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Lage der Oberst-Herrmann-Kaserne in Schleswig-Holstein
Ab 20. April 1831 wurden erstmals Soldaten in Eutin mit der 2. Reservekompanie des 1. Oldenburgischen Linienregiments in Ausführung des Wehrgesetzes von 1821 stationiert. Zunächst handelte es sich um 29 Mann, die in Bürgerquartieren untergebracht wurden. Später wurden drei Sammellager eingerichtet. Schließlich erfolgte die Belegung eines Gebäudes in der Plöner Straße 19 als erste Kaserne Eutins mit einer Infanterieabteilung zwischen 1851 und 1867. Da ab 1. Oktober 1867 die militärische Ausbildung in anderenorts beheimateten preußischen Einheiten durchgeführt wurde, verlor Eutin das Militär. Die Bemühungen, wieder Garnison zu werden, führten zu einer Petition von 290 Bürgern, die in der Ratsversammlung am 6. März 1882 verhandelt wurde, sowie zu einer Eingabe an die großherzogliche Regierung am 24. Juli 1908. Am 22. Februar 1913 gründete sich ein „Komitee für die Bestrebungen zur Verlegung einer Garnison nach Eutin“, dessen Eingabe an den Großherzog am 7. März 1913 an das Kriegsministerium in Berlin weitergeleitet wurde. Angeboten wurden ein Schulhaus, ein Lagerhaus, ein ehemaliges Fabrikgebäude, ein Armenhaus und eine Villa für die Unterbringung eines Bataillons. Doch das Reichskriegsministerium forderte am 7. April 1913 nach Ortsterminen einen Bauplatz für die Neuerrichtung einer Kaserne. Am 26. Juni 1913 gab die Regierung ihre Zustimmung und schloss am 25. August 1913 einen Vertrag mit der Stadt zur Unterbringung des III. Bataillon (1913) des Infanterie-Regiments „Lübeck“ (3. Hanseatisches) Nr. 162 sowie Bereitstellung von 3,5 Hektar Fläche für Kasernenbauten, 0,5 Hektar für ein Garnison-Lazarett, 0,25 Hektar für eine Militärbadeanstalt, 50 Hektar für einen Exerzierplatz und 2 Hektar für Schießstände.[2][3][4][5]
Bau, Erster Weltkrieg und Weimarer Republik
Am 1. Oktober 1913 zog das III./Infanterieregiment 162 in Eutin ein und belegte Ausweichquartiere. Der Kasernenneubau an der Oldenburger Landstraße startete noch im selben Jahr. Doch durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs verlegte das Bataillon im August 1914 an die Front und konnte nicht mehr die Kaserne, die 1915 fertiggestellt wurde, beziehen.[3]
Am 4. Oktober 1915 wurde die Kaserne stattdessen Standort einer Militär-Vorbereitungsanstalt, die bis 1916 hier verblieb. Es folgte ein Landsturmbataillon. Ende 1917 kamen 500 belgische, französische und englische Gefangene in die Anlage.[6]
Nach dem Ersten Weltkrieg war hier zuerst das Freiwilligen-Bataillon (162) stationiert, welches ab März 1919 Otto Dziobek kommandierte. Auf Anregung von MajorKarl von Rettberg verfasste dieser die Geschichte des Infanterie-Regiments Lübeck (3. Hanseatisches) Nr. 162 zu deren 25. Stiftungstag.
