Die Melden (Atriplex) sind eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae). Mit etwa 300 Arten ist dies die artenreichste Gattung dieser Familie.
Die Atriplex-Arten sind einjährige oder ausdauernde krautige Pflanzen, seltener auch Halbsträucher oder Sträucher. Oft sind die Pflanzen behaart mit Blasenhaaren, die zusammenfallen und die Oberfläche bemehlt oder silbrig wirken lassen, seltener kommen auch verlängerte Haare (Trichome) vor.
Die sitzenden oder gestielten Laubblätter sind meist wechselständig, selten gegenständig am Stängel angeordnet. Sie werden oft spät abgeworfen oder überdauern. Ihre flache, oft etwas fleischige Blattspreite ist gezähnt, gelappt oder seltener ganzrandig. Die Form der Blattspreite ist sehr variabel, selbst an ein und derselben Pflanze.
Blütenstand und Blüte
In ährigen oder ährigen rispigenBlütenstände stehen die Blüten zusammen. Die eingeschlechtigen Blüten stehen in Knäueln in der Achsel von Tragblättern. Manche Arten sind einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch), andere sind zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch). Die männlichen Blüten (ohne Vorblätter) enthalten je drei bis fünf länglich-eiförmige Blütenhüllblätter (Tepalen) und drei bis fünf Staubblätter, deren Staubfäden unten verbunden sind. Gelegentlich ist ein rudimentärer Fruchtknoten vorhanden. Die weiblichen Blüten werden umgeben von zwei blattartigen Vorblättern mit freien oder teilweise verbundenen Rändern. Ihre Form ist sehr variabel und häufig tragen sie Anhänge. Den weiblichen Blüten fehlen meist Blütenhüllblätter, bei wenigen Arten sind (selten eines) drei bis fünf Tepalen vorhanden. Der eiförmige oder kugelige Fruchtknoten trägt zwei pfriemliche oder fadenförmige Narben.
Frucht und Samen
Zur Fruchtzeit vergrößern sich die Vorblätter etwas und können verdicken, Anhänge entwickeln oder bei einigen Arten schwammartig werden. Die Frucht bleibt von den Vorblättern umschlossen, ohne mit diesen zu verwachsen. Die Fruchtwand liegt dem Samen dicht an. Der abgeflachte Same steht meist vertikal (mit Ausnahme von Sektion Atriplex). Die dicke Samenschale ist ledrig oder verhärtet. Der ringförmige Embryo umgibt das Nährgewebe, seine Wurzel kann nach oben, unten oder seitlich zeigen. Einige einjährige Arten entwickeln mehrere Samenformen (Heterospermie).
Einige als ursprünglich angesehene Melden-Arten sind C3-Pflanzen mit normaler Blattanatomie.
Die meisten Arten sind jedoch C4-Pflanzen. Sie besitzen die typische „atriplicoid“ genannte Blattanatomie mit einer Reihe von Bündelscheidenzellen rund um jedes Leitbündel und radial angeordneten Palisadenzellen (Kranzanatomie). Bei der Variante „Atriplex halimus-Typ“ ist unter der äußersten Zellschicht auch eine Hypodermis vorhanden, beim „Atriplex dimorphostegia-Typ“ fehlt eine Hypodermis.
Ökologie
Die Melden-Arten sind Nahrungspflanzen für die Raupen zahlreicher Schmetterlinge (Lepidoptera). Zu den monophagen Arten, die nur an Atriplex-Arten fressen, gehören beispielsweise die MiniersackträgerColeophora crassicornella, Coleophora moeniacella, Coleophora plurifoliella, Coleophora serinipennella und Coleophora vestianella. Auch die Meldenflureule (Discestra trifolii), Gänsefuß-Blütenspanner und der Ampfer-Spanner nutzen die Melden als Nahrung. In der HOSTS-Datenbank sind 125 Einträge von Schmetterlingsarten an Atriplex aufgeführt.[3]
Verbreitung und Evolution
Die Melden sind fast in der gesamten Welt verbreitet, von subtropischen über die gemäßigten bis zu subarktischen Regionen. Die größten Artenzahlen werden in Australien, Nordamerika, Südamerika und Eurasien erreicht. Viele Arten sind Halophyten und an trockene Lebensräume mit salzigen Böden angepasst.
Nach phylogenetischen Untersuchungen von Kadereit et al. (2010) ist die Gattung Atriplex im mittleren Miozän entstanden. Der C4-Photosyntheseweg entwickelte sich vor mindestens 14,1 bis 10,9 Millionen Jahren. Da im Miozän das Klima zunehmend trockener wurde, waren die C4-Pflanzen mit ihrem sparsameren Wasserverbrauch im Vorteil. Die C4-Abstammungslinien entfalteten sich zu zahlreichen Sippen und breiteten sich weltweit auf die verschiedenen Kontinente aus.
