Neuendorf am Speck, ein Straßendorf mit Kirche, liegt 2½ Kilometer südwestlich von Groß Schwechten und 8 Kilometer nordwestlich von Stendal am Speckgraben, der südlich der Krepe in die Uchte mündet.[4]
Nachbarorte sind Schinne im Westen, Groß Schwechten im Nordosten, Peulingen im Südosten und Belkau im Südwesten.[4]
Geschichte
Mittelalter bis Neuzeit
Einige Autoren meinen, der Ort wäre kurz nach 568 durch die Sachsen gegründet worden und die erstmalige urkundliche Erwähnung erfolgte im Jahr 1212 unter dem Namen „Nyendorp“.[5][6]
Im Jahre 1270 wird der Ort als in niendorp[7] erwähnt. Die Markgrafen Johann II., Otto IV. und Konrad inkorporierten die Kirche in Neuendorf dem Kellermeisteramt des Stendaler Stiftes.[7] Im Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 wird das Dorf als Nyendorpp aufgeführt. An Rande steht ein Zusatz aus dem 17. Jahrhundert „Nyendorp, sonst am Speck genannt“.[8] Weitere Nennungen sind 1391 yn deme dorpe to Nyendorpe, dat dar lycht by puwelynghe, 1540 nyendorpe, nigendorphe mit dem Zusatz up den Speck, Neuendorff auffm Speck.[1]
Der Geschichtsschreiber Beckmann schrieb 1753: „Das Dorf haben sonst nach einiger muthmassung die Herren von Speck besessen und sollen von dem adlichen hoffe nocht überbleiblsele vorhanden sein. Diese mögen wohl auch dem Graben den Namen gegeben haben.“[9]Johann Ernst Fabri schrieb 1797 „Neuendorf am Speck (Fluß) oder Speck-Neuendorf, um es von dem am Damm zu unterscheiden, hat 24 Feuerstellen und eine Windmühle.“[10]
Im Jahre 2012 fand anlässlich der 800-Jahrfeier ein Festumzug statt, in dem Szenen aus der Dorfgeschichte nachgespielt wurden.[11]
Herkunft des Ortsnamens
Heinrich Sültmann meinte im Jahre 1932, die Namen 1270 niendorp, 1540 nvendorpe, nigendorphe mit dem Zusatz „up den Speck“, von althochdeutsch „spacho“ für „Rute, Zweig“, bezeichnen den an einem gefertigten Damm gelegenen Ort, der den zur Uchte fließenden Graben sicherte, der fälschlich „Speck“ genannt würde.[12][13]
Vorgeschichte
Funde aus spätrömischer Zeit in Neuendorf, keramische Gefäße, werden im Altmärkischem Museum in Stendal aufbewahrt.[14] Der Fund des thüringischen Bügelfibel-Paares aus dem 5. Jahrhundert aus Neuendorf ist offenbar Neuendorf am Speck zuzuordnen.[15] In archäologischer Literatur ist als Fundort „Neuendorf, Landkreis Stendal“ angegeben.
Ersterwähnung 1212
Der Historiker Peter P. Rohrlach schreibt:[1] „Nach den Angaben von Wilhelm Zahn wurde der Ort 1212 erstmals erwähnt.[16] Zum Jahre 1212 wird aber nur ein Albertus de Niendorp[17] erwähnt, auch zum Jahre 1215[18] genannt. Ob bei der Häufigkeit des Ortsnamens Neuendorf gerade Neuendorf am Speck gemeint ist, ist jedenfalls nicht sicher.“ Die Angabe „nyendorp“ bezieht sich bei Zahn nicht auf die Ersterwähnung, er gibt kein Jahr dazu an.
