Der Konstantinorden (italienischSacro Militare Ordine Costantiniano di San Giorgio; „Religiöser und Militärischer Konstantinischer St.-Georgs-Orden“) ist ein weltlicher Ritterorden mit römisch-katholischen Mitgliedern. Heute ist er in drei Zweige um die Oberhäupter der Häuser Bourbon-Sizilien und Bourbon-Parma mit unterschiedlichen Statuten und Ordensklassen gespalten.
Ziele des Ordens sind die Wahrung des Glaubens, die Verteidigung der Katholischen Kirche und die Unterstützung des Heiligen Stuhls.
Die Damen und Ritter des Ordens sehen sich in Loyalität und Ergebenheit zum Heiligen Vater und für die Lehren und Dogmen der Römisch-Katholischen Kirche einstehend.
Geschichte
Der Orden soll bereits durch Kaiser Konstantin im Jahre 313 gestiftet und durch KaiserIsaak Angelos 1190 erneuert worden sein. Tatsächlich kennt das orthodoxe Christentum kein Ordenswesen. Dokumentiert ist der Orden seit dem 16. Jahrhundert als Ritterorden der albanischen Familie Angelo, angeblich Nachfahren des byzantinischen Kaiser Isaak Angelos. Andrea II. Angelo statuierte den Orden 1573 und erhielt 1575 die päpstliche Bestätigung.[1][2]
Auch wenn bereits Zeitgenossen Zweifel an der fiktiven Geschichte des Ordens hegten, galt er dennoch als ältester und kaiserlicher Ritterorden (etwa bei Christian Gryphius[3]). Er stand damit formell über dem höchsten katholischen Orden, dem von HerzogPhilipp von Burgund gestifteten Orden vom Goldenen Vlies. Als sich Ende des 17. Jahrhunderts das Erlöschen der Angeli abzeichnete, galt daher Kaiser Leopold I. als möglicher Nachfolger als Großmeister. Auch Gustav Samuel Leopold von Zweibrücken wurde u. a. vom Ordenskanzler als Großmeister ins Spiel gebracht. Der letzte Angehörige der Angeli, Giovanni Andrea II., verkaufte das Großmeistertum des Ordens 1697 dagegen an Herzog Francesco Farnese von Parma, was dieser sich 1699 von Kaiser und Papst bestätigen ließ.[4]
Mit dessen Nachfolger Karl wanderte der Orden ins Königreich Neapel. Hier bestand der Orden mit Unterbrechung während der Parthenopäischen Republik bis zum Untergang des Königreichs beider Sizilien 1860, unter dessen Protektorat der Orden stand. Nach einer nicht unumstrittenen Neubelebung wechselte das Zentrum des Ordens nach Rom.
Marie-Louise von Österreich gründete als Herzogin von Parma einen parmesischen Ordenszweig, der bis heute als dynastischer Orden des Hauses Bourbon-Parma existiert.
Durch den Nachfolgestreit im Haus Bourbon-Sizilien seit 1960 bedingt, beanspruchen aktuell in Rivalität zueinander sowohl Don Carlo von Bourbon-Sizilien, Herzog von Castro (* 1963) (Neapolitanische Obedienz), als auch Don Pedro von Bourbon-Sizilien, Herzog von Kalabrien (* 1968) (Spanische Obedienz), jeweils, allein Chef des Hauses Bourbon-Sizilien und demnach Großmeister des Konstantinordens zu sein.[5] Faktisch existieren daher drei Zweige des Konstantinischen Ordens.
Organisation bis 1860
Traditionell wird der Orden von 50 Großkreuzrittern geführt. Angeblich waren dies ursprünglich die Großprioren, Prioren und Baillis der alten Kommenden (in der Realität nutzt nur die Lateinische Kirche diese Kategorien). Bis ins 19. Jahrhundert leitete jeder Großkreuzritter formal eine Provinz, deren jede auf die angeblichen ursprünglichen Kommenden in Griechenland und Kleinasien zurückgeführt wurden:[6]
Die restlichen Ordensmitglieder teilten sich auf Rechtsritter (Cavaliere di Giustizia) und dienende Brüder (Scudieri) auf. Erstere mussten eine Adelsprobe auf vier Viertel (Adelsnachweis der Großeltern) ablegen, letztere wurden aufgrund außergewöhnlicher Verdienste aufgenommen.[7]
Justicia (Zugangsbedingung: 250 Jahre Adel bei den vier Vorfahren, väterlich- und mütterlicherseits des Kandidaten oder 400 Jahre Adel im väterlichen Viertel)
Jure sanguinis (Zugangsbedingung: 250 Jahre Adel im väterlichen Viertel)
Die Zahl der Bailli ist auf 50 begrenzt, wobei Prinzen des Hauses und Kardinäle nicht mitgerechnet werden. Das Großkreuz ist auf 150 Ritter und 75 Damen begrenzt, die anderen Grade sind unbegrenzt. Seit 1988 können in Ausnahmefällen auch Nichtkatholiken zu Ehrenrittern- und -Damen (Caballeros y Damas de Honor) aller Grade der Klasse ernannt werden, deren Zugangsvoraussetzung sie erfüllen.[10]
Insignien
Die Dekoration ist ein rot emailliertes konstantinisches Lilienkreuz mit goldener Einfassung. Aufgelegt ist mittig in Gold ein großes ChristusmonogrammΧ und Ρ und an seinen Enden die Buchstaben
I H S V
für die OrdensdeviseIn Hoc Signo Vinces (lateinisch, ‚unter diesem Zeichen wirst du siegen‘). Α und Ω auf dem waagerechten Kreuzbalken symbolisieren den Anfang und das Ende. Das Ordensband ist himmelblau.
