Westenrieder war der Sohn eines Kornhändlers im Münchner Angerviertel. Nach der Ausbildung am Jesuitengymnasium München (heute: Wilhelmsgymnasium München)[1] studierte er am Fürstbischöflichen Lyzeum am Freisinger Domberg Theologie, wo er 1771 zum Priester geweiht wurde. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 wurde er als Professor für Poetik und Rhetorik an das Gymnasium in Landshut berufen. Dort verfasste er u. a. die Komödie „Die zween Kandidaten“, die auf der königlichen Münchner Hofbühne aufgeführt wurde. 1774 kehrte er nach München zurück und setzte seine Lehrtätigkeit in Rhetorik fort. Daneben verfasste er u. a. zahlreiche Aufsätze und Vorträge zur Landesgeschichte und Literatur. 1776 wurde er zum Zensurrat, der die Buchpublikationen überwachte, und 1799 zu dessen Direktor ernannt.
Westenrieder war ein Anhänger einer gemäßigten Aufklärung. Neben seinen historischen und theoretischen Werken verfasste er auch Romane und Theaterstücke. Sein historisches und literarisches Werk umfasst mehr als hundert Bände, die sich häufig mit der soziokulturellen Entwicklung Münchens und seiner Bewohner beschäftigen. Westenrieder gilt als einer der bedeutendsten bayerischen Schriftsteller des 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts.
Grabstätte
Die Grabstätte von Lorenz Westenrieder befindet sich auf dem Alten Südlichen Friedhof in München (Alte Arkaden Platz 92 bei Gräberfeld 19) Standort48.12677777777811.566027777778[4].
Namensgeber für Straße
Nach Lorenz Westenrieder wurde am 21. Oktober 1848 in München im Stadtteil Graggenau (Stadtbezirk 1 – Altstadt-Lehel)⊙48.1350411.57988 die Westenriederstraße benannt.[5] In der Westenriederstraße steht auch das Geburtshaus Westenrieders. Am Haus der Hausnummer 21 weist eine Tafel darauf hin.
Kunstauffassung
Nach seiner Auffassung kann Malerei in der freien Natur zu gleich guten Ergebnissen gelangen wie Ideallandschaften im Atelier. Nachfolgend führte dies zur Gründung privater Malerschulen, wobei die in München als „Westenrieder Malerschule“ bezeichnet wurde.[6]
„… groß genug wäre die Insel, um darin irgendeinen Kummer zu begraben, auch groß genug, zwei Herzen aufzunehmen, die jetzt in der süßesten und glücklichsten Schwärmerei ihrer Seelen nichts bedürfen als sich selbst und nichts wünschen als Gebüsche, ihr Glück vor den Augen des Neids zu verbergen.“[7]
Werke (chronologisch)
Wesentliche Begriffe des praktischen Christenthums. (1774, anonym)
Rede von den Ursachen, warum die Früchte der Schulverbesserungen nicht plötzlich sichtbar und allgemein werden. (1774)
Die zween Candidaten. (1774, Lustspiel)
Marc Aurel. (1776)
Einleitung in die schönen Wissenschaften. (1777)
Briefe bairischer Denkungsart und Sitten. (1778)
Rede zum Andenken des Peters von Osterwald Sr. churfürstl. Durchleucht in Baiern, geheimen Rath, ersten Direktors des churfürstl. geistlichen Raths, dann akademischen Direktors der philosophischen Classe. (1778)
Baierische Beyträge zur schönen und nützlichen Litteratur. (1779–1781)
Reden und Abhandlungen. (1780)
Zum Andenken des Andreas Felix von Oefele. (1780)
Rede zum Andenken des churfl. Geistl. Raths Sekretärs Anton Johann Lipowsky etc. (1781)
Beiträge zur vaterländischen Historie, Geographie, Statistik und Landwirtschaft. (1785 bis 1817)
Bayrischer historischer Kalender. (1786–1818)
Von den Nomalisten. (1786)
Geschichte von Baiern. (1786)
