Das Gemeindegebiet von Kamern liegt am Nordrand des Landes Schollene, einem waldreichen Endmoränenbogen, der sich zwischen den hier parallel verlaufenden Flüssen Elbe und Havel auf einer Länge von 30 km erstreckt. Unmittelbar südlich von Kamern erhebt sich der Frau Harkenberg in den Kamerschen oder Rehberger Bergen bis zu 110 m ü. NN, diese Landmarke liegt damit rund 80 m über der flachen Flussauen-Landschaft von Elbe und Havel. Kamern ist etwa 13 Kilometer von Havelberg entfernt.
In Kamern herrscht gemäßigtes Klima. Dieses wird von Osten vom Kontinentalklima und vom Westen vom atlantischen Seeklima beeinflusst.
Der durchschnittliche jährliche Niederschlag für Kamern liegt bei 669 mm.
Trockenster Monat ist der April mit einer Niederschlagsmenge von 41 mm, wohingegen der meiste Niederschlag im Juli mit durchschnittlich 77 mm fällt.
Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei 10,2 °C.
Der statistisch wärmste Monat ist der Juli mit durchschnittlichen 19,7 °C.
Der Monat Januar, als kältester Monat im Jahr, weist eine Durchschnittstemperatur von 1,2 °C auf.[4]
Kamern wurde erstmals 1322 in einer Urkunde erwähnt als dat lant to der kameren.[5] Weitere Nennungen sind 1332 das hus zu den Camere mit dem land, 1344 castro dicto Kamer. Das Dorf wird als Villa Kamer im Lehnbuch der Magdeburgischen Erzbischöfe Albrecht III und Peter (1368–1381) genannt.[6] Kersten Borchowe hatte dort Einnahmen. Nach dem Lehnbuch Albrecht IV. (1383–1381) hatte Gherardus de Rodenstorpe Rechte i curiam domini de Komere und ein Borchtigin Einnahmen in villa Kamere.[6]
Um 1670[7] kam das Rittergut Camern von den von Retzdorf in Besitz der von Katte. Zur leichteren Bewirtschaftung ihrer Felder errichteten zwischen dem Ende der 1770er bis Anfang der 1780er Jahre 10 Bauern 1½ Kilometer nordöstlich vom heutigen Kamern Neu-Camern. Um 1850 entstanden Haus und Wirtschaftsgebäude des Rittergutes in Hohenkamern am Fuß der Kamernschen Berge. Zum Rittergut gehört auch ein Teil des Kamernschen Sees.[8] Damaliger Eigentümer war Otto von Katte (1822–1896). Sein Nachfolger, der Sohn Rittmeister Christoph von Katte (1855–1939), verheiratet mit der Offizierstochter Elisabeth von Busse, besaß 1922 nach dem letztmals amtlich publizierten Güter-Adressbuch der Provinz Sachsen 722 ha Land. Davon waren 351 ha Waldbesitz.[9] Nach dem Genealogischen Handbuch des Adels war bis zur Bodenreform Otto Oskar Christoph von Katte, geboren 1913, der Grundbesitzer in Kamern.
Das Gut Hohen-Kamern gehörte bis 1945 der Familie von Katte, die es ab 1991 zurückgekauft hat.[10] Zum Rittergut gehört auch ein Teil des Kamernschen Sees.[8] Das Rittergut Hohenkamern steht heute unter Denkmalschutz.[2]
Die Gemeinde ist heute vor allem als Erholungsort bekannt. Schon im 20. Jahrhundert wurden Bungalowsiedlungen und ein Zeltplatz am See errichtet.
Am 30. September 1928 wurde der Hauptteil vom Gutsbezirk Hohenkamern mit der Landgemeinde Kamern vereinigt und die drei Hektar große Exklave des Gutsbezirks mit der Landgemeinde Warnau.[12]
Ab 15. Juli 1950 änderte sich der Name des Landkreises zu Landkreis Genthin, später zu Kreis Genthin.[13] Am 25. Juni 1952 wurde Kamern dem Kreis Havelberg zugeordnet. Am 15. Februar 1974 wurde Rehberg nach Kamern eingemeindet. Am 1. Juli 1994 kam die Gemeinde Kamern zum heutigen Landkreis Stendal.[14]
Mit der Gemeindegebietsreform und der Forderung, eine Mindest-Einwohnerzahl von 1000 in Einheitsgemeinden zu gewährleisten, schlossen sich am 1. Januar 2010 die bis dahin selbstständigen Gemeinden Schönfeld und Wulkau der Gemeinde Kamern an.[15]
Zum Gemeinderat gehören 12 Mitglieder und der Bürgermeister.[28]
Bürgermeister
Bürgermeister der Gemeinde Kamern ist Arno Brandt.[28] Er wurde im Jahr 2014 zum Nachfolger von Klaus Beck gewählt. Davor hatte Klaus Beck im Jahre 1998 die Nachfolge von Arno Brandt angetreten.[29] Im Juni 2021 wurde Arno Brandt im Amt bestätigt.[30]
Logo und historisches Wappenbild
Die Gemeinde hat kein offiziell genehmigtes Wappen; sie führt lediglich ein wappenähnliches Logo. Es symbolisiert die Hedemicke, das Wahrzeichen des Ortes, ein früheres Naturdenkmal.