Baillis und Großkreuze tragen das Insigne am Schulterband von der rechten Schulter zur linken Hüfte sowie einen aus acht silbernes spitzenvergoldetes Strahlen gebildeten Bruststern, der das Insigne trägt.
Ritter tragen das Insigne an der linken Brust, Kapläne am Hals. Das Insigne von Rittern und Damen Jure Sanguinis und Kaplänen ist mit einer Königskrone gekrönt, das von Rechtsrittern darüber hinaus mit goldenen Kriegstrophäen, das der Baillis hält zusätzlich ein Abbild des Heiligen Georg.[10]
Zeremoniekleidung
Ein himmelblauer weißgefütterter Mantel aus Atlasseide wird durch eine weiß-blaue Schnur gebunden. Zum weißen Rock gehören noch eine Weste und sogenannte Beinkleider, die in himmelblauer Seide gehalten sind. Weiße Strümpfe und schwarze Schuhe mit himmelblauen Bändern vervollständigen die Kleidung. Der rote Samthut mit weißem Seidenfutter ist mit farbigen Federn verziert. Die Form des Hutes entsteht durch vierfachen Aufschlag und ist vorn sichtbar mit dem goldenen Christus-Monogramm bestickt. Das Degengehänge ist in karminrotem Samt gehalten.[10]
Neapolitanischer Zweig
Die Ordensmitglieder sind in drei Kategorien geteilt: Rechtsritter und -damen (Cavaliere e Dama di Giustizia), Gratialritter und -damen (Cavaliere e Dama di Grazia, die frühere Donatenklasse) und Verdienstritter und -damen (Cavaliere e Dama di Merito). Jede Kategorie wird in Grade unterteilt, die denen der Ehrenlegion entsprechen.[11]
Die ersten 36 traditionell als Großmeister geführten Personen werden vom Orden selbst mittlerweile nicht mehr mitgezählt. Einige Personen sind völlig fiktiv, für die anderen ist keine Verbindung mit dem Orden nachweisbar.[13]
Angebliche Großmeister der apokryphen Geschichte des Ordens
Constantius Gallus Angelos Flavius, angeblich Fürst von Makedonien, 361–362
Michael Gallus Angelos Flavius, angeblich Fürst von Makedonien, 362–428 (angeblicher Enkel Konstantins I.)
Alexios I. Angelos Flavius Comnenus, angeblich Fürst von Makedonien, 428–458 auch Isaak Angelos Flavius genannt, angeblich Exarch von Ravenna 428–458
Alexios II. Angelos Flavius Comnenus, angeblich Fürst von Kilikien und Makedonien, 458–514 oder Isaak, mutmaßlicher Sohn des oben genannten Isaak Angelos, der eine Tochter des Kaisers Heraklius geheiratet haben soll, der in einigen Quellen als Gründer des Ordens genannt wird.
Michael II.. Angelos Flavius Comnenus, angeblich Fürst von Kilikien und Makedonien, 514–548
Alexios Michael Angelos Flavius Comnenus, angeblich Fürst von Kilikien und Makedonien, 548–586
Angelo Michael Angelos Flavius Comnenus, angeblich Fürst von Kilikien und Makedonien, 586–617
Philipp Basilius Pippin Angelos Flavius Comnenus, angeblich Herzog von Drivasto und Durazzo, Despotat der Peloponnes, 617–625
Isaak Angelos Flavius Comnenus, angeblich Fürst von Kilikien und Makedonien, 625–667
Alexios III. Angelos Flavius Comnenus, angeblich Fürst von Kilikien und Makedonien, 667–719
Konstantin III. Angelos Flavius Comnenus, angeblich Fürst von Kilikien und Makedonien, 719–781
Michael IV. Angelos Flavius Comnenus, angeblich Fürst von Kilikien und Makedonien, 781–820
Konstantin IV. Angelos Flavius Comnenus, angeblich Fürst von Kilikien und Makedonien, 820–905
Alexios IV. Angelos Flavius Comnenus, angeblich Fürst von Kilikien und Makedonien, 905–953
Michael V. Angelos Flavius Comnenus, angeblich Fürst von Kilikien und Makedonien, 953–984
Emanuel Michael Angelos Flavius Comnenus, angeblich Fürst von Kilikien und Mazedonien, 984–1021
Alexios Andreas Angelos Flavius Comnenus, angeblich Graf und Herzog von Drivasto, 1204–1260
Michael VI. Angelos Flavius Comnenus, angeblich Graf und Herzog von Drivasto oder Despot von Epiros, 1260–1318
Andreas I. Nicephorus Angelos Flavius Comnenus, angeblich Despot von Epiros, geboren 1287, 1318–1366