Mit Bildung des Übergangsheeres wurde im Oktober 1919 das II. Bataillon des Hamburger Reichswehr-Schützenregiments 18 in Lübeck und Eutin stationiert. Im Mai 1920 entstand hieraus das II./Reichswehr-Infanterieregiment 17 des Übergangsheeres, das in Eutin und Lübeck beheimatet blieb. Mit Einnahme der endgültigen Struktur wurde hieraus das II./Infanterie-Regiment 6, das mit zwei Kompanien in Eutin lag.[7]
NS-Staat und Zweiter Weltkrieg
Zur Vorbereitung der Aufrüstung der Wehrmacht wuchsen die beiden in Eutin stationierten Kompanien (6. und 7.) des II./Infanterieregiment 6 ab 1. Oktober 1934 zu einem Bataillon auf. Es handelte sich dabei zunächst um das II./Infanterieregiment Neumünster, das jedoch zum 15. Oktober 1935 in Infanterieregiment 46 umbenannt wurde. Am 1. April 1937 erfolgte eine weitere Namensänderung zum I./Infanterieregiment 6. Vor Beginn des Zweiten Weltkriegs verlegte das Bataillon für den Überfall auf Polen mit der 30. Infanteriedivision nach Schlesien.[8][9][10][11]
Der NS-Staat erweiterte die Kaserne. Am 4. Dezember 1938 erhielt die Truppenunterkunft ihren Namen nach Oberst Karl von Rettberg.[12]
Am 1. April 1938 eröffnete in der Kaserne die Heeresunteroffizierschule für Infanterie Eutin. Sie unterbrach ihre Ausbildung im Oktober 1939. Ab Sommer 1941 nahm sie den Lehrbetrieb wieder auf. Sie bestand aus 4 Kompanien. Noch 1945 wurde die Einrichtung als „Bataillon Eutin“ dem Festungskommandanten von Schneidemühl unterstellt und gegen die heranrückenden sowjetischen Truppen eingesetzt.[13][14]
Britische Besatzung und zivile Zwischennutzung 1945–1961
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs richteten britische Truppen in der Kaserne (Eutin Barracks) die 14 Disbandment Control Unit ein, die der Überprüfung und Entlassung ehemaliger deutscher Wehrmachtssoldaten diente.[15]
Ab 1947 wurde in der Rettberg-Kaserne ein Lager für Displaced Persons eingerichtet[16], in dem etwa 130 Ausländer untergebracht waren. Darüber hinaus befanden sich in der Anlage 337 deutsche Flüchtlinge. Insgesamt wurden 161 Wohnungen geschaffen.[17]
Darüber hinaus folgte schrittweise eine zivile Nutzung des Areals: eine Berufsschule, das Arbeitsamt und das Zollamt wurden in der ehemaligen Kaserne untergebracht. Zudem hielten gewerbliche Nutzungen, etwa durch einen Omnibusbetrieb, durch eine Druckerei und eine Schuhmacherei sowie Lagerräume für Handelsunternehmen Einzug.[17][18]
Bundeswehr
Bereits kurz nach der Bildung des Amtes Blank bemühte sich der damalige Bürgermeister von Eutin um die Stationierung von Truppen und reiste am 24. April 1953 nach Bonn, um das Interesse der Stadt hieran zu bekunden. Am 28. September 1956 begehrte das Bundesverteidigungsministerium die Beräumung der alten Rettberg-Kaserne. Die Kosten für die Freimachung wurden im Dezember 1956 auf 13 Millionen DM und für erforderliche Neubauten auf 17 Millionen DM geschätzt. 1959 stand zwar bereits fest, dass das Aufklärungsbataillon 6 der 6. Panzergrenadierdivision nach Eutin ziehen würde. Die Sanierung und der Ausbau der Kasernenanlage dauerten jedoch noch an. Es wurden bis 1961 drei neue Unterkunftsgebäude, ein Sanitätsbereich, ein Heizwerk und ein Wirtschaftsgebäude errichtet. Am 11. April 1961 bezog das Bataillon die Garnison.[19][20]
Folgende Stäbe, Verbände, Einheiten und Dienststellen der Bundeswehr waren bzw. sind in der Kaserne stationiert:[21]
Einheit
Stationierung ab
Herkunft
Stationierung bis
Verbleib
Panzeraufklärungsbataillon 6
11. April 1961
