Lebach-UrteilDas Lebach-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 5. Juni 1973 gilt in der deutschen Rechtswissenschaft als Grundsatzurteil zum Verhältnis von Rundfunkfreiheit und Persönlichkeitsrecht. Das Urteil findet sich in der amtlichen Entscheidungssammlung BVerfGE 35, 202–245. SachverhaltBeim Soldatenmord von Lebach waren 1969 bei einem Überfall auf ein Munitionslager vier schlafende Wachsoldaten getötet, ein Soldat schwer verletzt sowie Waffen und Munition entwendet worden. Die Haupttäter wurden 1970 zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, ein Beteiligter wegen Beihilfe zum Mord zu sechs Jahren Haft. Das ZDF hatte im Februar 1972 ein zweiteiliges Fernsehspiel fertiggestellt und die Ausstrahlung für den Juni des Jahres geplant. Es sollte zunächst in einer Einleitung die Straftat und die Beteiligten mit Namen und Bildern vorstellen und anschließend als Dokumentarspiel mit Schauspielern die Tat rekonstruiert darstellen. Ein Antrag des Gehilfen, die Ausstrahlung im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, wurde vom Landgericht Mainz und dem Oberlandesgericht Koblenz im Oktober 1972 abgelehnt. Gegen diese Entscheidung legte der zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilte und nach vier Jahren verbüßter Freiheitsstrafe kurz vor der Prüfung der Reststrafaussetzung zur Bewährung stehende Gehilfe Verfassungsbeschwerde ein. Das Bundesverfassungsgericht erließ eine einstweilige Anordnung, in der die Ausstrahlung bis zur Klärung in der Hauptsache untersagt wurde, die dann im Urteil erfolgte. Zusammenfassung des UrteilsDer Senat würdigt zunächst die Rundfunkfreiheit: Der Schutz der Rundfunkfreiheit umfasst demnach die Auswahl des Stoffes, die Art und Weise der Darstellung und auch die Form einer Sendung. Bei der Abwägung der Rundfunkfreiheit gegen das Persönlichkeitsrecht ist aber die gegenüber Presse, Hörfunk und Film größere Suggestivwirkung und Reichweite des Fernsehens einzubeziehen. In der Regel überwiegt das Informationsinteresse der Bevölkerung und damit die Rundfunkfreiheit bei einer aktuellen Berichterstattung über schwere Straftaten gegenüber dem Persönlichkeitsschutz des Täters. Allerdings muss bei einer späteren Berichterstattung, die nicht mehr das Interesse an tagesaktueller Information bedient, eine neue Abwägung stattfinden. Hier kann das Persönlichkeitsrecht des inzwischen verurteilten und einsitzenden Täters insbesondere dann überwiegen, wenn durch die Berichterstattung die Resozialisierung gefährdet ist. Hier hat das BVerfG eine solche Gefährdung der Resozialisierung bejaht und damit die Kollision der Grundrechte zugunsten des Persönlichkeitsschutzes aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG entschieden. Aus der UrteilsbegründungBVerfGE 35, 202, 231 f.
BVerfGE 35, 202, 233 f.
Weitere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über eine Fernsehdokumentation zu den Lebach-Morden1996 wollte der Fernsehsender Sat.1 eine Fernsehdokumentation zu den Lebach-Morden ausstrahlen. Einer der Tatbeteiligten klagte dagegen erfolgreich auf Unterlassung, wogegen der Fernsehsender Sat.1 bis vor das Bundesverfassungsgericht ging. Das Gericht hob das Verbot der Ausstrahlung der Dokumentation auf mit der Begründung (BVerfG, 1 BvR 348/98 vom 25. November 1999), dass in der beanstandeten Dokumentation keine für die Identifizierung der Beteiligten (durch nicht dem damaligen Bekanntenkreis der Täter zugehörige Personen) taugliche Informationen gegeben würden. Wörtlich führte das Gericht weiter aus:
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
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