Die ehemaligen Gemeinden Kamern und Rehberg führten in ihrem Gemeindesiegel schon einmal ein wappenähnliches Siegelbild. Dieses wurde im Zeitraum nach dem Zweiten Weltkrieg bis etwa der Einführung der Bezirke und Kreise in der DDR (1945–1952) benutzt.
Eine weitere Quelle ist das Kreisheimatmuseum in Genthin.
Die evangelische Dorfkirche Kamern, ein spätromanischer, flach gedeckter Backsteinbau, wurde im 18. Jahrhundert instand gesetzt und dabei das Mauerwerk verputzt.[31]
In Kamern steht ein Denkmal für die Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkrieges, eine steinerne Stele gekrönt von einer großen Stahlhelm-Plastik.[32]
In der Straße „Gülden Camern“ steht eine Bockwindmühle, sie wurde um 1995 dorthin versetzt.
Hedemicke
Wahrzeichen des Dorfes ist die Hedemicke, ein sagenumwobener Kiefernstumpf. Die altdeutsche Bezeichnung „Hede“ steht für unversponnenen Flachs, die „Micke“ bezeichnet eine Gabel. Die Kiefer wurde 1928 unter Schutz gestellt. 1936 begann der Baum abzusterben, zuvor hatte ein Blitz einen der vier Äste zerstört. 1940 wurden die übrigen Äste abgesägt und 1955 der Stumpf zum Naturdenkmal erklärt. 1976 wurde der Stumpf umfassend konserviert.[33] Im Jahre 2020 wurde bekannt, dass die Hedemicke nicht im Original erhalten werden kann und durch eine Kopie oder Skulptur ersetzt werden wird.[34]
Sagen aus Kamern
Frau Harke und die Hedemicke
Auf dem Frau Harkenberg bei Kamern lebte einst die gutmütige Riesin Frau Harke. Da sie keine Christin war, betrachte sie mit großem Verdruss den Bau des Domes in Havelberg. Von ihr werden daher einige Steinwürfe auf Kirchen berichtet, so auf den Dom zu Havelberg, auf den Dom zu Stendal und auf die Marienkirche in Brandenburg. Die Steine erreichten ihre Ziele aber nicht, sondern blieben als markante Steine liegen. Frau Harke spann auch ihren eigenen Flachs. Als viele der Eichen in den Kamernschen Bergen gefällt worden waren, da ist Frau Harke nach Thüringen weggezogen.[35] Vorher steckte sie sozusagen als Abschiedsgeschenk ihren Spinnrockenstock am Ortseingang von Kamern in die Erde. Daraus wuchs eine Kiefer, die Hedemicke genannt wird.[8][36]
Auf den Bergen wächst das Frau-Harkengras[8] oder der Frau Harfenbart,[35] der heute Flunkerbart oder Echtes Federgras genannt wird.[8]
Goldcamern
Im Jahre 1843 wurde eine Sage aus Kamern veröffentlicht, die der Kantor Görnemann aus Kamern und ein Asssor Ernst aus Berlin überlieferten. Früher war die Gegend um Kamern sehr fruchtbar, man nannte es daher auch Goldcamern oder gülden Camern. Durch Überschwemmungen der Elbe wurde der See beim Dorf, der anfangs nur ein Graben war, immer tiefer und breiter und die Umgebung hat sich förmlich in eine Sandwüste verwandelt. Andere erzählen der See sei bei einem Elbdurchbruch entstanden.[37] Der Sand liegt stellenweise 2 Meter hoch über dem Kleiboden.[8]
Kamern gehört zu den Altmärkischen Wandernestern, die im Altmärkischen Wanderverein organisiert sind.[39]
Literatur
J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC1071081004, S.179, 43. Kamern (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
W. Schmidt: Heimatkunde der Kreise Jerichow I und II für Schule und Haus. Selbstverlag des Verfassers, Ferchels 1894, S.137–143. (Nachdruck: SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege)
↑Verbandsgemeinde Elbe-Havel-Land: Hauptsatzung der Gemeinde Kamern. In: Amtsblatt für den Landkreis Stendal. 29. Jahrgang, Nr.36, 19. November 2019, ZDB-ID 2665593-7, S.269–271 (landkreis-stendal.de [PDF; 2,9MB; abgerufen am 19. Juni 2021]).
