Mariahilfkirche (München)Die katholische Pfarrkirche Maria Hilf in der Au, genannt Mariahilfkirche, ist die Hauptpfarrkirche der Au. Sie wurde 1831 bis 1839 von Joseph Daniel Ohlmüller begonnen und von Georg Friedrich Ziebland fertiggestellt. Das Wahrzeichen der Au gilt als ein Urvorbild des neugotischen Kirchenbaus des 19. Jahrhunderts. Sie zählt zu den drei „neugotischen Geschwistern Münchens“, der Heilig-Kreuz-Kirche und St. Johann Baptist, die alle drei einen ähnlichen monumentalen Backsteinbaustil aufweisen und sich östlich der Isar befinden. LageDie Mariahilfkirche (Mariahilfplatz 42) steht freistehend auf dem zentralen Platz der Au, dem Mariahilfplatz. GeschichteDie Au besaß drei Kirchen, die auf einem zentralen Platz, dem Rasenplatz (heute Mariahilfplatz), in unmittelbarer Nähe standen:
Obwohl die neue Pfarrkirche streng genommen ein Nachfolgebau der Mariahilf-Kapelle ist, ist die Mariahilfkirche Nachfolgerin aller drei auf dem Rasenplatz befindlichen Kirchen, da sie die Funktionen als Pfarrkirche, Gnadenort und Wallfahrtsort übernommen hat. Nachdem die Au als „Vorstadt Au“ 1813 zur selbständigen Stadt erhoben worden war, kam der Gedanke an einen repräsentativen Platz auf, der den Idealen der Stadtplanung der romantischen Bewegung entsprechen sollte. Auch König Ludwig I. war seinem antiken Ideal untreu geworden und erteilte dem Bamberger Joseph Daniel Ohlmüller den Auftrag, eine Stadtpfarrkirche „im Stile der deutschen Gotik“, also im Stil der Neugotik zu erbauen. Ohlmüller, ein Schüler Karl von Fischers, hatte bei der Purifizierung des Bamberger Domes Erfahrungen sammeln können; doch bei der Entwicklung eines „modernen“ neugotischen Stils konnte er sich kaum auf Vorbilder seiner Zeit stützen. Zudem fehlen im Münchner Raum original erhaltene Beispiele der Hochgotik; diese waren ausnahmslos barockisiert oder durch barocke Neubauten ersetzt worden. Also orientierte sich Ohlmüller für die dreischiffige Hallenkirche an verschiedenen Vorbildern: Das Langhaus mit Netzrippengewölbe entspricht dem System von St. Martin in Landshut, die Westseite zeigt Einflüsse der französischen Kathedralgotik und der 93 Meter hohe Turm wurde nach dem Vorbild des Freiburger Münsters entworfen. Der Bau wurde in Rohbackstein ausgeführt und mit Kalksteinelementen gegliedert. Wegweisend wurden auch die Glasmalereien nach Entwürfen von Joseph Anton Fischer und Johann Schraudolph, die von Heinrich Hess und Max Emanuel Ainmiller ausgeführt wurden. Ihre Glasbildkompositionen wurden stilprägend für die Romantik und waren direktes Vorbild für die Glasmalereien des Kölner Doms des 19. Jahrhunderts. Die Portalfiguren waren Werke von Ludwig Schwanthaler. Die Grundsteinlegung erfolgte 1831. Die Kirche wurde 1839 fertiggestellt und durch Erzbischof Lothar Anselm von Gebsattel geweiht. Damit gilt die Mariahilfkirche als erster neugotischer Kirchenbau Deutschlands. In den Jahren 1926 bis 1928 wurden erstmals umfangreiche Renovierungsarbeiten am Turm durchgeführt.[4] Im Zweiten Weltkrieg wurde bei dem schweren Luftangriff auf München vom 25. April 1944 die Mariahilfkirche bis auf die Außenmauern zerstört, nur der Turm hielt stand. 1947 legte der Architekt Georg Holzbauer Pläne für einen purifizierten Wiederaufbau der alten Kirche vor, die jedoch abgelehnt wurden. 1951/52 erfolgte dann der Wiederaufbau nach Plänen von Hans Döllgast und Michael Steinbrecher. Dabei wurde das äußere Erscheinungsbild bis auf den Westturm sehr vereinfacht, und von der ursprünglichen Konzeption Ohlmüllers blieb nur wenig erhalten. Die großen Spitzbogenfenster der Kirche wurden bis auf schmale Schlitze zugemauert, so dass im Inneren entgegen dem äußeren Eindruck ein moderner Kirchenbau entstehen konnte. Am 13. September 1953 wurde die Mariahilfkirche von Joseph Kardinal Wendel neu geweiht. 1971 musste der Turmhelm abgetragen werden, da der Kalkstein durch die Brände nach den Luftangriffen im Krieg und durch Luftverschmutzung mürbe geworden war. Bis 1981 wurde die Turmspitze in Beton nachgegossen und wieder errichtet. Finanziert wurden die Kosten von umgerechnet 1,79 Millionen Euro fast ausschließlich durch Spenden der Auer Bevölkerung. AusstattungGlockenDas Geläut besteht aus fünf Glocken, die alle von Karl Czudnochowsky in Erding gegossen wurden. Sie bilden mit einem ges0 als Grundton das zweittontiefste Geläute der Stadt (das tontiefste hängt im Alten Peter mit Grundton f0). Bei der 5.650 kg schweren Salvatorglocke handelt es sich um ein ehemaliges Ausstellungsstück des Gießers, das später durch vier weitere Glocken ergänzt wurde. Die größte Glocke besteht aus Euphon, einer Art Kupfer-Zink-Legierung, während die restlichen vier Glocken aus Bronze gegossen wurden. Seit Mitte des Jahres 2006 sind die Glocken mit einem Klöppelfänger versehen. Ein derartiger Läutekult ist fast ausschließlich in Teilen Österreichs oder in Südtirol zu erfahren. Auch wird an Mariahilf das sogenannte Reihenläuten als liturgisches Läuten angewandt.