Michael VII. Angelos Flavius Comnenus, angeblich Despot von Epiros, 1366–1410 oder Petrus Angelos Flavius Comnenus, angeblich Herzog von Drivasto und Durazzo, 1366–1410
Paul I. Angelos Flavius Comnenus, angeblich Herzog von Drivasto und Durazzo, 1410–1453
Andrea (II.) Angelo Flavio Comneno, angeblich Herzog und Graf von Drivasto und Durazzo, 1453–1447
Paolo (II.) Angelo Flavio Comneno, angeblich Herzog und Graf von Drivasto und Durazzo, Erzbischof von Durazzo, 1447–1468/69
Pietro I. Angelo Flavio Comneno, angeblich Herzog und Graf von Drivasto und Durazzo, 1469–1511
Giovanni Demetrio Angelo Flavio Comneno, angeblich Fürst von Kilikien, 1511–1570
Großmeister von der Statuierung bis zur Spaltung
Andrea Angelo Flavio Comneno, angeblich Fürst von Mazedonien, Herzog und Graf von Drivasto und Durazzo, um 1545–1580
Girolamo I. Angelo Flavio Comneno, angeblich Fürst von Thessalien, 1580–1591
Pietro II. Angelo Flavio Comneno I, angeblich Prinz von Mazedonien, Herzog und Graf von Drivasto
Giovanni Andrea I. Angelo Flavio Comneno, angeblich Fürst von Mazedonien, Herzog und Graf von Drivasto und Durazzo, 1592–20. Juli 1623 und erneut 1627–1634
Don Marino Caracciolo, Fürst von Avellino, 20. Juli 1623–1627
Angelo Maria Angelo Flavio Comneno, angeblich Fürst von Mazedonien, Herzog und Graf von Drivasto und Durazzo, 1634–1678
Gregor Gatscher-Riedl: In Hoc Signo Vinces – Die Geschichte des Heiligen Konstantinischen Ritterordens vom Heiligen Georg. Zwischen religiösem Mythos und politischem Anspruch von Byzanz nach Neapel. Neue Welt Verlag, Wien 2012, ISBN 978-3-9503061-2-5.
↑Donald M. Nicol: The Immortal Emperor: The Life and Legend of Constantine Palaiologos, Last Emperor of the Romans. Cambridge University Press, 2002, ISBN 978-0-521-89409-8, S.121 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 25. Februar 2022]).
↑Guy Stair Sainty: The Constantinian Order of Saint George: and the Angeli, Farnese and Bourbon families which governed it. Boletín Oficial del Estado, 2018, ISBN 978-84-340-2506-6, S.41 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 25. Februar 2022]).
↑Christian Gryphius: Kurtzer Entwurff der Geist- und Weltlichen Ritter-Orden. Bauch, Leipzig/Breslau 1709, S.8 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 10. Dezember 2023]).
↑Eucharius Gottlieb Rink: Leopolds des Grossen, Röm. Käysers, wunderwürdiges Leben und Thaten. Band2. Fritsch, 1708, S.882-824 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 10. Dezember 2023]).
↑Cavalieri Costantiniani di S. Giorgio: Statuti et constitutioni della Sacra Militia Aureata Angelica Constantiniana di San Giorgio. 1621, S.71 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 23. Februar 2022]).
↑Cavalieri Costantiniani di S. Giorgio: Statuti e privilegi della sacra religione costantiniana. Aureata angelica di San Giorgio. per Gio. Prainer, 1624 (italienisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 7. Juni 2022]).
↑Ordine dei Cavalieri costantiniani di S. Giorgio: Statuti del sacro imperial Ordine Cavalleresco e dell'inclita religione angelica, aurata Costantiniana ricompilati per ordine di sua altezza serenissima Francesco Farnese duce di Parma, e Piacenza … nella Stamperia Reale, 1785, Kap.3 (Latein, italienisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 7. Juni 2022]).
↑Reconocimiento internacional. In: Orden Constantiniana – SACRA Y MILITAR ORDEN CONSTANTINIANA DE SAN JORGE. Abgerufen am 6. Juni 2022 (europäisches Spanisch).
↑ abcEstatutos. In: Orden Constantiniana – SACRA Y MILITAR ORDEN CONSTANTINIANA DE SAN JORGE. Abgerufen am 6. Juni 2022 (europäisches Spanisch).
↑Governo dell'Ordine. In: Sacro Militare Ordine Costantiniano di San Giorgio. Abgerufen am 6. Juni 2022 (italienisch).
↑Grandes Maestres. In: Orden Constantiniana – SACRA Y MILITAR ORDEN CONSTANTINIANA DE SAN JORGE. Abgerufen am 19. September 2022 (europäisches Spanisch).