Kirch-Beerfurth liegt in der zum Vorderen Odenwald zählenden Gersprenzniederung nordöstlich des Hauptortes Reichelsheim. Die Gemarkung von Kirch-Beerfurth liegt östlich und rechts der Gersprenz, genau gegenüber von Pfaffen-Beerfurth auf der Westseite des Tals. Beide Orte sind entlang der Brückenstraße zusammengewachsen. Die Nordgrenze der Gemarkung bildet der Bach von dem Vierstöck. Östlich von Kirch-Beerfurth steigt die Gemarkung durch den Südzipfel des kristallinen Böllsteiner Odenwalds zum Morsberg an, der schon im Sandstein-Odenwald liegt und sich mit einer Höhe von 517 Meter als höchster Punkt der Gemarkung weithin sichtbar über die Gersprenz-Niederung erhebt. Der Nordwesthang des Morsberges geht in den kristallinen Vorderen Odenwald über, wo auf einem Bergsporn des 404 Meter hohen Burgbergs die Ruine des Beerfurther Schlösschens zu finden ist.
Die nächstgelegenen Ortschaften sind im Nordwesten Pfaffen-Beerfurth, im Norden Gersprenz, im Nordosten Ober-Kainsbach, im Südosten, etwas weiter entfernt, Ober-Mossau, im Süden Bockenrod und im Südwesten Frohnhofen sowie die Kerngemeinde Reichelsheim.
Geschichte
Ortsgeschichte
Der früheste erhalten gebliebene urkundliche Nachweis belegt das Bestehen des Ortes Berenforte im Jahr 1324 und Bernffurt an der syte der bache 1443. Am 8. Februar 1335, urkundlich belegt, kauften die Edelknechte Albrecht d. Ä. von Echter, Stammvater der Herren von Echter, und Wortwin von Ungelaube für 40 Pfund Heller den Zehnten zu Beerfurth.[1][2] Am 28. April 1336 wurde dieser Verkauf erneut, diesmal für 72 Pfund Heller, beurkundet.[3]
Der Name Pfaffen Beerfurth ist seit 1650 belegt. Die Herrschaftsverhältnisse der beiden Ortsteile links und rechts der Gersprenz entwickelten sich schon früh auseinander. Das Dorf war real geteilt. Die Teilung wurde endgültig, als das Dorf am Westufer im Jahr 1478 an das Stift vom Heiligen Geist in Heidelberg verkauft wurde, während der Osten unter der Herrschaft der Grafen von Erbach-Erbach und der Fürsten von Löwenstein-Wertheim blieb.[4]
Vom 10. Oktober 1887 bis August 1964 war Kirch-Beerfurth mit dem Bahnhof Kirch- und Pfaffenbeerfurth (Streckenkilometer 14,9) an die Strecke der Gersprenztalbahn (Reinheim-Reichelsheimer-Eisenbahn) angeschlossen.
Post
Am 17. Mai 1907 wurden Telegraphenanstalten nebst öffentlicher Sprechstelle und Unfallmeldestelle mit den Posthilfsstellen in Unter-Gersprenz und Kirch-Beerfurth vereinigt.[5] 1953 wurde eine Poststelle in Kirch-Beerfurth im Haus Heidelberger Str. 24 eröffnet, die am 30. November 1970 wieder geschlossen wurde. Vom 20. Dezember 1996 bis zum 31. Dezember 1997 wurde eine Postagentur in der örtlichen Tankstelle betrieben; sie ersetzte die bisherige Postfiliale in Pfaffen-Beerfurth.
Schule
1907 wurde in Kirch-Beerfurth ein neues einklassiges Schulhaus mit Lehrerwohnung erbaut. Das Gebäude diente bis 1963 als Schule und ist seit 1990 Versammlungsraum für die örtlichen Vereine.
Kirche
Am 1. Oktober 1962 wurde das selbständige evangelische Kirchspiel Beerfurth gegründet. Ihm gehörten die Gemeinden Kirch-Beerfurth, Pfaffen-Beerfurth, Gersprenz und Ober-Kainsbach an. 1964 fand die Grundsteinlegung für den Bau der evangelischen Kirche in Kirch-Beerfurth statt. Als erste Pfarrerin war Frau Marianne Queckbörner tätig.
