Linneit kristallisiert im kubischen Kristallsystem und entwickelt undurchsichtige Kristalle von meist wenigen Millimetern Größe und oktaedrischemHabitus, findet sich aber auch in Form körniger bis massiger Mineral-Aggregate. Das Mineral ist in jeder Form undurchsichtig (opak) und von hellgrauer bis stahlgrauer Farbe, hinterlässt jedoch auf der Strichtafel einen eher schwärzlichgrauen Strich. Die Kristallflächen frischer Mineralproben weisen einen metallischen Glanz auf. Nach einiger Zeit können diese aber matt oder buntfarbig anlaufen.
Erstmals beschrieben wurde das Mineral bereits 1746 durch den schwedischen Chemiker Georg Brandt aus einem schwedischen Vorkommen[6] unter der Bezeichnung Schwedischer Pyrit. Nach dem Rösten desselben erhielt er ein schwarzes Pulver. Mit Kohlepulver, Flussmitteln und nach intensiver Hitzebehandlung in einem Schmiedeofen erhielt er eine kompakte, rötliche und formbare Masse mit magnetischen Eigenschaften, die er später als ein neues, bisher unbekanntes Element Cobalt erkannte.[8]
Den bis heutige gültigen Namen im deutschen Sprachraum erhielt das Mineral allerdings 1845 von Wilhelm Ritter von Haidinger, der es nach dem berühmten schwedischen Botaniker und Taxonomen Carl von Linné benannte.[9] Im englischen Sprachraum setzte sich dagegen die Bezeichnung Linnaeite[2] durch, die sich aus dem latinisierten Namen Linnés, Carolus Linnaeus, ableitet.
Eine vollständige mineralogische Beschreibung gelang allerdings erst anhand von Mineralproben aus den polymetallischen Erzlagerstätten der Bastnäs-Gruben bei Riddarhyttan in der schwedischen Provinz Västmanlands län. Die chemischen Analysen führten Wernekink und Hisinger durch und 1832 publizierte François Sulpice Beudant die Untersuchungsergebnisse und Mineralbeschreibung in seinem zweiten Band der Traité élémentaire de minéralogie unter der Mineralbezeichnung Koboldine. Die Bastnäs-Gruben gelten daher entsprechend als Typlokalität des Minerals. In ihnen wurden zudem viele weitere Seltenerd-Minerale entdeckt, aus denen auch die Elemente Cer und Lanthan erstmals extrahiert wurden.
Ein Aufbewahrungsort für das Typmaterial von Linneit ist nicht definiert.[7][10]
Linneit war bereits vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) 1958 bekannt und in der Fachwelt als Mineral anerkannt. Als sogenanntes grandfathered Mineral (G) wurde die Anerkennung von Linneit als eigenständige Mineralart von der Commission on new Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen.[2] Die ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Linneit lautet „Lin“.[1]
Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Linneit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfide mit [dem Stoffmengenverhältnis] M(etall) : S(chwefel) < 1 : 1“, wo er als Namensgeber die „Linneit-Reihe“ mit der System-Nr. II/C.01 und den weiteren Mitgliedern Bornhardtit, Carrollit, Daubréelith, Greigit, Indit, Polydymit, Siegenit, Trüstedtit, Tyrrellit und Violarit bildete.
Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/D.01-20. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Sulfide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : S,Se,Te < 1 : 1“, wo Linneit zusammen mit Bornhardtit, Cadmoindit, Carrollit, Cuprokalininit, Daubréelith, Fletcherit, Florensovit, Greigit, Indit, Kalininit, Polydymit, Siegenit, Trüstedtit, Tyrrellit und Violarit die „Linneit-Gruppe“ bildet.[3]
Die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Linneit in die neu definierte Abteilung der „Metallsulfide mit dem Stoffmengenverhältnis M : S = 3 : 4 und 2 : 3“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach dem genauen Stoffmengenverhältnis, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „M : S = 3 : 4“ zu finden ist, wo es zusammen mit Bornhardtit, Cadmoindit, Carrollit, Cuproiridsit, Cuprorhodsit, Daubréelith, Ferrorhodsit, Fletcherit, Florensovit, Greigit, Indit, Kalininit, Malanit, Polydymit, Siegenit, Trüstedtit, Tyrrellit, Violarit und Xingzhongit die nach wie vor existierende „Linneitgruppe“ mit der System-Nr. 2.DA.05 bildet.[12]
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Linneit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er ebenfalls als Namensgeber der „Linneitgruppe (Isometrisch: Fd3m)“ mit der System-Nr. 02.10.01 und den weiteren Mitgliedern Carrollit, Fletcherit, Tyrrellit, Bornhardtit, Siegenit, Polydymit, Violarit, Trüstedtit, Greigit, Daubréelith, Indit, Kalininit, Florensovit, Cuproiridsit, Cuprorhodsit, Malanit, Ferrorhodsit und Cadmoindit innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n):p=3:4“ zu finden.