verlegt nach Aufstellung zum 1. Oktober 1958 aus der am 1. Juni 1958 gebildeten Panzeraufklärungskompanie 6 in Lingen, Scharnhorst-Kaserne, und Zwischenstationierung am 6. April 1959 nach Boostedt, spätere Rantzau-Kaserne (mit Stab, 2. und 3. Kompanie), und Neumünster, Scholtz-Kaserne (1. Kompanie)
aus Regionale Sicherungs- und Unterstützungskompanie Holstein (Ergänzungstruppenteil 2)
heute
Am 17. November 1997 wurde ein Familienbetreuungszentrum für die Angehörigen der im Ausland stationierten Soldaten in der Kaserne eröffnet. Der Schießsimulator Hand- und Panzerabwehrwaffen wurde im September 1999 in Betrieb genommen. 2003 wurde die Sporthalle durch einen sanitären Anbau erweitert. 2008 folgte ein neues Wirtschaftsgebäude.[37]
30 Millionen Euro flossen Ende der 2010er Jahre in die Kasernenanlage, so etwa in die Errichtung eines neuen Unterkunftsgebäudes.[38]
Im August 2021 wurde die Kaserne auf Antrag von Heeresinspekteur Alfons Mais in Oberst-Herrmann-Kaserne umbenannt, da der bisherige Namensgeber Karl von Rettberg mit der Anordnung von Kriegsverbrechen in Belgien während des Ersten Weltkrieges in Verbindung gebracht wird. Auch der neue Name der Kaserne blieb in der Öffentlichkeit nicht ohne Kritik, da Oberst Werner Herrmann (1917–2002), ab 1961 erster Standortkommandeur in Eutin, zuvor Mitglied der HJ, SA und im Zweiten Weltkrieg Offizier der Wehrmacht war.[39]
↑Georg Tessin: Deutsche Verbände und Truppen 1918–1939. Bearbeitet auf Grund der Unterlagen des Bundesarchiv-Militärarchivs; herausgegeben mit Unterstützung des Bundesarchivs und des Arbeitskreises für Wehrforschung, Biblio Verlag, Osnabrück 1974, S. 165 f.
↑Georg Tessin: Formationsgeschichte der Wehrmacht 1933–1939. Stäbe und Truppenteiler des Heeres und der Luftwaffe. Harald Boldt Verlag, Boppard am Rhein 1959, S. 108 f. und 118 f.
↑Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Dritter Band, Die Landstreitkräfte 6–14, bearbeitet auf Grund der Unterlagen des Bundesarchivs-Militärarchiv, hrsg. mit Unterstützung des Bundesarchivs und des Arbeitskreises Wehrforschung, Verlag E. S. Mittler & Sohn GmbH, Frankfurt am Main o. J., S. 15
↑Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Fünfter Band, Die Landstreitkräfte 31–70, hrsg. vom Bundesarchiv-Militärarchiv mit Unterstützung des Arbeitskreises Wehrforschung, Verlag E. S. Mittler & Sohn GmbH, Frankfurt am Main o. J., S. 135
↑Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Sechzehnter Band, Verzeichnis der Friedensgarnisonen 1932–1939 und Stationierungen im Kriege 1939–1945, bearbeitet von Christian Zweng, Teil 2 Wehrkreise VII–XIII, Biblio Verlag, Osnabrück 1996, S. 184 f.
↑Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Vierzehnter Band, Die Landstreitkräfte: Namensverbände/Die Luftstreitkräfte (Fliegende Verbände)/Flakeinsatz im Reich 1943–1945, bearbeitet auf Grund der Unterlagen des Bundesarchivs-Militärarchiv, hrsg. mit Unterstützung des Bundesarchivs und des Arbeitskreises Wehrforschung, Biblio Verlag, Osnabrück 1972, S. 226 und 271
↑Panzeraufklärungsbataillon 6 „Holstein“ und Sparkassen-Kulturstiftung Ostholstein (Hrsg.): 50 Jahre Panzeraufklärungsbataillon 6. 1958 – 2008. Eutin, 2. Auflage 2008, S. 21–24
↑Aufklärungsbataillon 6 „Holstein“ (Hrsg.): Der Aufklärer. Mitteilungsblatt Kameradschaft Aufklärungsbataillon 6 „Holstein“ und seine Traditionsverbände. Jahresjubiläum 100 Jahre Rettberg-Kaserne 1913 – 2013. Jahrgang 50 Ausgabe Juni 2013, S. 32
Otto Rönnpag: Die Geschichte der Eutiner Garnison, Eutin 1993
Otto Dziobek: Geschichte des Infanterie-Regiments Lübeck (3. Hanseatisches) Nr. 162; Verlag Gerhard Stalling, 1922 Oldenburg i. D., Offizier-Verein ehem. 162er