Militärschulwesen (Österreich, 1859)Die von der Armee Österreichs geführten Militär-Erziehungs-Anstalten hatten die Aufgabe, Offiziere entsprechend ihrer Verwendung auszubilden beziehungsweise junge Männer auf den Offiziersberuf vorzubereiten. (Das Militärschulwesen der Donaumonarchie wurde einige Male reformiert und reorganisiert. Weiters wurden immer wieder Standorte geschlossen, verlegt oder neu gegründet. Beides erschwert eine geschlossene und übersichtliche Beschreibung. Diese Übersicht stützt sich auf die Vorschriften des Jahres 1859 für den Eintritt in die Militär-Erziehungs-Anstalten. Die nächste große Reform erfolgte nach derzeitigem Wissensstand 1869.) AllgemeinesDie k.k. Militär-Erziehungs-Anstalten teilten sich in zwei große Gruppen:
Die beiden Gruppen waren zwar in sich geschlossene Komplexe, doch bestand zwischen ihnen auch ein Austausch von Zöglingen, um diesen eine ihren Fähigkeiten entsprechende Ausbildung zukommen lassen zu können. PlätzeIn den Militär-Erziehungs-Anstalten gab es im Jahr 1859 drei verschiedene Arten von Plätzen mit Untergruppen. Platzarten
Platzvergabe
Kostgeld, Taschengeld
MilitärschulenBis auf zwei Ausnahmen dienten alle hier aufgeführten Militär-Erziehungs-Anstalten der der Heranführung junger Männer und Buben an den Beruf des Unteroffiziers beziehungsweise Offiziers. Die Kriegsschule diente der Weiterbildung bereits Dienst tuender Offiziere für höhere Aufgaben und die Offizierstöchter-Erziehungs-Anstalt in Hernals bot dem weiblichen Nachwuchs von Offizieren der k.u.k. Armee eine gewisse soziale Absicherung. k.u.k. KriegsschuleDie am 14. Februar 1852 gegründete k.u.k. Kriegsschule war die ranghöchste Militärschule in der Donaumonarchie. Die einzige Schule dieses Typs befand sich in Wien. Um hier für die zwei Jahre dauernde Ausbildung aufgenommen zu werden, musste man bereits Offizier sein und bestimmte Auswahlkriterien erfüllen. k.u.k. Officierstöchter-Erziehungs-InstitutIn dem von Kaiser Joseph II. gegründeten kk Officierstöchter-Erziehungs-Institut wurden die Töchter von Offizieren natürlich nicht für den Militärdienst ausgebildet. Gedacht war es vielmehr als soziale Absicherung der Mädchen durch die Ausbildung zu Erzieherinnen und später auch als Lehrerinnen und Kindergärtnerinnen. UnteroffiziersausbildungMilitär-Unter-Erziehungshäuser1859 bestanden fünf Militär-Unter-Erziehungshäuser. Diese hatten Plätze für Militärzöglinge und Stiftlinge. Als Aufnahmealter war das vollendete siebente und nicht überschrittene achte Lebensjahr festgelegt. Waren die Kinder älter, wurden sie nur dann aufgenommen, wenn ihr Wissensstand jenem des ihrem Alter entsprechenden Jahrgangs entsprach. Aufnahmsberechtigt waren:
Hier spielten auch die Familienverhältnisse eine Rolle. Die größte Bevorzugung kam Vollwaisen und Halbwaisen (vaterlos) zu, deren Väter gefallen waren. Söhne im Kampf invalid gewordener Väter standen wieder über vater- oder mutterlosen Halbwaisen im Allgemeinen. Söhne von besonders verdienten Männern wurden wieder Söhnen aus kinderreichen Familien vorgezogen. In jedem dieser fünf Erziehungshäuser wurden 100 Zöglinge in vier möglichst gleich starken Jahrgängen aufgenommen.
Militär-Ober-Erziehungshäuser1859 bestanden fünf Militär-Ober-Erziehungshäuser, welche die Fortsetzung der Unter-Erziehungshäuser bildeten, woher die Zöglinge mit dem vollendeten 11. Lebensjahr kamen. In den ersten Jahrgang der Militär-Obererziehungshäuser traten aber auch die unter „Platzarten“ genannten Militär-Zöglinge ein, die als Söhne von Ober-Offizieren, Militär-Parteien und Militär-Beamten bis zum elften Jahr bei den Eltern belassen worden waren. Ebenso traten Stiftlinge jeder Art ein. Die beiden letztgenannten Gruppen hatten eine Vorprüfung abzulegen, die Kenntnis der deutschen Sprache war so wie bei den Unter-Erziehungshäusern keine Bedingung für die Aufnahme. Die Zahl der Zöglinge in den ebenfalls vierjährigen Ober-Erziehungshäusern war mit je 200 festgelegt. Nach Beendigung des vierten Jahrgangs traten die Zöglinge mit Rücksicht auf ihre intellektuelle und physische Eignung und auf ihre eigene Wahl in die verschiedenen Schul-Compagnien über.
