Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in HildesheimDie Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in Hildesheim, auch „Vinzentinerinnen von Hildesheim“ genannt, ist eine transnationale, römisch-katholische Ordensgemeinschaft päpstlichen Rechts mit sozialen Einrichtungen und Konventen in Norddeutschland und Peru. Sie ist Teil der vinzentinischen Familie und Mitglied der Föderation Vinzentinischer Gemeinschaften. Die Kongregation hat ihr Mutterhaus in Hildesheim. GeschichteAuf Initiative des damaligen Hildesheimer Bischofs Eduard Jakob Wedekin kamen im Juni 1852 drei Barmherzige Schwestern aus dem Mutterhaus der Vinzentinerinnen in Paderborn nach Hildesheim. Fünf Jahre später waren im Bistum bereits 13 Schwestern in drei Niederlassungen tätig. Nach einem mit dem Mutterhaus in Paderborn geschlossenen Vertrag erfolgte am 15. Oktober 1857 die Gründung der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in Hildesheim.[1] Bis zum Jahr 1941 wuchs die Kongregation kontinuierlich an, bis sie 836 Schwestern und 93 Niederlassungen zählte. Vinzentinisches Charisma und sozial-innovatives WirkenDie Vinzentinerinnen von Hildesheim sind eine sozial-innovative Schwesterngemeinschaft, deren spirituelle und praktische Ausrichtung auf den Geist des hl. Vinzenz von Paul sowie der hl. Luise von Marillac zurückgeht. Vinzenz von Paul gründete im frühen 17. Jahrhundert die Priestergemeinschaft der Lazaristen sowie, gemeinsam mit Luise von Marillac, die Gemeinschaft der Töchter der christlichen Liebe. Beide Gemeinschaften waren auf die Hilfe für notleidende, arme und kranke Menschen ausgerichtet. So sagte der hl. Vinzenz zu den Schwestern: „Ihr habt als Kloster die Häuser der Kranken, als Zelle eine Mietkammer, als Kapelle die Pfarrkirche, als Kreuzgang die Straßen der Stadt (…).“[2] Die vinzentinischen Ordensgemeinschaften haben in diesem Geist über die Jahrhunderte sozial-karitativ gewirkt. In Hildesheim war die „Krankenanstalt zum hl. Bernward“ (heute: St. Bernward-Krankenhaus) Ursprungsort und erstes Tätigkeitsfeld der Schwestern.[3] Die Vinzentinerinnen von Hildesheim haben sich immer wieder der Herausforderungen ihrer Zeit angenommen und mit weiblichem Einfühlungsvermögen und Scharfsinn soziale Anliegen vorangetrieben. So wurde im Jahr 1867 das St. Bernward-Krankenhaus auf Grund fortschrittlicher Desinfektions- und Quarantänemethoden von einer in Hildesheim um sich greifenden Cholera-Epidemie verschont.[4] Im Jahr 1922 wurden drei Schwestern als Fürsorgerinnen (eine frühe Bezeichnung für Sozialarbeiterin) von der Stadt Hildesheim angestellt.[5] Ein Sozialpädagogisches Seminar wurde 1929 im Mutterhaus der Vinzentinerinnen gegründet (heute: Fachschule für Sozialpädagogik „Vinzenz von Paul Schule“ in Duderstadt), damit junge Frauen eine Ausbildung zur Erzieherin durchlaufen konnten.[6] Mit dem Hospiz Luise in Hannover gründeten die Vinzentinerinnen von Hildesheim 1994 das erste stationäre Hospiz in Niedersachsen, zu dem heute auch der Ambulante Palliativdienst sowie der Ambulante Hospizdienst Luise gehören. In Braunschweig unterhält die Kongregation seit 1997 ein Frauenschutzhaus in Kooperation mit der Beratungsstelle Braunschweig des Solwodi Niedersachsen. Die Vinzentinerinnen von Hildesheim in PeruIm Juli 1967 kamen die ersten drei Hildesheimer Vinzentinerinnen auf Einladung eines peruanischen Bischofs nach Peru. 1969 wurden in Lima das Regionalhaus sowie die katholische, peruanisch-deutsche Schule „Reina del Mundo“ (span.: Königin der Welt) gegründet. Als 1971 die Stadt Trujillo im Norden Perus durch ein Erdbeben zerstört wurde, baute die Kongregation als Hilfsmaßnahme dort das Kinderheim „Divina Providencia“ (span.: Göttliche Vorsehung) auf. 1973 wird in Lima ein Noviziat eingerichtet, 1976 legte die erste peruanische Schwester ihre Profess ab. In den Folgejahren traten weitere einheimische junge Frauen ein. Mit wachsender Schwesternzahl konnte die Kongregation vier weitere Niederlassungen gründen: 1985 in Soritor, 1992 in Jimbe (im Distrikt Caceres del Perú), 1996 in Omate und 1998 in Písac.[7] Die Vinzentinerinnen von Hildesheim sind heute eine transnationale Ordensgemeinschaft. Im Oktober 2021 wurde mit Schwester Clara-Maria Siesquén Piscoya, Regionaloberin der Kongregation in Peru, erstmals eine peruanische Schwester auch in den fünfköpfigen Generalrat, das höchste Leitungsgremium der Kongregation, gewählt.[8] EinrichtungenVon der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in Hildesheim wurden seit den 1860er Jahren – zu einer Zeit, in der Frauen keine Verträge unterschreiben durften – Krankenhäuser, Kindergärten, Altenheime sowie diverse sozial-karitative Einrichtungen gegründet und betrieben. Viele dieser Einrichtungen bestehen bis heute im Elisabeth-Vinzenz-Verbund (EVV), an dem die Vinzentinerinnen von Hildesheim über die „Vinzenz-Bernward-Stiftung“ beteiligt sind[9], oder in Trägerschaft anderer Wohltätigkeitsverbände. Im Jahre 2022 waren die Hildesheimer Vinzentinerinnen die Trägerinnen von 12 Einrichtungen in Norddeutschland und Peru. Einrichtungen in Deutschland
Einrichtungen in Peru
Von der Kongregation gegründete Einrichtungen im EVV (Elisabeth Vinzenz Verbund)2018 wurde eine Reihe von Kongregationseinrichtungen in die Trägerschaft des Elisabeth-Vinzenz-Verbundes (EVV) überführt:
Von der Kongregation gegründete Einrichtungen, die heute in anderer Trägerschaft weiterbestehenZahlreiche der sozialen Einrichtungen, die von der Kongregation im Laufe der über 160 Jahre gegründet wurden, bestehen bis heute in anderer Trägerschaft:
Aufarbeitungsprojekt BernwardshofDer Bernwardshof in Hildesheim war eine Einrichtung der Hildesheimer Vinzentinerinnen. Das Haus diente Anfang des 20. Jahrhunderts zunächst als Schwesternerholungsheim, dann als Kinderheim für Jungen, die dort auch beschult wurden. Das Haus wurde von 1945 bis 1974 von Direktor Friedrich Henke geleitet, der Priester der Diözese Hildesheim war. Jeweils mehrere Ordensschwestern waren in der Einrichtung tätig. Nach der Schließung des Kinderheims 1987 waren in den Gebäuden ein Schwesternaltenheim sowie bis 2011 das Bildungs- und Tagungshaus St. Vinzenz untergebracht. 2016 verkaufte die Kongregation den Bernwardshof an ein Immobilienunternehmen. Die Untersuchung des externen Gremiums zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch während der Amtszeit des verstorbenen Bischofs Heinrich Maria Janssen (von 1957 bis 1982), die vom Bistum Hildesheim in Auftrag gegeben wurde, hält fest, dass es massives Unrecht gegenüber Minderjährigen in katholischen Heimeinrichtungen im Bistum Hildesheim gab. In Bezug auf den Bernwardshof liegen Berichte über physische, psychische und sexualisierte Gewalt vor, insbesondere in den späten 1950er- und frühen 1960er-Jahren.[12] Deshalb beschlossen die Vinzentinerinnen gemeinsam mit dem Bistum Hildesheim, eine vertiefende externe Untersuchung in Auftrag zu geben. Literatur
WeblinkEinzelnachweise
|
Portal di Ensiklopedia Dunia