Australien wurde im späten Miozän zweimal erreicht: das erste Mal von Eurasien oder Amerika aus vor etwa 9,8 bis 7,8 Millionen Jahren. Die zweite Einwanderung erfolgte aus Zentralasien vor etwa 6,3 bis 4,8 Millionen Jahren, aus diesen Vorfahren entwickelten sich im Pliozän die meisten australischen Atriplex-Arten. Gemeinsam mit dem KurzschnauzenkänguruProcoptodon goliah, für welches Atriplex die Hauptnahrung war, drangen sie in die entstehenden Trockengebiete Australiens vor.
In Amerika erschien die Gattung vor etwa 9,8 bis 8,8 Millionen Jahren. Die Besiedlung ist wahrscheinlich von Eurasien aus erfolgt, so dass zuerst Nordamerika und von dort aus auch Südamerika erreicht wurde.
In Deutschland kommen nach Uotila 2011 folgende 18 Arten vor:
Die Gattung Atriplex gehört zur Tribus Atripliceae in der Unterfamilie Chenopodioideae innerhalb der Familie der Fuchsschwanzgewächse (Amaranthaceae). In dieser Familie sind inzwischen die Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae) enthalten.
AtriplexL. enthält die früheren Gattungen BlackiellaAellen, CremnophytonBrullo & Pavone, HaloxanthiumUlbr., MorrisiellaAellen, NeopreissiaUlbr., ObioneGaertner, PachypharynxAellen, SenniellaAellen und Theleophyton(Hook. f.) Moq. Nicht mehr zu den Melden gestellt werden inzwischen die Keilmelden (Halimione), die als eigene Gattung anerkannt werden.
Die Gattung Atriplex ist besonders artenreich und umfasst etwa 300 Arten. Diese lassen sich zu mehreren Verwandtschaftsgruppen (Claden) zusammenfassen, die nur teilweise mit den bestehenden Sektionen übereinstimmen:
Atriplex lanfrancoi/cana-Clade: Diese zwei Arten sind vermutlich Relikte einer frühen Entwicklungslinie:
Atriplex lanfrancoi(Brullo & Pavone) G. Kadereit et Sukhor. (Syn.: Cremnophyton lanfrancoiBrullo & Pavone) ist ein Strauch, der auf Kalkklippen in Malta und Gozo wächst.
Atriplex canaC.A.Mey. ist ein Halbstrauch, der vom östlichen Teil des europäischen Russland bis West-China vorkommt. Er besiedelt lehmig-salzige Boden in Halbwüsten.
Atriplex Sektion Atriplex ist eine Gruppe von einjährigen Arten mit C3-Photosynthese. Sie besitzen große spießförmige Blätter und häufig zwei Typen weiblicher Blüten, die entweder Vorblätter oder Tepalen aufweisen:
Aucher-Melde (Atriplex aucheriMoq.): Sie ist in Osteuropa und Westasien verbreitet. In Deutschland kommt sie gelegentlich als eingeführte Adventivpflanze vor.
Garten-Melde (Atriplex hortensisL.): Sie stammt aus Asien und wird in Europa als Gemüse und Zierpflanze angebaut, wo sie häufig verwildert. Auch in Deutschland kommt sie vor.
Langblättrige Melde oder Langblatt-Melde (Atriplex oblongifoliaWaldst. & Kit.): Sie ist in Eurasien verbreitet und in Deutschland heimisch.
Glanz-Melde (Atriplex sagittataBorkh., Syn.: Atriplex nitensSchkuhr): Sie ist verbreitet in Eurasien und in Deutschland heimisch.
Atriplex Sektion TeutliopsisDumort. umfasst einjährige C3-Pflanzen. Im Blütenstand sind männliche und weibliche Blüten nicht räumlich getrennt. Die weiblichen Blüten sind meist ohne Blütenhülle, ihre krautigen Vorblätter sind bis zur halben Länge verwachsen. Mit etwa 18 Arten in Europa, Asien, Afrika und Nordamerika:
Strand-Melde (Atriplex littoralisL.): Sie ist in Eurasien und Nordafrika verbreitet und in Deutschland heimisch.
Stiel-Melde (Atriplex longipesDrejer): Diese nordeuropäische Art ist in Deutschland heimisch.