↑ abGustav Hertel: Die ältesten Lehnbücher der Magdeburgischen Erzbischöfe. In: Historische Commission der Provinz Sachsen (Hrsg.): Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete. Band16. Otto Hendel, Halle an der Saale 1898, S.85, 260, 261 (archive.org).
↑ abcdefW. Schmidt: Heimatkunde der Kreise Jerichow I und II für Schule und Haus. Selbstverlag des Verfassers, Ferchels 1894, S.137–143. (Nachdruck: SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege)
↑Oskar Köhler, Gustav Wesche, H. Krahmer: Niekammer’s Landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher, Band V, Provinz Sachsen. 1922. Verzeichnis sämtlicher Rittergüter und Güter von ungefähr 20 ha herab mit Angabe der Gutseigenschaft, des Grundsteuerertrages, der Gesamtfläche und des Flächeninhalts der einzelnen Kulturen. In: Mit Unterstützung der Landwirtschaftskammer zu Halle a. S. (Hrsg.): Verzeichnis der für die Landwirtschaft wichtigen Behörden und Körperschaften. 3. Auflage. V der Reihe von Paul Niekammer, Kreis Jerichow II. Reichenbach’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1922, S.34–35 (slub-dresden.de [abgerufen am 8. Juli 2022]).
↑Regierungsbezirk Magdeburg (Hrsg.): Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg. 1928, ZDB-ID 3766-7, S.223.
↑Erste Verordnung zum Gesetz zur Änderung der Kreis- und Gemeindegrenzen vom 27. April 1950 (GuABl. S. 161). In: Landesregierung Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Gesetz- und Amtsblatt des Landes Sachsen-Anhalt. Nr.15, 22. Juni 1950, ZDB-ID 511105-5, S.225–228, §6, §16, §36 (PDF).
↑ abcdefgIngo Freihorst: Klietz und Kamern legen 2021 zu. In: Havelberger Volksstimme, Elb-Havel-Echo. 19. Februar 2022, DNB1047268663, S.18.
↑ abYulian Ide: Hurra! Wir wachsen wieder! In: Stendaler Volksstimme, Biese-Aland-Kurier. 21. Januar 2023, DNB1047269554, S.19–20.
↑Bevölkerung der Gemeinden nach Landkreisen (= Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt [Hrsg.]: Statistische Berichte / A / I / A / II / A / III / 102). ZDB-ID 2921504-3 (destatis.de). (Jahr anklicken)
↑Anke Schleusner-Reinfeldt: Zahl der Einwohner sinkt nur leicht. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Havelberg. 30. Januar 2015 (volksstimme.de [abgerufen am 12. August 2021]).
↑Anke Schleusner-Reinfeldt: 33 Einwohner weniger im Elbe-Havel-Land. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Havelberg. 15. Januar 2019 (volksstimme.de [abgerufen am 12. August 2021]).
↑ abAnke Schleusner-Reinfeldt: Einwohnerzahl sinkt. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Havelberg. 17. Januar 2020 (volksstimme.de [abgerufen am 12. August 2021]).
↑ abGemeinderat. In: kamern.com. 4. November 2019, abgerufen am 19. Juni 2021.
↑Gemeinderat dankt Klaus Beck. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Havelberg. 1. Juli 2014 (volksstimme.de [abgerufen am 19. Juni 2021]).
↑Dieter Haase: Arno Brandt hätte für Kamern schon eine Stimme gereicht. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Havelberg. 6. Juni 2021 (volksstimme.de [abgerufen am 19. Juni 2021]).
↑Thomas Hartwig: Alle Altmarkkirchen von A bis Z. Elbe-Havel-Verlag, Havelberg 2012, ISBN 978-3-9814039-5-4, S.222.
↑Kamern, Landkreis Stendal. In: denkmalprojekt.org. Onlineprojekt Gefallenendenkmäler, 1. Oktober 2019, abgerufen am 20. Juni 2021.
↑Hedemicke soll eine Kopie bekommen. In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Havelberg. 9. November 2016 (volksstimme.de [abgerufen am 20. Juni 2021]).
↑Hedemicke als Kopie oder Skulptur? In: Volksstimme Magdeburg, Lokalausgabe Havelberg. 27. September 2020 (volksstimme.de [abgerufen am 20. Juni 2021]).
↑Lehrer Schmidt: Altmärkischer Sagenschatz (= Lehrerverband der Altmark [Hrsg.]: Beiträge zur Volks- und Heimatkunde der Altmark. Band2). Klinkhardt, 1908, ZDB-ID 1198714-5, S.4–6, Frau Harke.