Ueber die Frage: Welche waren die Grundursachen der zahlreichen, vom 11ten bis ins 15te Jahrhundert in Baiern gestifteten Abteyen? Und wurde von denselben den landesherrlichen Absichten wirklich entsprochen? hat am höchsterfreulichen Geburtsfest Sr. Churfl. Durchlaucht Carl Theodor in einer öffentlichen akademischen Versammlung auf dem Churfl. Bibliotheksaale gelesen Lorenz Westenrieder. (1787)
Briefe eines Baiern. (1787)
Ueber die Verheimligung alter Handschriften, und Urkunden. (1788)
Kaiser Ludwig der Baier. (1792)
Staatistische Beschreibung des churfürstl. Landgerichts Dachau. (1792)
Ueber Berichtigungen der Regierungsgeschichte des Herzog Mainhard 1361 - 1363. (1792)
Betrachtungen über Ludwig, den Brandenburger. (1793)
Abriß der baierischen Geschichte. (1798)
Abriß der deutschen Geschichte. (1798)
Akademische Rede über das Rechtbuch des Ruperts von Freysing. (1802)
Geschichte meines Backenschmerzens genannt Taismus. (1802)
Denkrede auf Carl Albert von Vacchiery, königl. wirkl. geheimen Rath und Hofgerichtskanzler. (1808)
Der Würm- oder Starenbergersee und die umliegende Gegend. (1811)
Briefe über und aus Gastein. (1817)
Theses centum, circa materias gravissimas. (1817)
Über die Wiederherstellung des Jesuitenordens. (1818)
Handbuch der baierischen Geschichte. (1820)
Hundert Erinnerungen. (1821)
Hundert Sonderbarkeiten, oder das neue München im Jahre 1850. (1824)
Das neue München und Bayern im Jahre 1850. (1828)
Sämmtliche Werke. (1831–1838, 29 Bände)
Aus dem handschriftlichen Nachlaß L. v. Westenrieders. (1882, 2 Bde., Hrsg. Kluckhohn)
Literatur
Maurus Gandershofer: Erinnerungen an Lorenz von Westenrieder. Mit dem Bildniße des Seligen. Fleischmann, München 1830.
Franz Maria Ferchl: Geschichte der Errichtung der Ersten Lithographischen Kunstanstalt bei der Feiertagsschule für Künstler und Techniker in München, München, 1862.
Anton Graßl: Westenrieders Briefwechsel mit einer Darstellung seiner inneren Entwicklung. Kommission für bayerische Landesgeschichte, München 1934.
Wilhelm Haefs: Aufklärung in Altbayern. Leben, Werk und Wirkung Lorenz Westenrieders. Ars Una, Neuried 1998, ISBN 3-89391-352-1 (Zugleich: Dissertation, Univ. München 1986).
Wilhelm Haefs: „Praktisches Christentum“. Reformkatholizismus in den Schriften des altbayerischen Aufklärers Lorenz Westenrieder. In: Harm Klueting, Norbert Hinske, Karl Hengst (Hrsg.): Katholische Aufklärung. Aufklärung im katholischen Deutschland. Meiner, Hamburg 1993, ISBN 3-7873-1107-6, S. 271–301 (Studien zum achtzehnten Jahrhundert 15).
Alexander Langheiter: Lorenz von Westenrieder. In: Jürgen Wurst, Alexander Langheiter (Hrsg.): Monachia. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 2005, ISBN 3-88645-156-9, S. 72.
Alois Schmid: Lorenz von Westenrieder (1748–1829). Bayerischer Geschichtsschreiber und Schriftsteller, geistlicher Volkserzieher. In: Ulrike Leutheusser (Hrsg.): München leuchtet für die Wissenschaft. Berühmte Forscher und Gelehrte. Allitera Verlag, München 2007, ISBN 978-3-86520-257-4, S. 207–222 (Edition Monacensia).
Hans Pörnbacher: Lorenz von Westenrieder. In: Eberhard Dünninger, Dorothee Kiesselbach (Hrsg.): Bayerische Literaturgeschichte in ausgewählten Beispielen. Band 2: Neuzeit. Süddeutscher Verlag, München 1967, S. 153–167.
Michael Wittmann: Lorenz von Westenrieder als Schulbuchautor. In: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte. 37, 1974, ISSN0044-2364, S. 917–930, online.
Wolfgang Görl: Platz machen dem Licht in Verstand und Herz. Lorenz von Westenrieder wurde vor 275 Jahren in eine unruhige Zeit geboren. Als Schriftsteller dürfte er den Münchnern weniger bekannt sein, dabei war er einer der wichtigsten Akteure der Aufklärung in Bayern. In: Süddeutsche Zeitung vom 1. August 2023, S. R4.