Juana war vermutlich ein uneheliches Kind. Schon mit drei Jahren lernte sie lesen und studierte bereits als Jugendliche Werke der Philosophie, Astronomie und Medizin.
Mit 16 wurde das begabte Mädchen von Leonor de Caretto, der Ehefrau des Vizekönigs von Neuspanien, Antonio Sebastián de Toledo, entdeckt, die sie an ihren Hof nach Mexiko-Stadt holte. Dort schrieb Juana unzählige Auftragsarbeiten für den Hof und die Kirche. Ihrer anmutigen Verse wegen zählt sie heute zu den wichtigsten lateinamerikanischen Poeten des 17. Jahrhunderts.
Juana hatte weder Familie noch Geld, noch wollte sie heiraten. Nach einem visionären Traum trat sie in ein Kloster ein und wechselte nach einem Versuch bei den Unbeschuhten Karmelitinnen zu den Hieronymitinnen, die eine weit weniger strenge Lebensform hatten und in deren Kloster sie sich ihren Studien widmen konnte. Einen bleibenden Einfluss übten dabei die philosophischen Schriften des spanischen Jesuiten und Naturforschers Juan Eusebio Nieremberg (1595–1658) aus.[1] Ihre wichtigste Dichtung Der Traum schrieb sie 1685 im Kloster. Das Leben dort war für sie sehr angenehm, hatte sie doch eine geräumige Wohnung, Bibliothek und Laboratorien für Experimente zur Verfügung. Auch nach Toledos Abreise und dem Tod seiner Frau stand sie unter der Protektion der Vizekönige. Besonders Payo Enríquez de Rivera, der gleichzeitig Erzbischof von Mexiko war, förderte sie. So durfte sie nach Belieben Gäste empfangen. Sie schrieb weiterhin „weltliche“ Gedichte von großer Leidenschaft, von denen sie die meisten den Vizekönigen widmete.
Ihre Oberen ermahnten sie immer wieder, sich nur mit religiöser Literatur zu beschäftigen. In Briefen an ihren Beichtvater und an den Bischof von Puebla setzte sie sich für das Recht der Frauen auf Wissen und Bildung ein. 1694 gab sie jedoch dem Druck nach und unterzeichnete ein Sündenbekenntnis und das Gelübde, fortan nur noch für Gott zu leben. Als 1695 die Pest ausbrach, steckte sich Sor Juana Inés de la Cruz während der Krankenpflege an und starb bald darauf an der Seuche.
Werk
Im Original sind die Obras Completas Sor Juana Inés de la Cruz – noch ohne den erst später von Aureliano Tapía Méndez entdeckten Brief an ihren Beichtvater – bei Porrúa erschienen. Von Nueva Hélades, ediciones digitales, Rosario, Provincia Santa Fe, Argentinien sind sie als CD-ROM inklusive des erwähnten Briefes und anderer neu entdeckter Quellen erhältlich.
In deutscher Sprache sind folgende Bücher erhältlich:
Erster Traum. Zweisprachig Spanisch/Deutsch. Übersetzt und mit einem Nachwort von Nora Zapf, Vorwort von Johannes Kleinbeck und Oliver Precht. Turia + Kant, Wien 2023, ISBN 978-3-98514-062-6.
Erster Traum (spanisch – deutsch). Herausgegeben und übersetzt von Alberto Pérez-Amador Adam und Stephan Nowotnick. Neue Kritik, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-8015-0264-3.
Alberto Pérez-Amador Adam: El precipicio de Faetón. Nueva edición, estudio filológico y comento de Primero Sueño de Sor Juana Inés de la Cruz. Vervuert, Frankfurt am Main 1996 (2., stark erweiterte Fassung 2015).
Alberto Pérez-Amador Adam: La ascendente estrella. Bibliografía de los estudios dedicados a Sor Juana Inés de la Cruz en el siglo XX. Iberoamericana Vervuert, Madrid 2007.
