Nach ihrem Studium an der University of California, Santa Barbara erwarb Marlene Zuk 1986 den Doktorgrad an der University of Michigan mit einer Studie über Sexual selection, mate choice and gregarine parasite levels in the field crickets Gryllus veletis and G. pennsylvanicus.[3] Bevor sie an die University of Minnesota wechselte forschte sie bereits ab 1989,[4] zuletzt als Professorin, an der University of California, Riverside.[5]
Marlene Zuk ist verheiratet mit John T. Rotenberry, der ebenfalls als Professor für Evolutionsbiologie an der University of Minnesota tätig ist.
Forschung an Grillen
In Fachkreisen wurde Marlene Zuk international bekannt aufgrund ihrer Studien zur akustischen Orientierung von Grillen, insbesondere der ArtTeleogryllus oceanicus.[7]Teleogryllus oceanicus ist in Australien und auf vielen Inseln des Pazifiks – wie Tahiti, Samoa und den Marquesas – heimisch. Auf den Inseln der InselketteHawaii ist die Art vor mindestens 150 Jahren eingeschleppt worden und hat sich dort ebenfalls etabliert. Zum typischen Verhaltensrepertoire auch dieser Grillen-Art gehört, dass die paarungsbereiten Weibchen vor allem nachts von zirpenden Männchen angelockt werden. Auf den Hawaii-Inseln wurde jedoch auch die nachtaktive, aus den USA stammende RaupenfliegeOrmia ochracea eingeschleppt, die – von den Lockrufen der männlichen Grillen angelockt – ihre Eier auf den Männchen ablegt; die daraus schlüpfenden Larven der Raupenfliege bohren sich später in den Körper der Grillen und fressen diesen von innen her auf.[8] Zuk wies Anfang der 1990er-Jahre nach, dass dieser Parasitismus einen merklichen Selektionsdruck auf die Grillen-Population ausübt: Die auf Hawaii lebenden Männchen zirpten beispielsweise leiser als die Männchen zweier Vergleichsgruppen aus Moorea (Französisch-Polynesien) und Australien.[9][10] 1998 wies Zuk nach, dass sich die Lockrufe von parasitierten und nicht-parasitierten Männchen auch innerhalb einer Grillen-Population unterscheiden: Auf der Hawaii-Insel Kauaʻi zirpten nicht-parasitierte Männchen beispielsweise deutlich kürzer und mit längeren Pausen als parasitierte Männchen.[11][12] In den folgenden Jahren waren auf Kauaʻi nachts immer weniger Lockrufe von Teleogryllus oceanicus zu hören und ab 2001 so gut wie keine mehr – Ursache hierfür war jedoch nicht, dass die Grillen-Art durch die parasitischen Fliegen an den Rand des Aussterbens gebracht worden war. Vielmehr besteht deren Population spätestens seit dem Jahr 2003 zu mehr als 90 Prozent aus Männchen mit verkümmerten Flügeln, sodass sie nicht mehr zur Stridulation befähigt sind.[13][7] Den Analysen zufolge hatte sich innerhalb von nur rund fünf Jahren eine bestimmte Mutation[8] in der Population durchgesetzt, das heißt – bei drei bis vier Generationen pro Jahr – innerhalb von maximal 20 Generationen. Den Beobachtungen von Zuk und ihrer Arbeitsgruppe zufolge haben stille Männchen trotz dieses Handicaps eine Chance auf Paarung so lange sie sich in der Nähe von zirpenden Männchen aufhalten.