Kreditinstitut
1965 eröffnete die Volksbank Gersprenztal eG eine Zweigstelle in Kirch-Beerfurth.
Hessische Gebietsreform (1970–1977)
Im Zuge der Gebietsreform in Hessenfusionierten die Gemeinden Kirch-Beerfurth und Pfaffen-Beerfurth zum 1. Dezember 1970 freiwillig zur Gemeinde Beerfurth.[6] Damals hatte der Ort 370 Einwohner. Seit der durch Landesgesetz erfolgten Eingliederung der neu geschaffenen Gemeinde nach Reichelsheim am 1. August 1972 bilden Kirch-Beerfurth und Pfaffen-Beerfurth gemeinsam den Ortsbezirk Beerfurth mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[7]
Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Kirch-Beerfurth angehört(e):[1][8][9]
ab 1970: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Erbach, Gemeinde Beerfurth[Anm. 7]
ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Odenwaldkreis, Gemeinde Reichelsheim[Anm. 8]
Einwohnerentwicklung
Kirch-Beerfurth: Einwohnerzahlen von 1834 bis 1970
Jahr
Einwohner
1834
326
1840
347
1846
315
1852
302
1858
260
1864
309
1871
308
1875
313
1885
328
1895
350
1905
302
1910
305
1925
291
1939
310
1946
422
1950
434
1956
389
1961
359
1967
361
1970
370
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]
Blasonierung: „In gespaltenem und zweimal geteiltem Schild (Gold und Rot umgesetzt) eine geschweifte blaue Spitze, belegt mit einem silbernen Kastell.“[11]
Das Wappen wurde der damaligen Gemeinde Kirch-Beerfurth im Landkreis Erbach am 24. April 1961 durch den Hessischen Innenminister genehmigt. Gestaltet wurde es durch den Bad Nauheimer Heraldiker Heinz Ritt.
Das rot-goldene Schild wurde aus dem Wappen der Herren von Rodenstein übernommen. Das Kastell symbolisiert das in der Kirch-Beerfurther Gemarkung liegende Beerfurther Schlösschen.
Alexander Kraell, * 13. März 1894 in Kirch-Beerfurth; † 9. März 1964 in Darmstadt, war ein deutscher Jurist, als NS-Militärjurist Senatspräsident am Reichskriegsgericht und ab 1943 Chef der Reichskriegsanwaltschaft.
Literatur
Martin Kempf: Genealogie der Grafen von Ingelheim gen. Echter von und zu Mespelbrunn. In: Aschaffenburger Jahrbuch für Geschichte, Landeskunde und Kunst des Untermaingebietes, Band 20, Aschaffenburg 1999, Geschichts- und Kunstverein Aschaffenburg e. V. ISBN 3-87965-081-0, S. 11–17f.
↑Das Großherzogtum Hessen war von 1815 bis 1866 Mitglied des Deutschen Bundes. Ein Staatenbund ehemaliger Territorien des Heiligen Römischen Reichs. Er gilt als gescheiterter Versuch einer erneuten Reichsgründung.
↑Centralanzeiger für den Odenwald, vom 28. Mai 1907
↑Zusammenschluss der Gemeinden Kirch-Beerfurth und Pfaffen-Beerfurth im Landkreis Erbach zu der neuen Gemeinde „Beerfurth“ vom 16. November 1970. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1970 Nr.48, S.2253, Punkt 2250 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,6MB]).
↑Hauptsatzung § 6. (PDF; 281 kB) Gemeinde Reichelsheim, abgerufen im Dezember 2022.
↑Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900
↑Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, OCLC894925483, S.43ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑
Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr.8, S.121ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2MB]).
↑Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Kirch-Beerfurth im Landkreis Erbach, Regierungsbezirk Darmstadt vom 24. April 1961. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1961 Nr.18, S.497, Punkt 487 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,1MB]).