Am 25. Juli 1952 wurde die Gemeinde Neuendorf am Speck in den neuen Kreis Stendal umgegliedert. Am 1. Oktober 1973 wurde die Gemeinde Neuendorf am Speck in die Gemeinde Groß Schwechten eingemeindet.[19]
Mit der Eingemeindung von Groß Schwechten am 1. Januar 2010 nach Stendal kam der Ortsteil Neuendorf am Speck zur neu errichteten Ortschaft Groß Schwechten und als Ortsteil zur Hansestadt Stendal.[20]
Die evangelische Dorfkirche Neuendorf am Speck, ein Feldsteinbau, dessen Langhaus aus dem 12. Jahrhundert stammt, wurde später um einen Turm erweitert, der wegen Einsturzgefahr 1817 saniert wurde.[29]
Stichbogenförmige Fenster erhellen das Bauwerk, in ursprünglicher Form erhalten sind noch die drei Apsisfenster und das heute vermauerte Rundbogenportal an der Südseite. Im Turm ist ein querliegendes Tonnengewölbe aus Backstein eingezogen. Das Schiff ist flachgedeckt. Die Ausstattung stammt aus dem 19. Jahrhundert, der Orgelprospekt aus der Zeit um 1750, eine Glocke von 1363.[30]
Umgebung
Der Ortsfriedhof ist auf dem Kirchhof.
Auf dem Friedhof an der Kirche steht ein Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges, ein Relief mit pflügenden und betenden Bauern und eingelassener Namenstafel.[31]
Verkehr
Es verkehren Linienbusse und Rufbusse von stendalbus.[32]
Persönlichkeiten
In Neuendorf wurde der spätere Schuhfabrikant Wilhelm August Pape (1830–1914) geboren.
Sage – Wie der „Speckgraben“ zu seinem Namen kam
In einer Sagensammlung aus dem 20. Jahrhundert wurde diese Sage auf Platt übermittelt.[33]Eugen Gliege erzählte die Sage im Jahre 2006 nach.[34] Einst kam durch Neuendorf ein Handwerksbursche, der stahl einem Bauern eine mächtige Speckseite aus der Vorratskammer. Den Speck band er sich mit einem Strick um den Hals. Als er die Brücke im sogenannten Spring in Richtung Peulingen erreichte, setzte er sich auf das Brückengeländer, doch er bekam Öwergewicht und fiel trüggworts. Speck und Dieb fielen in den Graben. Der Dieb ertrank.
Literatur
Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S.1554–1557, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC614308966, S.108 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC1071081004, S.299, 64. Neuendorf am Speck (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑ abcdePeter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S.1554–1557, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
↑ abLeon Zeitz: Einwohnerzahl geht zurück. In: Stendaler Volksstimme, Der Altmärker. 16. Januar 2024, DNB1002381223, S.13.
↑
Hansestadt Stendal: Hauptsatzung der Hansestadt Stendal. Lesefassung vom Stand 2. März 2024. 2. März 2024 (stendal.de [PDF; abgerufen am 30. Juni 2024]).
↑Landkreis Stendal, Amt für Wirtschaftsförderung (Hrsg.): Kirchen in der Altmark. Ausflüge zu steinernen Zeugen der Geschichte. IV. Region Bismark, Kläden, Stendal, Mittlere Uchte, 1996, S.67–68.
↑ abHermann Krabbo: Regesten der Markgrafen von Brandenburg aus askanischem Hause. Hrsg.: Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. 1. Lieferung. Duncker & Humblot, Leipzig 1910, S.245, Nr. 988 (uni-potsdam.de).
↑Johannes Schultze: Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 (= Brandenburgische Landbücher. Band2). Kommissionsverlag von Gsellius, Berlin 1940, S.313–314.
↑Johann Christoph Becmann, Bernhard Ludwig Beckmann: Historische Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg. Fünfter Teil, I. Buch, II. Kapitel. Berlin 1753, Spalte 260 (uni-potsdam.de).
↑Doreen Schulze: Vom Speckdieb, Pastor Hillbrandt und dem Martin. In: Stendaler Volksstimme. 2. August 2012 (volksstimme.de [abgerufen am 4. März 2018]).