Nichts Freieres gibt es auf Erden. Gedichte. Einl., Übers. Heidi König-Porstner. konkursbuchverlag Claudia Gehrke, Tübingen 2017, ISBN 978-3-88769-565-1.
Filme
Die Argentinierin María Luisa Bemberg verfilmte den Roman Sor Juana Inés de la Cruz – oder: Die Fallstricke des Glaubens (Sor Juana Inés de la Cruz o Las Trampas de la fe) von Octavio Paz. Assumpta Serna spielte die Hauptrolle in dem 1990 unter dem Titel Ich, die Unwürdigste von allen(Yo, la peor de todas) erschienenen Film. 2016 wurde in Mexiko das Leben Sr. Juanas als siebenteilige TV-Serie unter dem Titel Juana Inés mit Arcelia Ramírez in der Hauptrolle verfilmt.
Literatur
in der Reihenfolge des Erscheinens
Die Welt im Traum. Eine Dichtung der zehnten Muse von Mexiko. Hg. Karl Vossler. Stahlberg, Karlsruhe 1946 (Paraphrase des „Ersten Traums“) Zweisprachig
Ludwig Pfandl: Die zehnte Muse von Mexiko. Juana Inés de la Cruz. Ihr Leben, ihre Dichtung, ihre Psyche. Rinn, München 1946
Heinrich Merkl: Sor Juana Inés de la Cruz. Ein Bericht zur Forschung 1951–1981. Winter, Heidelberg 1986, ISBN 3-533-03789-4
Octavio Paz: Sor Juana Ines de la Cruz oder Die Fallstricke des Glaubens. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-518-38794-4
Übers. Joan Larkin, Jaime Manrique: Sor Juana's Love Poems. Zweispr. span./engl. University of Wisconsin Press, 2003
Jutta Weiser: Lebendige Porträts. Die Rolle der bildenden Kunst in der Lyrik von Sor Juana Inés de la Cruz. In: Iberoromania, Jg. 65, 2007, S. 90–117
Hermann Weber: Yo, la peor de todas – Ich, die Schlechteste von allen. Lindemanns Bibliothek, Info Verlag, Karlsruhe 2009, ISBN 978-3-88190-542-8
Clara Campoamor, Juana Inés de la Cruz: Sor Juana Inés de la Cruz (= Cuatro vientos 182). Renacimiento, Valenciana de la Concepción (Sevilla) 2021, ISBN 978-84-18387-84-5.
James D. Henderson, Linda R. Henderson, and Suzanne M. Litrel: Sor Juana Inés de la Cruz, 1651–1695. In: dies.: Ten notable women of colonial Latin America. Rowman & Littlefield, Lanham u. a. 2023, ISBN 978-1-5381-5299-7, S. 125–146.
Hrsg. von Martin von Koppenfels, Horst Weich: Spanische und hispanoamerikanische Lyrik. Band 1: Von den Anfängen bis Fernando de Herrera. C.H. Beck, München 2022, ISBN 978-3-406-78351-7.[2]
Johannes Kleinbeck, Oliver Precht (Vorwort): Tropischer Barock. Sor Juanas „Erster Traum“. In: Sor Juana Inés de la Cruz: Erster Traum. Zweisprachig Spanisch/Deutsch. Übersetzt und mit einem Nachwort von Nora Zapf. Turia + Kant, Berlin 2023, ISBN 978-3-98514-062-6, S. 7–22.
Sonstiges
Der mexikanische 200-Peso-Schein zeigt einen Ausschnitt des Gemäldes Cabreas mit dem Gesicht Sor Juanas. Eine Büste von ihr ist auf einer 1000-Peso-Münze zu sehen, die von 1988 bis 1992 herausgegeben wurde.
↑Rocio Olivares Zorrilla: Juan Eusebio Nieremberg y Sor Juana Inés de la Cruz. In: Ignacio Arellano, Robin Ann Rice (Hg.): Doctrina y diversión en la cultura española y novohispana. Vervuert, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-86527-446-5, S. 149–165.