CarillonAnfang 2012, zwei Jahre vor der 175-Jahr-Feier der Kirche, erhielt der Kirchturm von Mariahilf ein Carillon. In der unteren Turmkammer wurde ein neuer Glockenstuhl aus Lärchenholz eingebaut, in dem die 60 neuen Carillon-Glocken hängen. Das Gewicht des Instruments beträgt gut 22 Tonnen. Das Carillon verfügt insgesamt über 65 Glocken und ist nach dem Roten Turm in Halle und dem Carillon in Berlin-Tiergarten das drittgrößte in Deutschland. Carilloneur Boudewijn Zwart aus den Niederlanden weihte das Instrument am 1. Mai 2012 mit einem Konzert ein. Es wird regelmäßig bespielt, zumeist zweiwöchentlich samstags um 11 Uhr. Carilloneure sind Peer Günther und Bastian Fuchs.[5]
OrgelHauptorgelDie Mariahilfkirche besitzt eine Orgel von Gerhard Schmid aus dem Jahre 1975. Sie verfügt über 70 Register auf vier Manualen und Pedal. Die Spieltraktur ist rein mechanisch, die Registertraktur elektrisch. In der Turmkammer hinter der Orgel befinden sich die Pfeifen der Register Bordun 32′, Großquinte 21 1⁄3′ sowie der Bombarde 32′. Die Orgel war zu ihrer Zeit in der Münchener Orgellandschaft ein Pionierbau, da sie in vorher nicht da gewesener Form und Größe altes Pfeifenmaterial mit dem Klang der Orgelbewegung kombinierte. In den Jahren 2018/2019 wurde die Orgel von der Firma Thomas Jann Orgelbau generalüberholt und ein neuer viermanualiger Spieltisch mit Setzeranlage eingebaut. Seitdem ist das Oberwerk (früher 5. Manual, sog. „Kleinpedal“, weil es die Pedalregister in den höheren Lagen enthält) als Auxiliar an jedes Manual und das Pedal koppelbar. Bei der Überholung wurde bewusst auf eine Umintonation oder gar den Austausch von Registern verzichtet, um den originalen Klang der Orgel nicht zu verändern. Die Disposition lautet:[6]
Anmerkungen
ChororgelNeben der Hauptorgel existiert eine Chororgel aus dem Jahr 1982, die ebenfalls Gerhard Schmid baute. Das Instrument hat 18 Register auf zwei Manualwerken und Pedal. Der Spieltisch ist dreimanualig angelegt; das erste Manual dient als Koppelmanual. Die Disposition lautet:
Gnadenkapelle mit GnadenbildIn der südlich angebauten Gnadenkapelle befindet sich das Gnadenbild Maria Hilf aus der Zeit vor 1600. Kurfürst Maximilian I. brachte es um 1631 vermutlich aus Flandern mit. In der Ohlmüller-Kirche wurde es am linken Seitenaltar verehrt, nach der Zerstörung der Kirche wurde es schließlich in die neu erbaute Gnadenkapelle verbracht. Diese war zunächst schlicht ausgestattet, wurde 1978/79 barockisiert und mit einem Schrein aus dem ehemaligen Ursulinenkloster Salzburg von 1731 versehen.[7] Bedeutende Werke
Literatur
WeblinksCommons: Mariahilfkirche (München) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
Koordinaten: 48° 7′ 31″ N, 11° 35′ 1″ O |