Kinsey-SkalaDie Kinsey-Skala ist eine vom Sexualforscher Alfred Charles Kinsey aufgestellte Bewertung über die sexuelle Orientierung eines Menschen; ein Versuch, diese komplexe Materie mit einem einzelnen Zahlenwert zu erfassen. Sie wurde in den Kinsey-Reports 1948 und 1953 veröffentlicht. AufbauDie Skala reicht von den Werten 0 bis 6, wobei 0 für ausschließlich heterosexuell und 6 für ausschließlich homosexuell steht. Dazwischen liegen verschiedene Formen bisexueller Erfahrungen, wobei 3 gleiche Anteile heterosexueller und homosexueller Erfahrungen bezeichnet. Außerdem gibt es neben der Skala eine Kategorie X für Individuen, die keine sexuellen Kontakte pflegen und keine offensichtlichen sexuellen Reaktionen im sozialen Kontext zeigen. Diese Kategorie wird heute oftmals als Einordnung von Asexuellen verstanden. Die Einteilung erfolgt nicht nur nach Anzahl der sexuellen Handlungen, sondern auch nach psychischen Erfahrungen, was Kinsey in seinen Erläuterungen ausdrücklich betont.
– Erwin J. Haeberle: Bisexualitäten, 1994[1] Die Skala erlangte in der Folgezeit einen gewissen internationalen Bekanntheitsgrad und wurde in vielen Lehrbüchern und Nachschlagewerken nachgedruckt. Allerdings wurde sie auch oft falsch interpretiert und nur auf sexuelle Handlungen bezogen.[1] Dies findet sich dann auch in einigen Arbeiten wieder, wo nur nach quantitativen Kriterien sexueller Handlungen klassifiziert wird, aber von Kinsey-Skala gesprochen wird. Dies kann beispielsweise dazu führen, dass eine Person mit vor allem gleichgeschlechtlichen Phantasien und einem (zufälligen) gegengeschlechtlichen Sexualkontakt im letzten Jahr oder in den letzten fünf Jahren als heterosexuell „auf der Kinsey-Skala“ klassifiziert wird oder umgekehrt. Entstehung, Hintergrund, FolgerungenSchon 1941, bei einem Stand von 1600 Interviews, zeigte Kinsey anhand von 30 ausgewählten Fällen eine prozentual abgestufte Einteilung zwischen heterosexuellen und homosexuellen Verhalten. Er war vor das bis heute sehr komplexe Problem gestellt, dass man nicht einfach in „heterosexuell“ und „homosexuell“ sowie „aktiven“ und „passiven“ Homosexuellen einteilen kann und dies einfach endokrinologisch erklären kann, sondern dass es bei beiden unendlich viele Zwischenstufen von vorhandenem Verhalten gibt. Manchmal ändert sich auch das Verhalten in verschiedenen Lebensabschnitten und manchmal existieren homosexuelles und heterosexuelles Verhalten auch zeitgleich in ein und demselben Lebensabschnitt. 1948 veröffentlichte er dann im Kinsey-Report seine zweite, vereinfachte Version. Er stellt dort aber auch gleichzeitig klar, dass es ihm nicht auf die Zahl der (willkürlich bestimmten) Untergruppen ankommt, sondern darauf den fließenden Übergang darzustellen.
– Alfred C. Kinsey: 1948, zitiert nach Haeberle[1] Er sah keine Veranlassung mehr, von „dem Homosexuellen“ zu sprechen, wie er es sieben Jahre zuvor wenigstens noch ironisch tat.
– Alfred C. Kinsey: 1948, zitiert nach Haeberle[1] Folgte man der Erklärung, so wurde auch klar, dass die Frage nach der Anzahl von Homosexuellen in einer Population grundsätzlich nicht beantwortet werden konnte. Es war nur möglich anzugeben, wie viele Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt welchem Abschnitt der Kinsey-Skala zuzuordnen waren. Im Folgewerk ging er auf die Einteilung der Menschen ein:
– Alfred Kinsey: 1953 Einerseits war er mit seinen radikalen Ansichten seinen Zeitgenossen weit voraus und andererseits brauchte man für den nötigen Befreiungskampf in der modernen Schwulenbewegung „homosexuelle Personen“, die sich dann als große sozialpolitische „Minderheit“ organisieren ließen. Bald stieß auch „die lesbische Frau“ dazu und es wuchs eine neue gesellschaftliche Gruppe heran. Dies speiste sich aus sozialpolitischen Zwängen und nicht aus wissenschaftlichen Einsichten. „Der Homosexuelle“ blieb eine nicht reale, aus Idealen zusammengesetzte Figur. Die homosexuelle Forschung wurde dann bald selbstkritischer und heute spricht man mehr von Diversität, von Offenheit, von Flexibilität.[2] Graphische Darstellung mit HäufigkeitsverteilungIm schwul-lesbischen Handbuch „Engagierte Zärtlichkeit“ ist die Kinsey-Skala nicht nur sprachlich operationalisiert, sondern auch graphisch mit einer Häufigkeitsverteilung, wie sie von Kinsey ebenso empirisch untersucht wurde, aufbereitet: „50 % der Männer haben niemals Sex mit dem eigenen Geschlecht, 13 % der Männer haben vorwiegend sexuelle Erfahrungen mit dem eigenen Geschlecht und 37 % der Männer haben auch sexuelle Erfahrungen mit dem gleichen Geschlecht.“[3] Einzelnachweise
|
Portal di Ensiklopedia Dunia