Die bisher von den Ämtern wahrgenommenen Aufgaben wurden Landräten (zuständig für die Verwaltung) und Landgerichten (zuständig für die Rechtsprechung) übertragen.[1] Infolge der in den Solmsischen Besitzungen Oberhessens erst 1822 durchgeführten Trennung von Justiz und Verwaltung kam es zur Bildung des Landgerichts Lich so erst mit einem Jahr Verspätung.[2] Dessen Bezirk wurde aus den Bezirken der ehemals solmsischen Ämter Lich und Niederweisel gebildet. Die Grafen vom Solms-Lich ließen ihre Rechte hier nun durch das Großherzogtum Hessen in ihrem Namen ausüben.[3]
In den standesherrlichen Gebieten der Provinz Oberhessen bestanden zunächst weiterhin Justizkanzleien für Gerichtsfälle zweiter Instanz in Büdingen (für das ehemalige Fürstentum Isenburg) und Hungen (für Solms). Dem übergeordnete Instanz war das Hofgericht Gießen. Auf das Recht der Gerichtsbarkeit zweiter Instanz verzichtete das Haus Solms 1823.[4] Die letzten standesherrlichen Privilegien wurden erst in der Märzrevolution 1848 mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April 1848 beseitigt.[5]
Anlässlich der umfassenden Neuordnung der Gerichtsbezirke in der Provinz Oberhessen kamen mit Wirkung vom 15. Oktober 1853[9] eine Reihe Gemeinden zum Landgericht Lich[10] (siehe Übersicht).
Ende
Mit dem Gerichtsverfassungsgesetz von 1877 wurden Organisation und Bezeichnungen der Gerichte reichsweit vereinheitlicht. Zum 1. Oktober 1879 hob das Großherzogtum Hessen deshalb die Landgerichte auf. Funktional ersetzt wurden sie durch Amtsgerichte.[11] So ersetzte nun das Amtsgericht Lich das Landgericht Lich. „Landgerichte“ nannten sich nun die den Amtsgerichten direkt übergeordneten Obergerichte. Das Amtsgericht Lich wurde dem Bezirk des Landgerichts Gießen zugeordnet.[12]
Gerichtsgebäude
Das spätklassizistische Gerichtsgebäude in der Amtsgerichtsstraße 1 wurde in den 1860er Jahren errichtet. Es ist ein neunachsiger Rechteckbau mit umlaufendem Gesims und hochrechteckigen Fenstern. Später wurde das Haus an der Westseite um zwei Achsen erweitert. Die Front ist durch umlaufende Gesimse und gleichmäßig gereihte Fenster vierfach horizontal gegliedert. Das pilastergerahmte Hauptportal ist über eine Freitreppe erreichbar. Der Haupteingang selbst besteht aus der originalen zweiflügligen Tür mit hohem Oberlicht.
Das Gebäude wurde ab 1879 vom Amtsgericht Lich nachgenutzt. Nach der Aufhebung des Amtsgerichts Lich 1934 wurde das Haus bis 1956 als Rathaus verwendet, anschließend bis 1987 als Städtisches Krankenhaus. In diesem Zusammenhang erfolgte die Aufstockung, um Platz für die Wöchnerinnenstation zu schaffen. Mit der Einweihung des neuen Kreiskrankenhauses 1986 mietete die Biologische Arbeitsgemeinschaft (heute BAG Health Care) das Gebäude. 2008 kaufte das Unternehmen das Haus von der Stadt.[13]
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Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr.33, S.403ff. (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
↑Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 7. August 1848. In: Großherzog von Hessen (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1848 Nr.40, S.237–241 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 42,9MB]).