympiasieg. Der EM-Dritte von 1934 Luz Long trat zum ersten Mal gegen den 8-Meter-Springer Owens an. Die beiden Deutschen Luz Long und Europameister Wilhelm Leichum hatten sich mit ihrem jeweils ersten Sprung für das Halbfinale qualifiziert, während der haushohe Favorit Jesse Owens angeblich nur noch einen Versuch übrig hatte. Long soll ihm Mut zugesprochen haben und Owens soll es mühelos geschafft haben. Hier begann angeblich eine Sportfreundschaft, die allerdings unter den Vorzeichen des Nationalsozialismus in Deutschland Hindernisse bekommen haben soll. Diese Geschichte wurde später aber widerlegt und als von Owens selbst begründete Legende enttarnt. Tatsächlich schaffte auch dieser nämlich die Qualifikation mit dem ersten Sprung.[10] Das Halbfinale und Finale am Nachmittag entwickelten sich absolut hochklassig. Weltrekordler Owens ging gleich mit 7,74 m in Führung, Tajima Naoto war knapp dahinter Zweiter, dann folgte Long, der im nächsten Versuch mit Owens gleichzog. Aber der US-Amerikaner verbesserte sich auf 7,87 m. Auch Naoto schaffte im dritten Versuch 7,74 m und lag damit gleichauf mit Long. Die Durchgänge fünf und sechs brachten die Entscheidung. Long kam wie Owens auf 7,87 m, aber diesem gelang in Durchgang sechs mit 8,06 m der einzige acht-Meter-Sprung dieser Konkurrenz. All diese Weiten waren äußerst hochklassig, konnten jedoch wegen zu starker Rückenwinde nicht offiziell in den Bestenlisten gewertet werden. Zwischen Long und Owens soll während des Wettkampfs immer wieder ein Austausch stattgefunden haben, was dem Deutschen anschließend herbe Kritik des nationalsozialistischen Regimes in Deutschland eingebracht haben soll.[11][12] Allerdings wurde dies später ebenfalls widerlegt, und zwar durch Owens selbst.[10]
Jesse Owens gewann seine vierte Goldmedaille und war damit der erfolgreichste Teilnehmer der Spiele von 1936.
Owens’ Sieg war der neunte US-Sieg im zehnten olympischen Finale.
Von den bislang vergebenen dreißig Weitsprungmedaillen gewannen US-Athleten alleine neunzehn.
Olympiasieger Jesse Owens bei einem seiner Sprünge
Silbermedaillengewinner Luz Long
Der Bronzemedaillengewinner Tajima Naoto errang zwei Tage später mit dem ersten 16-Meter-Sprung der Leichtathletikgeschichte Gold im Dreisprung
Wilhelm Leichum, Europameister 1934 und 1938, belegte den geteilten Rang vier
Ekkehard zur Megede, Die Geschichte der olympischen Leichtathletik, Band 1: 1896–1936, Verlag Bartels & Wernitz KG, Berlin, 2. Auflage 1970, S. 290 bis 292