Schul-Compagnien und Cavallerie-Schul-EscadronenDie Schul-Compagnien sollten für die verschiedenen Waffengattungen theoretisch und praktisch herangebildete Unteroffiziere hervorbringen. Für die aus den Militär-Obererziehungshäusern oder der Privaterziehung kommenden Zöglinge im Alter zwischen dem 15. und 16. Lebensjahr bestanden neun zweijährige Schul-Compagnien. Der Eintritt war nur in den ersten Jahrgang möglich. Neben den entsprechenden schulischen Vorkenntnissen war die vollkommene Kenntnis der deutschen Sprache und Schrift eine unerlässliche Bedingung für die Aufnahme in die Schul-Compagnien. Ebenfalls festgelegt war eine für jede Waffengattung erforderliche Mindestkörpergröße.
Die Zöglinge wurden beim Austritt aus dem Schul-Compagnien assentiert (angelobt) und waren von diesem Tag an zur Ableistung einer achtjährigen präsenten Dienstleistung in der aktiven Armee sowie zur zweijährigen in der Reserve verpflichtet. OffiziersausbildungDie Ausbildung der Offiziere erfolgte in zwei Stufen. Cadeten-InstituteZweck der vier Cadeten-Institute zu je 200 Zöglingen in vier Jahrgängen war die Vorbereitung für den militär-wissenschaftlichen Unterricht in den Akademien. Die Militärzöglingsplätze waren für die Söhne von k.k. aktiven und pensionierten Offizieren sowie Söhnen von Militär-Parteien und Militär-Beamten bestimmt. Für erstere waren 730 ganzfreie und 160 halbfreie Plätze reserviert und für die zweite Gruppe 20 ganzfreie und 40 halbfreie. Bevorzugt bei der Vergabe der ganzfreien Plätze wurden die Söhne mittelloser Eltern. Halbfreie Plätze gingen an Söhne von nicht ganz mittellosen Familien oder deren Väter höhere Chargen besitzen. Die Vergabe der Stiftungsplätze und Zahlplätze entsprach ebenso wie die Reihenfolge der Vergabe den schon bei den Militär-Erziehungs-Häusern genannten Prinzipien. In die Cadeten-Institute wurden Zöglinge mit vollendetem 11. und noch nicht überschrittenem 12. Lebensjahr aufgenommen und die Kenntnisse über den Lehrstoff einer 4. Klasse einer Normalschule besaßen. Kenntnis der deutschen Sprache war nicht erforderlich, da im Institut den nicht-deutschsprachigen Zöglingen im ersten Jahrgang ein abgesonderter Unterricht zur Erlernung der deutschen Sprache erteilt wurde. Nach der befriedigenden Beendigung des vierten Jahrgangs wechselten die Zöglinge in die Militär-Akademien über, wobei möglichst auf ihre Fähigkeiten und Interessen an der Waffengattung Rücksicht genommen wurde. Überstellungen in die Marine-Akademie erfolgten bereits nach der Vollendung des dritten Jahrgangs. Jene Zöglinge mit schlechten Fortschritten in der Ausbildung wurden entweder aus den Cadeten-Instituten entlassen oder ausnahmsweise aus jedem der ersten drei Jahrgänge in den nächstfolgenden Jahrgang eines Ober-Erziehungshauses und aus dem letzten Jahrgang direkt in eine Infanterie-Schul-Compagnie versetzt.
Militär-AkademienDie Militär-Akademien hatten die Bestimmung, militärisch-wissenschaftlich gebildete Offiziere den verschiedenen Waffengattungen zuzuführen. Die Aufnahme der Zöglinge in die Neustädter, die Artillerie- und die Genie-Akademie erfolgte zwischen deren 15. und 16. Lebensjahr. Die Zöglinge kamen vor allem von den Cadeten-Instituten nach befriedigend absolviertem vierten Jahrgang. Jeweils vier Zöglinge kamen von den Artillerie-, Genie- und Pionier-Schul-Compagnien nach vorzüglich beendetem zweitem Jahrgang. Die Aufnahme erfolgte ausnahmslos in den ersten Jahrgang. Aus der Privaterziehung kommende Aspiranten mussten eine Prüfung über die Lehrgegenstände der Cadeten-Institut ablegen. Schnitten sie dabei mangelhaft ab, wurde ihre provisorische Aufnahme rückgängig gemacht. Zöglinge, deren schulische Leistungen während der vierjährigen Ausbildung nicht ausreichend waren, wurden entweder aus der Akademie entlassen und an die Angehörigen zurückgestellt oder nach vollendetem ersten, zweiten oder dritten Jahrgang in einen ihrem Alter entsprechenden Jahrgang einer Schul-Compagnie überstellt.
k.k. Waisenhaus WienDieses Waisenhaus gehörte nicht zum Komplex der Militär-Erziehungs-Anstalten. Erwähnt wird es hier nur deshalb, da hier auch jene Kinder, die für das Militär-Unter-Erziehungshaus noch zu jung waren, mit keinem physischen Gebrechen behaftet und entweder Vollwaise waren oder deren Väter als Witwer ins Feld marschieren mussten, aufgenommen wurden. Mit vollendetem siebtem Jahr wurden sie von den Militär-Unter-Erziehungshäusern übernommen. Literatur„Die kaiserlich-königlichen Militär-Erziehungs-Anstalten mit besonderer Rücksicht auf die Vorschriften für den Eintritt in dieselben. Zusammengestellt aus dem allerhöchst sanctionierten Reglement für die k.k. Militär-Bildungsanstalten.“, Wien, L. W. Seidel, Graben 1122, 1859 Siehe auch |