↑Friedrich Hoßfeld, Ernst Haetge: Der Kreis Stendal Land (= Die Kunstdenkmale der Provinz Sachsen. Band3). Hopfer, 1933, DNB362544441, S.145–146.
↑nach Friedrich Hoßfeld: Heinrich Sültmann: Die Ortsnamen im Kreise Stendal. In: Altmärkische Tageszeitung. Juli 1932, ZDB-ID 2511766-X, Beilage „Die Altmärkische Heimat“.
↑Rosemarie: Die Altmark in spätrömischer Zeit (= Siegfried Fröhlich [Hrsg.]: Veröffentlichungen des Landesamtes für Archäologie – Landesmuseum für Vorgeschichte – Sachsen-Anhalt. Band50). Halle (Saale) 1997, S.379, 48..
↑Uta Schäfer, Wolfgang Schwarz, Dietmar Ludwig: Städte - Dörfer - Friedhöfe. Archäologie in der Altmark. Band 2. Vom Hochmittelalter bis zur Neuzeit. Tracht, Macht, Geld. Hrsg.: Hartmut Bock (= Beiträge zur Kulturgeschichte der Altmark und ihrer Randgebiete. Band8). dr. ziehten verlag, Oschersleben 2002, ISBN 978-3-935358-36-1, S.209, 210.
↑ abcWilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC614308966, S.108 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
↑Hermann Krabbo: Regesten der Markgrafen von Brandenburg aus askanischem Hause. Hrsg.: Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. 1. Lieferung. Duncker & Humblot, Leipzig 1910, S.116, Nr. 550 (uni-potsdam.de).
↑Hermann Krabbo: Regesten der Markgrafen von Brandenburg aus askanischem Hause. Hrsg.: Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. 1. Lieferung. Duncker & Humblot, Leipzig 1910, S.117, Nr. 556 (uni-potsdam.de).
↑Landkreis Stendal: Vereinbarung über die Eingemeindung der Gemeinde Groß Schwechten in die Stadt Stendal. In: Amtsblatt für den Landkreis Stendal. 19. Jahrgang, Nr.20, 19. Oktober 2009, ZDB-ID 2665593-7, S.268–270 (landkreis-stendal.de [PDF; 1,4MB; abgerufen am 7. August 2020]).
↑ abBernd-Volker Brahms: Erstmals seit der Wende ein Plus. In: Stendaler Volksstimme. 13. Januar 2015, S.13.
↑ abDonald Lyco: Nach zehn Jahren wieder unter 40.000. In: Stendaler Volksstimme. 10. Januar 2020, S.13.
↑Donald Lyko: Und es werden immer weniger. In: Stendaler Volksstimme, Der Altmärker. 11. Januar 2022, DNB1002381223, S.13.
↑Yulian Ide: Hurra! Wir wachsen wieder! In: Stendaler Volksstimme, Biese-Aland-Kurier. 21. Januar 2023, DNB1047269554, S.19–20.
↑Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen der Grafschaften Wernigerode, Rossla und Stolberg. 19. Jahrgang, 1903, ZDB-ID 551010-7, S.112 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
↑Ernst Machholz: Die Kirchenbücher der evangelischen Kirchen in der Provinz Sachsen. In: Mitteilungen der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte. 30. Heft, 1925, ZDB-ID 504809-6, S.16 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
↑Thomas Hartwig: Alle Altmarkkirchen von A bis Z. Elbe-Havel-Verlag, Havelberg 2012, ISBN 978-3-9814039-5-4, S.341.
↑Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen Anhalt I. Regierungsbezirk Magdeburg. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2002, ISBN 3-422-03069-7, S. 655.
↑Martin Ehlies, Josef Beranek, Rudi Hartwig: Sagen aus der Altmark. 2. Sonderheft des Altmarkboten (= Deutsche Kulturbund [Hrsg.]: Der Altmarkbote). 1962, S.23–24, Wo de „Speckgraoben“ to sien´n Naomen kaomen hät.