Diese Studien von Marlene Zuk gelten heute als Beleg für „schnelle Evolution“,[14] das heißt für eine Änderung der Allelfrequenz in einer Population binnen weniger Generationen. Zugleich waren bereits frühe Beobachtungen des Zusammenwirkens von Wirt und Parasit Anlass für die Formulierung der Hamilton-Zuk-Hypothese zur sexuellen Selektion durch „Weibchenwahl“ („female choice“).[15][16]
Publikationen (Auswahl)
Bücher
Sexual Selections: What We Can and Can’t Learn about Sex from Animals. University of California Press, 2002, ISBN 978-0-520-21974-8
Was wäre das Leben ohne Parasiten? Warum wir Krankheiten brauchen. Spektrum Akademischer Verlag, 2008, ISBN 978-3-827-41978-1
Riddled with Life: Friendly Worms, Ladybug Sex, and the Parasites That Make Us Who We Are. Harcourt, 2007, ISBN 978-0-151-01225-1
mit Nathan W. Bailey: Same-sex sexual behavior and evolution. In: Trends in Ecology and Evolution. Band 24, 2009, S. 439–446, doi:10.1016/j.tree.2009.03.014
Same-Sex Insects: What do bees – or at least flies – have to tell us about homosexuality? In: Natural History. Band 119, Nr. 10, 2011, S. 22–29,
mit Francisco Garcia-Gonzalez, Marie Elisabeth Herberstein und Leigh W. Simmons: Model Systems, Taxonomic Bias, and Sexual Selection: Beyond Drosophila. In: Annual Review of Entomology. Band 59, 2014, S. 321–338, doi:10.1146/annurev-ento-011613-162014
mit Teri J. Orr: Reproductive delays in mammals: an unexplored avenue for post‐copulatory sexual selection. In: Biological Reviews. Band 89, Nr. 4, 2014, S. 889–912, doi:10.1111/brv.12085
mit BrianGray, Nathan W. Bailey und Michelle Poon: Multimodal signal compensation: do field crickets shift sexual signal modality after the loss of acoustic communication? In: Animal Behaviour. Band 93, 2014, S. 243–248, doi: 10.1016/j.anbehav.2014.04.033
mit Susan L. Balenger: Behavioral ecology and genomics: new directions, or just a more detailed map? In: Behavioral Ecology. Band 25, Nr. 6, 2014, S. 1277–1282, doi:10.1093/beheco/aru172
mit Susan L. Balenger: Roaming Romeos: male crickets evolving in silence show increased locomotor behaviours. In: Animal Behaviour. Band 101, 2015, S. 213–219, doi:10.1016/j.anbehav.2014.12.023
↑ abNathan W. Bailey und Marlene Zuk: Acoustic experience shapes female mate choice in field crickets. In: Proceedings of the Royal Society B. Online-Publikation vom 22. November 2008, doi:10.1098/rspb.2008.0859.
↑ abMarlene Zuk: Paleofantasy. What evolution really tells us about sex, diet, and how we live. W.W. Norton & Company, New York und London 2014, S. 67–72, ISBN 978-0-393-08137-4.
↑Marlene Zuk, Leigh W. Simmons und Luanne Cupp: Calling characteristics of parasitized and unparasitized populations of the field cricket Teleogryllus oceanicus. In: Behavioral Ecology and Sociobiology. Band 33, Nr. 5, 1993, S. 339–343, doi:10.1007/BF00172933.
↑ Marlene Zuk, Leigh W. Simmons und John T. Rotenberry: Acoustically‐orienting parasitoids in calling and silent males of the field cricket Teleogryllus oceanicus. In: Ecological Entomology. Band 20, Nr. 4, 1995, S. 380–383, doi:10.1111/j.1365-2311.1995.tb00471.x.
↑Marlene Zuk, John T. Rotenberry und Leigh W. Simmons: Calling Songs of Field Crickets (Teleogryllus oceanicus) With and Without Phonotactic Parasitoid Infection. In: Evolution. Band 52, Nr. 1, 1998, S. 166–171, doi:10.2307/2410931.
↑Marlene Zuk, John T. Rotenberry und Leigh W. Simmons: Geographical variation in calling song of the Field cricket Teleogryllus oceanicus: the importance of spatial scale. In: Journal of Evolutionary Biology. Band 14, Nr. 5, 2001, S. 731–741, doi:10.1046/j.1420-9101.2001.00329.x.
↑Marlene Zuk, John T. Rotenberry und Robin M. Tinghitella: Silent night: adaptive disappearance of a sexual signal in a parasitized population of field crickets. In: Biology Letters. Online-Publikation vom 22. Dezember 2006, doi:10.1098/rsbl.2006.0539.
↑Susan L. Balenger und Marlene Zuk: Testing the Hamilton-Zuk Hypothesis: Past, Present, and Future. In: Integrative and Comparative Biology. Band 54, Nr. 4, 2014, S. 601–613, doi:10.1093/icb/icu059.