Nowy Sącz [ˈnɔvɘ̟ˈsɔ̃ʈ͡ʂ] (deutsch: Neu Sandez oder älter Neu Sandec;ungarisch: Újszandec) ist eine Stadt in der polnischenWoiwodschaft Kleinpolen und hat etwa 84.000 Einwohner. Die Stadt liegt nördlich der Sandezer Beskiden(Beskid Sądecki) in einer Talweitung an der Mündung der Kamienica in den Dunajec auf 290 m Höhe über NN und ist ein regionales Industrie- und Dienstleistungszentrum.
Der Ort wurde im Jahre 1292 von König Wenzel II. von Böhmen angelegt, das Stadtrecht erhielt er im 14. Jahrhundert von Władysław I. Ellenlang.[2] Nach Kurt Lück stellten im 15. Jahrhundert deutsche Bewohner ca. 3/4 der Stadtbevölkerung.[3] Erst im Jahr 1469 wurde ein polnischer Priester in der Pfarrkirche eingesetzt.[2]
Besondere Privilegien, die von Kasimir dem Großen gewährt wurden, bewirkten einen raschen Aufstieg der Stadt. Der verheerende Brand von 1611, Epidemien und Kriege verursachten dann den Niedergang.
Ab 1772 gehörte die Stadt zum österreichischenKronlandGalizien und wurde dort zu einem wichtigen Verwaltungszentrum, von 1774 bis 1782 kurzzeitig Sitz eines Bezirksamts, wurde dann bis 1876 in ein Kreisamt umgewandelt und war dann bis zum Ende der österreichischen Herrschaft in Galizien (fiel 1918 an Polen) Sitz einer Bezirkshauptmannschaft. Im Zuge der Josephinischen Kolonisation wurden 235 deutsche Familien in der Umgebung von Nowy Sącz angesiedelt.[4] In die Stadt kamen auch Beamte und Handwerker aus dem deutschsprachigen Raum. 1800 wurde eine protestantische Gemeinde in der Franziskanerkirche organisiert. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Ort zu einem bedeutenden Zentrum des Chassidismus, hier wirkte Chaim Halberstam ab 1830 als Rabbiner.
Im Ersten Weltkrieg befand sich für kurze Zeit das Hauptkommando eines Teiles der Ostfront (Przemyśl) der verbündeten Truppen von Österreich-Ungarn und des Deutschen Reiches in Neu Sandez. Vor dem Zweiten Weltkrieg wohnten in Nowy Sącz 10.000 Juden, das war ein Drittel der Bevölkerung.[5] Im Juli 1941 wurden die jüdischen Einwohner ghettoisiert, in dem Ghetto lebten im August 1942 ungefähr 20.000 Juden, bevor sie in das Vernichtungslager Belzec deportiert wurden.
Die Stadt und ihre südöstliche Umgebung (siehe das Lemkenland) hatten lange Zeit einen bedeutenden ruthenischen bzw. ukrainischen (1928 wurde offiziell die Bezeichnung von ruthenisch auf ukrainisch geändert[6]) Bevölkerungsanteil, davon viele Lemken,[7] die aber auch zum großen Teil separate Identität entwickelten.[8] 1944 bis 1946 übersiedelten die ersten Lemken in die Ukrainische SSR (teils freiwillig, teils unter Druck). Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die verbliebenen Lemken bzw. Ukrainer im Rahmen der Aktion Weichsel in die anderen Teile Polens deportiert.
An der Spitze der Stadtverwaltung steht der Stadtpräsident. Von 2006 bis 2018 war dies Ryszard Nowak (PiS), der bei der turnusmäßigen Wahl im Oktober 2018 von seiner Partei nicht mehr aufgestellt wurde. Zu seinem Nachfolger wurde Ludomir Handzel gewählt, der mit seinem eigenen Wahlkomitee antrat und 2024 auch von der Koalicja Obywatelska unterstützt wurde. Die Wahl 2024 führte zu folgenden Ergebnis:[9]
Ludomir Handzel (Wahlkomitee „Nowy-Sącz-Koalition Ludomir Handzel“) 52,3 % der Stimmen
Ryszard Nowak (Wahlkomitee „Ryszard Nowak – Frühling 2024“) 18,4 % der Stimmen
Małgorzata Belska (Wahlkomitee „Małgorzata Belska, Lucjan Stępień – für ein neues Nowy Sącz“) 5,3 % der Stimmen
Jerzy Gwiżdż (Wahlkomitee Jerzy Gwiżdż „Selbstverwaltung für Nowy Sącz“) 3,4 % der Stimmen
Übrige 1,2 % der Stimmen
In der damit notwendig gewordenen Stichwahl konnte sich Handzel, der Zweitplatzierte des ersten Durchgangs, mit 58,4 % der Stimmen gegen die PiS-Kandidatin Mularczyk durchsetzten und neuer Stadtpräsident werden.
Stadtrat
Der Stadtrat umfasst 23 Mitglieder, die direkt gewählt werden. Die Wahl im April 2024 führte zu folgendem Ergebnis:[11]
Emanuel Ringelblum (1900–1944), polnisch-jüdischer Historiker, Politiker, Pädagoge und Publizist, verbrachte hier seine Jugend
Literatur
Nowy Sącz, in: Guy Miron (Hrsg.): The Yad Vashem encyclopedia of the ghettos during the Holocaust. Jerusalem : Yad Vashem, 2009, ISBN 978-965-308-345-5, S. 532–536
↑Witold Grzesik, Tomasz Traczyk, Bartłomiej Wadas: Beskid Niski od Komańczy do Wysowej. Sklep Podróżniczy, Warszawa 2012, ISBN 978-83-7136-087-9, S.391 (polnisch).