Neturei Karta![]() Neturei Karta (aramäisch נטורי קרתא, deutsch Wächter der Stadt, d. h. Jerusalems) ist eine 1938 entstandene ultraorthodoxe jüdische Abspaltung der Agudat Jisra’el. Neturei Karta lehnt den Zionismus und den Staat Israel aus dem Glauben vehement ab, dass Juden erst bei einer Ankunft des Messias einen neuen jüdischen Staat gründen dürften und nahm an der weltweit umstrittenen Holocaust-Konferenz im Iran 2006 teil.[1][2][3] EtymologieUrsprünglich wurde die Organisation als Chevrat HaChayim (Gesellschaft des Lebens) bezeichnet; dieser Name wurde jedoch schnell zugunsten des Namens Neturei Karta verdrängt. Der Name Neturei Karta bedeutet wörtlich „Wächter der Stadt“ auf Aramäisch und stammt aus einer Erzählung auf Seite 76c des Traktats Chagiga im Jerusalemer Talmud. Dort wird berichtet, dass Rabbi Judah haNasi zwei Rabbiner auf eine Inspektionsreise schickte:
– Jerusalemer Talmud, Traktat Chagiga. 76c[4] Neturei Karta sieht sich in dieser Rolle, indem sie verteidigen, was sie als „die Position der Tora und authentisches unverfälschtes Judentum“ betrachten.[4] GeschichteDie Organisation entstand 1938 als Abspaltung der Organisation Agudat Jisra’el, als diese immer weniger antizionistisch wurde.[5] Nach Ansicht der Gruppe wird nach der Wiederkunft des jüdischen Messias ein neues Israel als „ein Königreich“ ohne menschliches Zutun und ohne Waffengewalt entstehen, „dessen Grundlage der göttliche Dienst sein wird“. Neturei Karta befürwortete die sogenannte Internationalisierung Jerusalems,[5] worunter, im Sinne eines Corpus separatum, der UN-Teilungsplan für Palästina 1947 eine UN-Sonderverwaltungszone für Jerusalem verstand. Ihr damaliger Leiter Amram Bloy[5] richtete sich im Juli 1949 in einem Appell die UNO und forderte, dass Juden, die dies wünschten, UN-Pässe[5] für Jerusalem erhalten sollten. Er argumentierte, die Tora verbiete, das Exil in der jüdischen Diaspora – Galut (hebräisch גלות) – zu beenden und einen Staat zu gründen, daher lehnte die Organisation im Mai 1948 auch die Gründung Israels ab. Weltweit hat die Gruppe mehrere Synagogen (u. a. Tora Ve'Yira – Jerusalem, Tora U'Tefila – London, Tora U'Tefila – New York, Beis Yehudi – Monsey, NY). Die Gemeinden der Neturei Karta folgen den Bräuchen (hebräisch Minhagim) des Gaon von Wilna, weil die Ursprünge dieser Gemeinden im litauischen und nicht im chassidischen Teil des ultraorthodoxen Judentums liegen. Seit 2006 treten jedes Jahr mehrere Neturei-Karta-Mitglieder auf der Al-Quds-Tags-Demonstration auf und laufen in der ersten Reihe.[6][7] ![]() 2007 brannte die Neturei-Karta-Synagoge in Monsey, New York, nieder und wurde völlig zerstört.[8] KritikDie betont antizionistische Position von Neturei Karta führt innerhalb der jüdischen Gemeinde zu starker Polarisierung. Beziehungen in der arabischen WeltIn der arabischen und islamischen Welt hingegen findet Neturei Karta viele Fürsprecher. Durch die gemeinsame antizionistische Position ergab sich eine Zusammenarbeit zwischen Neturei Karta und der PLO. Laut der Webseite Terrorism-Info, die angeblich Informationen von israelischen Geheimdiensten bezieht, ergab die Analyse palästinensischer Dokumente, dass die Neturei Karta regelmäßig finanzielle Unterstützung aus den Mitteln der von Jassir Arafat geführten PLO erhalten haben soll. Weiterhin wird behauptet, dass Rabbiner Moshe Hirsch, ein führender Aktivist der Neturei Karta, selbst Mitglied der PLO gewesen sein soll.[9] Neturei Karta sah im Kampf gegen den jüdischen Staat auch in der Hamas sowie der Hisbollah-Miliz Mitstreiter.[10] Im Januar 2023 trafen sich drei Mitglieder der Neturei Karta mit prominenten Funktionären des Islamischer Dschihad in Palästina (PIJ) und Familien militanter Palästinenser während eines Besuchs des Flüchtlingslager Dschenin. Die Mitglieder der Neturei Karta besuchten auch das Haus von Bassam al-Saadi, der als Anführer der PIJ in Israel inhaftiert war.[11] Holocaustleugnungskonferenz im Iran 2006Im Dezember 2006 nahmen führende Mitglieder der Neturei Karta, darunter Yisroel Dovid Weiss, an der "Internationalen Konferenz zur Aufarbeitung des Holocausts: Globale Vision"[12] teil, einer umstrittenen Konferenz, die in Teheran, Iran, stattfand und eine Reihe von bekannten Holocaustleugnern anzog.[1][13] In seiner Rede erklärte Weiss, dass das Vorkommen des Nazi-Holocausts unbestreitbar ist und sprach über den Mord an seinen eigenen Großeltern in Auschwitz, behauptete jedoch, dass Zionisten "mit den Nazis kollaboriert" und "Bemühungen, Juden zu retten, vereitelt" hätten und drückte Solidarität mit der iranischen Position des Antizionismus aus.[14] Yonah Metzger, der Oberrabbiner der Aschkenasim in Israel, forderte sofort, dass diejenigen, die nach Teheran gingen, in 'ḥerem', eine Form der Exkommunikation, gesetzt werden sollten.[15] Anschließend forderte das Gericht des Satmarer Chassidismus die Juden auf, "sich von ihnen fernzuhalten und ihre Handlungen zu verurteilen".[16] Infolge der Kritik an ihrer Teilnahme erklärte die Organisation:
– Neturei Karta: Why We Went to Iran[17] WeblinksCommons: Neturei Karta – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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