1958 gründete er mit Pierre Schaeffer und François-Bernard Mâche die Groupe de recherches musicales (GRM). Unterschiedliche künstlerische Auffassungen führten jedoch 1966 zur Trennung: Während Schaeffer eine abstrakte und typisierende Klangarbeit forderte, bezog Ferrari wiedererkennbare Umweltgeräusche in seine Musik ein (musique anecdotique).
1964/65 und 1970 unterrichtete er an der Musikhochschule in Köln, 1966 bis 1967 in Stockholm und 1978 bis 1980 am Conservatoire de Pantin. Dazwischen amtierte er von 1968 bis 1969 als musikalischer Leiter des Maison de la Culture in Amiens, wo er Jugendliche zur musikalischen Arbeit mit Tonbandgeräten anregen wollte.
Für den Service de la Recherche des O.R.T.F realisierte Luc Ferrari 1965–66 mit Gérard Patris eine Reihe von Porträtfilmen Les grand répétitions (Die großen Proben) über die Komponisten Messiaen, Stockhausen und Varèse, sowie den Dirigenten Hermann Scherchen und den Jazzpianisten Cecil Taylor. Viele dieser Vertreter der zeitgenössischen Musik waren hier das erste Mal im französischen Fernsehen zu sehen.
1972 gründete er sein eigenes Studio Billig und 1982 mit Unterstützung des französischen Kulturministeriums das Studio des Vereins La Muse en Circuit, von dem er sich 1994 trennte. Im selben Jahr richtete er in Montreuil ein neues Studio Atelier post-billig ein, das er anschließend nach Paris verlegt.
Luc Ferrari war verheiratet mit Brunhild Meyer, einer Tochter des in Aachen tätigen Klarinettisten und Komponisten Wolfgang Meyer-Tormin.
Werk
In den 1950er Jahren verfasste Ferrari zunächst Klavierstücke in der Nachfolge Bartóks und Hindemiths. Zur gleichen Zeit begann er bereits Konzerte der musique concrète zu besuchen. Nach seinem Eintritt in die Groupe de recherches musicales produzierte Ferrari zunächst fünf elektroakustische Kompositionen im Sinne von Schaeffers Klangästhetik, die zugrundegelegten aufgenommenen Klänge so weit wie möglich aus ihrem ursprünglichen Kontext zu abstrahieren. Mit Hétérozygote (1963/64), einer Komposition, die zunächst für vierkanaliges Tonband konzipiert war, letztendlich jedoch stereophon ausgearbeitet und realisiert wurde, löste sich Ferrari von Schaeffers Konzept der musique concrète und stellte ihr seine eigene musique anecdotique entgegen, in der Naturgeräusche in einer „organisierten und poetischen, aber nicht an einer Handlung orientierten Art und Weise“ strukturiert sind. Die kompositorische Arbeit dieser Soundscapes bleibt an musikalischen Prinzipien orientiert und damit klar vom Hörspiel getrennt.
Zu den bekanntesten Arbeiten Ferraris gehört die Komposition Presque rien No. 1 „Le Lever du jour au bord de la mer“ (1967/70), in der Aufnahmen von einem jugoslawischen Strand, die über die Dauer eines Tages gemacht wurden, zu einem 21 Minuten kurzen Hörstück zusammengeschnitten wurden. Dabei verwendete er erstmals die damals neue Stereotechnik, die ihm nicht nur ein „Rechts-Links“ der Klänge erlaubte, sondern auch eine Tiefenwirkung. In seiner dritten Presque rien-Komposition Presque rien avec filles (1989) kam er zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen seiner musique anecdotique und den stärker in traditionellen Formverläufen denkenden musique concrète.
Neben seinen Tonbandmusiken komponierte Ferrari auch für konventionelle Instrumente und mischte die Genres miteinander (zum Beispiel Ce qu’a vu le Cers). Es mehrten sich die Konzertreisen und Kooperationen mit jüngeren Musikern, wie Otomo Yoshihide und Noël Akchoté, wobei auch die Grenze zur frei improvisierten Musik überschritten wurde.
Diskographie ab 1990
Acousmatrix
Petite Symphonie Intuitive pour un Paysage de Printemps (1973–74)
Strathoven (1985)
Presque Rien avec filles (1989)
Hétérozygote (1963–64)
BVHaast 9009 Acousmatrix 3 - 1990
Unheimlich Schön
Unheimlich Schön (1971)
Coll. Cinéma pour l'oreille
Metamkine MKCD008 1993
L'Escalier des aveugles
Patajaslotcha (1984)
L'Escalier des Aveugles (1991)
Xavier Legasa / Donatienne Michel-Dansac / Michel Musseau (song)
Ensemble Le Banquet, Dir. Olivier Dejours
Musidisc 201302 - 1993
Presque Rien
Music Promenade (1964–69)
Presque Rien N°1 - le lever du jour au bord de la mer (1967–70)
Presque Rien N°2 - ainsi continue la nuit dans ma tête multiple (1977)
Presque Rien avec filles (1989)
Musidisc 245172 - 1995
Piano-Piano
Suite pour piano (1952)
Antisonate (1953)
Suite Hétéroclite (1955)
Visage I (1956)
Fragments du Journal Intime (1980–82)
Comme une Fantaisie dite des Réminiscences (1989–91)
von Brunhild Ferrari. Komposition unter Verwertung von Tonbändern von Luc Ferrari.
vinyl disc Alga Marghen plan-MF alga028 - 2010
Ephémère I & II (1974)
für Tonband und beliebige Instrumente
Ephémère I - "Wozu dient er Computer?" (Nov. 1974)
Ephémère II - "Lyon 75" (Nov. 1975)
Alga Marghen plana f. 33 NMN 081 - 2010
Exercices d'Improvisation (1977)
"Reihe von 5 bis 7 Studien, bestimmt zu individueller oder kollektiver Improvisation für beliebiges Instrument oder Instrumentalgruppe (bis zu 8)."
für Amateur-, Berufsmusiker oder Musikstudenten. Kann als Konzertstück programmiert werden.