Verschiedensamige Melde (Atriplex micranthaC.A.Mey.): Die aus Asien stammende Art kommt eingeführt und verwildert in weiten Teilen Europas vor und hat sich in Deutschland in letzter Zeit insbesondere an Straßenrändern ausgebreitet.
Spreizende Melde oder Ruten-Melde, Spreizästige Melde (Atriplex patulaL.): Sie ist weit verbreitet in Eurasien und Nordafrika und in Deutschland heimisch.
Frühe Melde (Atriplex praecoxHülph.):[7] Die nordeuropäische Art ist in Deutschland heimisch und kommt dort selten an der mecklenburgischen Küste vor[8]
Spieß-Melde oder Spießblättrige Melde (Atriplex prostrataMoq.): Sie ist ebenfalls weit verbreitet in Eurasien und Nordafrika und in Deutschland heimisch.
C4-Atriplex-Clade: Diese Gruppe enthält die Mehrzahl aller Arten. Die bisherige Untergliederung in Sektionen (Sektion Obione, Sektion Pterochiton, Sektion Psammophila, Sektion Sclerocalymma und Sektion Stylosa) entspricht nicht der natürlichen Verwandtschaft. Für eine neue Gruppierung sind daher weitere Untersuchungen erforderlich. In diese Gruppe gehören beispielsweise:
Atriplex sibiricaL. Sie stammt aus Asien und kommt als Adventivpflanze gelegentlich in Deutschland vor.
Atriplex sphaeromorphaIljin: Sie ist in Russland, der Ukraine und der Kaukasusregion heimisch und ist als Adventivpflanze in Deutschland gefunden worden.[9]
Noch nicht auf ihre Zugehörigkeit untersucht wurden beispielsweise:
Atriplex alaskensisS.Watson: Sie wird auch als Varietät Atriplex gmelinii var. alaskensis(S.Watson) S.L.Welsh zu Atriplex gmeliniiC.A.Mey. ex Bong. gestellt.[6]
Atriplex amnicolaPaul G.Wilson, aus Australien, eingeschleppt auch in Kalifornien
Viele Arten sind wichtige Futterpflanzen. So wurden einige Arten, wie Atriplex canescens, aus Australien und Amerika nach Südwest-Asien eingeführt, um dort beweidet zu werden.[12]
Gudrun Kadereit, Evgeny V. Mavrodiev, Elizabeth H. Zacharias, Alexander P. Sukhorukov: Molecular phylogeny of Atripliceae (Chenopodioideae, Chenopodiaceae): Implications for systematics, biogeography, flower and fruit evolution, and the origin of C4 Photosynthesis. In: American Journal of Botany. Bd. 97, Nr. 10, 2010, S. 1664–1687 (Abschnitte Photosyntheseweg, Verbreitung und Evolution, Systematik).
Stanley L. Welsh: Atriplex. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Bd. 4: Magnoliophyta: Caryophyllidae, part 1. Oxford University Press, New York u. a. 2003, ISBN 0-19-517389-9, S. 226, 260, 268, 293. (Abschnitt Beschreibung)
Gelin Zhu, Sergei L. Mosyakin, Steven E. Clemants: Chenopodiaceae: Atriplex. In: Wu Zhengyi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.): Flora of China. Bd. 5: Ulmaceae through Basellaceae. Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing/St. Louis 2003, ISBN 1-930723-27-X, S. 360. (Abschnitt Beschreibung)
P. Uotila: Chenopodiaceae (pro parte majore). In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity. Atriplex L.Atriplex bei PESI-Portal, 2011 (Verbreitung der europäischen Arten, Vorkommen in Deutschland).
Einzelnachweise
↑Vgl. etwa Otto Beßler: Prinzipien der Drogenkunde im Mittelalter. Aussage und Inhalt des Circa instans und Mainzer Gart. Mathematisch-naturwissenschaftliche Habilitationsschrift, Halle an der Saale 1959, S. 160.
↑ ab
Alexander P. Suchorukow: Zur Systematik und Chorologie der in Russland und den benachbarten Staaten (in den Grenzen der ehemaligen USSR) vorkommenden Atriplex-Arten (Chenopodiaceae). In: Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien. Serie B, 108, 2007, S. 316 und 372–374 (zobodat.at [PDF; 32,1 MB]).
↑
Alexander P. Suchorukow: Einige neue und wenig bekannte Taxa aus der Familie Chenopodiaceae in Europa und im östlichen Mittelmeergebiet. In: Feddes Repertorium. Band 118, Nr. 3–4, 2007, doi:10.1002/fedr.200711128, S. 73–83.
↑ abZ. B. Atriplex halimus (essbar, englisch), Eintrag bei Plants for a Future, abgerufen 2014