Aufgrund weitgehender Mischkristallbildung mit verschiedenen Sulfiden gleicher Struktur kann Linneit allerdings hohe Fremdbeimengungen an Kupfer (Cu), Eisen (Fe) und Nickel (Ni) aufweisen.[6] So wurden unter anderem in chemisch ähnlichen Mineralproben aus den Kupfer- und Cobalt-Gruben bei Gladhammar etwa 15 km südwestlich von Västervik in der schwedischen Provinz Kalmar län[14] neben einem abweichenden Gehalt von 40,71 Gew.-% Co und 41,43 Gew.-% S noch Fremdbeimengungen von 7,35 Gew.-% Ni, 8,79 Gew.-% Cu und 1,30 Gew.-% Fe gemessen. Weitere analysierte Proben aus dem Carroll County (Maryland) in den USA (Eisen-Kupfergruben in Finksburg, Louisville und Sykesville[14]) wiesen neben 48,70 Gew.-% Co und 41,70 Gew.-% S noch 4,75 Gew.-% Ni, 2,40 Gew.-% Cu und 2,36 Gew.-% Fe auf.[7]
Es ist eine goldhaltige Varietät des Linneits bekannt. Diese ist bislang nur aus einem Fund in der Santa Fé Mine im mexikanischen Bundesstaat Chiapas bekannt.[17]
Als eher seltene Mineralbildung kann Linneit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Weltweit sind bisher (Stand 2022) rund 260 Fundorte für Linneit dokumentiert.[18] Neben der Typlokalität Bastnäs im Västmanlands län fand man das Mineral in Schweden noch bei Smedsbo in Dalarna, Vittangi (Gemeinde Kiruna) in Lappland, Tunaberg (Nyköping) im Södermanland sowie an mehreren Orten in Småland und Västmanland gefunden werden.
Bekannt für seine gut ausgebildeten Kristalle mit bis zu drei Zentimetern Durchmesser ist zudem die sedimentäre Kupfer- und Cobalt-Vererzung in der Kilembe Mine im Königreich Toro in Uganda.[19] Weitere bekannte sedimentäre Lagerstätte dieser Art lagen in Nordrhodesien und Katanga.[6]
François-Sulpice Beudant: Traité élémentaire de minéralogie. Band2. Chez Verdière, Paris 1832, S.417–418 (französisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Wilhelm von Haidinger: Handbuch der Bestimmenden Mineralogie. Braumüller und Seidel, Wien 1845, S.559–562 (rruff.info [PDF; 246kB; abgerufen am 16. März 2022] Zweite Klasse: Geogenide. XIII. Ordnung. Kiese III. Kobaltkies. Linnéit).
Richard V. Gaines, H. Catherine W. Skinner, Eugene E. Foord, Brian Mason, Abraham Rosenzweig: Dana’s New Mineralogy. 8. Auflage. John Wiley & Sons, New York (u. a.) 1997, ISBN 0-471-19310-0, S.99.
↑ abc
Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
↑David Barthelmy: Linnaeite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 17. März 2022 (englisch).
↑ abcHugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S.93.
↑ abcdefgh
Linnaeite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 64kB; abgerufen am 17. März 2022]).
↑Brandt, Georg (1694–1768). In: mineralogicalrecord.com. The Mineralogical Record, abgerufen am 11. Oktober 2022.
↑ ab
Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S.253.
↑
Ferdinando Bosi, Cristian Biagioni, Marco Pasero: Nomenclature and classification of the spinel supergroup. In: European Journal of Mineralogy. Band31, Nr.1, 12. September 2018, S.183–192, doi:10.1127/ejm/2019/0031-2788 (englisch).