Ausführende: Gol und Brunhild Ferrari
vinyl disc Alga Marghen planam 5 (it) - 2010
Jetzt oder wahrscheinlich ist dies mein Alltag, in der Verwirrung der Orte und Augenblicke
Hörspiel - Ersteinspielung mit Quellenmaterial (1982)
"Ferrari (r)écouté". Neue Kompositionen aus JETZT-Material von Tiziana Bertoncini, Antje Vowinckel, Frank Niehusmann, David Fenech, Neele Hülcker (2011)
"Composer la radio - Das Radio komponieren" (2000)
Luc Ferrari face à sa tautologie - 2 jours avant la fin
Film von Guy-Marc Hinant und Dominique Lohlé
Französische Fassung mit englischen Untertiteln. Aufgenommen während der Probe von Tautologos III. Sub Rosa SR261 luc ferrari "didascalies" / cd+ dvd / mai 2007. Diese Sammelbox erhielt den Coup de Coeur Charles Cros - musique contemporaine printemps 2008 und den Grand prix du festival 'Filmer à tout prix´, in Brüssel 2008
Presque rien avec Luc Ferrari - 2004 -
Film von Jacqueline Caux und Olivier Pascal – mit Elise Caron – eRikm – Christof Schläger.
ELICA VPO-4290 - Robot Records 2008 - Forced Exposure; Métamkine, Fr.; Die Schachtel, It.; Mimaroglu Music Sales; Die Stadt, Germ.;
A-Musik, Köln, Deutschland.; Empreintes Digitales, Montreal Can.; Disk Union, Tokyo, Jap.
VMR - Vladimir Maäovski Remix (2007)
DVD von Franck Ancel. Musik von Luc Ferrari "Programme Commun pour Clavecin et Bande" gespielt von Elisabeth Chojnacka.[1]
Les Archives sauvées des Eaux
Disc Callithump CPCD-001. Luc Ferrari mit Otomo Yoshihide.
« Slow Landing » Luc Ferrari mit Otomo Yoshihide, Kamera: Miyaoka Hideyuki und Nishihara Tazz Miyaoka
Erschienen als CD + DVD
Didascalies
Rencontres Fortuites (2003) für Viola, Klavier und gespeicherten Ton.
Didascalies (2004) für Viola und Klavier
Tautologos 3 (1969)
Vincent Royer - Viola und Jean-Philippe Collard-Neven - Klavier
+ DVD
Luc Ferrari face à sa tautologie - 2 jours avant la fin
Film von Guy-Marc Hinant und Dominique Lohlé
In französisch mit englischen Untertiteln. Aufnahmen der Probe von Tautologos III.
« welche Lucs letzte in diesem Juli 2005 sein sollte. »
Sub Rosa SR261 luc ferrari "didascalies" / cd+ dvd / Mai 2007
Diese Sammelbox erhielt den « Coup de Coeur Charles Cros - musique contemporaine printemps 2008 » und 2008 den Grand Prix des Festivals "Filmer à tout prix", in Brüssel
Presque rien avec Luc Ferrari
Film 2004 von Jacqueline Caux und Olivier Pascal – mit Elise Caron – eRikm – Christof Schläger.
ELICA VPO-4290
Robot Records 2008
Forced Exposure; Métamkine, Fr.; Die Schachtel, It.; Mimaroglu Music Sales; Die Stadt, Germ.; A-Musik, Cologne, Germ.; Empreintes Digitales, Montreal Can.; Disk Union, Tokyo, Jap.
Les Archives sauvées des Eaux
Luc Ferrari mit Otomo Yoshihide.
« Slow Landing » Luc Ferrari mit Otomo Yoshihide, Kamera: Miyaoka Hideyuki und Nishihara Tazz Miyaoka
Disc Callithump CPCD-001
Bucherscheinungen
Presque rien avec Luc Ferrari
von Jacqueline Caux, in japanischer Übersetzung von Ryosuke Shiina (Tokyo, 2006)
Éditions Main d’œuvre 2002
Sonopsys N° 4 Luc FerrariI
Cahiers Musique Concrète / Acousmatique, erschienen bei Licences (zweisprachig in Französisch und Englisch)
von Alexandre Yterce und Florence Gonot
Luc Ferrari Portraits polychromes
erweiterte Ausgabe GRM / INA
Literatur
MusikTexte 107, November 2005, 47–82 (Ferrari-Themenschwerpunkt mit Beiträgen von Luc Ferrari, Peter Michael Hamel, Tatjana Böhme-Mehner, Daniel Teruggi, Monika Lichtenfeld, Klaus Mehner, Hanno Ehrler, Jacqueline Caux und Werkverzeichnis).