Josef Zasche war der Sohn des Glasschleifers Josef Zasche und dessen Ehefrau Franziska geb. Feix. Sein Geburtshaus in Gablonz, Křížová ul. 164/32, steht noch heute.[6] Nach der Volksschule in Gablonz studierte er von 1885 bis 1889 an der Staatsgewerbeschule in Reichenberg. Diese Schule wurde zeitgleich auch von den Architekten Rudolf Bitzan (1872–1938), Robert Hemmrich (1871–1946), Gustav Jirsch (1871–1909) und Adolf Loos besucht. Danach studierte er an der Kunstakademie Wien Architektur bei Carl von Hasenauer und war dann drei Jahre im Architekturbüro von Friedrich Schachner beschäftigt.
Im Jahr 1895 ging er nach Prag und trat in das Architekturbüro von Friedrich Ohmann (1858–1927) ein. Im Jahr 1911 heiratete er Blanka Kretzschmar (* 1876), sie bekamen zwei Töchter. Seine ersten großen Projekte führte er in Nord- und Westböhmen aus (altkatholische Kreuzkirche in Gablonz, Sparkasse in Asch, Ausstellungspavillon in Reichenberg). 1906 erhielt er den Titel Baurat. In Prag baute er für den Bildhauer Karl Wilfert (1879–1932) eine Villa, das sogenannte Blaue Haus und das Haus Zu den drei Reitern. Für den Bau des Geschäftshauses des Wiener Bankvereins in Prag erhielt Zasche die Auszeichnung für das beste Gebäude in Österreich-Ungarn im Zeitraum 1900–1910. Mehrere seiner Bauten stehen heute unter Denkmalschutz.
Als Architekt deutscher Herkunft unterhielt er freundschaftliche Beziehungen zu seinen tschechischen Kollegen Jan Kotěra (1871–1923) und Pavel Janák (1882–1956), mit denen er gemeinsam zahlreiche Bauten, z. B. den rondokubistischenAdria-Palast in Prag, projektierte.
Zasche wurde am 7. Mai 1945 interniert, sein Büro in der Prager Neustadt (Mezibranská 1367/21) wurde geplündert und sein Archiv zerstört. Er wurde gezwungen, Prag zu verlassen, und trotz Fürsprache seiner tschechischen Kollegen nach Deutschland ausgesiedelt. Er war völlig mittellos und fand eine bescheidene Unterkunft in Schackensleben in der Region Magdeburg. Alle Versuche, seine Berufstätigkeit wiederaufzunehmen und damit seinen Lebensunterhalt abszusichern, scheiterten. Er starb verarmt im Jahr 1957.
Nachdem Zasches Leben und Werk jahrzehntelang kaum Beachtung fanden, wird er heute in Tschechien als einer der bedeutendsten deutschen Architekten der Vor- und Zwischenkriegszeit in Böhmen angesehen.[7]
Bauten
1900–1902: Altkatholische Kreuzkirche in Gablonz – Jablonec nad Nisou, Husova 1560/2 (Jugendstil-Sakralbau, unter Denkmalschutz, ÚSKP-Nr. 26276/5-31)[8]
1903–1905: Sparkasse und Wirtschaftsakademie in Aussig – Ústí nad Labem, Pařížská 1670/15
1904: Sparkasse in Asch – Aš, Hlavní 239/23 (heute als Bibliothek genutzt)[9]
1904–1905: Villa des Bildhauers Karl Wilfert, genannt „Blaues Haus“, in Prag-Holleschowitz – Prag-Holešovice, Na Špejcharu 291/3[10]
1905: Deutsche Schule in Potschapl – Králův Dvůr, Počaply, Plzeňská 104
1905–1906: Villa für Heinrich Dressler in Gablonz – Jablonec nad Nisou, Jugoslávská 1885/13 (heute als Kindergarten genutzt)[11]
1906: Grabmal für Josef Scheibler in Gablonz – Jablonec nad Nisou
1906: Ausstellungspavillon „Haus der Kunst“ auf der Deutsch-Böhmischen Ausstellung in Reichenberg – Liberec[12][13][14]
1906–1907: Geschäftshaus für die Prager Eisenindustrie-Gesellschaft, Prager Neustadt – Praha-Nové Město, Opletalova 1015/55 (Ausführung durch Baumeister Matej Blecha, Skulpturen von Josef Kocourek und Hans Dietrich)
1906–1908: Geschäftshaus für den Wiener Bankverein in der Prager Altstadt – Praha-Staré Město, Na Příkopě 390/3 ((zusammen mit Alexander Neumann für die Innenraumgestaltung; plastischer Schmuck von Bildhauer Franz Metzner); heute als Ministerium genutzt; unter Denkmalschutz, ÚSKP-Nr. 38461/1-192)
1906–1908: Haus „Zu den drei Reitern“ (U tří jezdců) in der Prager Neustadt – Praha-Nové Město, Senovážné náměstí 869/28 (benannt nach dem Relief mit drei Reitern im Tympanon des Hauses, Vereinshaus des Deutschen Hauses mit Theatersaal, von 1923 bis 1944 als Kleine Bühne des Neuen Deutschen Theaters in Prag, seit 1950 Puppentheater)
1907–1914: Gartenstadt-Siedlung des Volkswohnungsvereins am Galgenbusch in Teplitz – Teplice (Bílá Cesta), ul. Pařížská, Francouzská, Polská und Varšavská[15][16]
1908: Geschäftshaus für die Böhmische Escompte-Bank (Česká eskomptní banka) Aussig – Ústí nad Labem (1936 abgerissen)[17]
1910–1911: Villa Giebisch in Gablonz – Jablonec nad Nisou, Korejská 2137/21[19]
1910–1912: Volksbibliothek Weinmanneum in Aussig – Ústí nad Labem (benannt nach Jacob Eduard Weinmann (1852–1928); 1945 beschädigt, 1947 abgerissen)[20]
1911: Arbeiterkolonie für die Deutsch-Österreichische Mannesmannröhren-Werke AG in Komotau – Chomutov, Grégrova 710/55 (in den 1980er Jahren abgebrochen)
1911 Gärtnerhaus, ehem. Wäscherei im Schlosspark von Schloss Janowitz, Vrchotovy Janovice 40 (unter Denkmalschutz, ÚSKP-Nr. 18748/2-234)
1911–1912: Geschäftshaus für den Assekuranzverein der Zuckerindustrie (Asekurační spolek průmyslu cukrovarnického) in der Prager Neustadt – Praha-Nové Město, Senovážné náměstí 976/31–33 (zusammen mit Theodor Fischer; neobarock mit kubistischen und neoklassizistischen Elementen; unter Denkmalschutz, ÚSKP-Nr. 12366/1-2194)
1911–1913: Bezirks-Armenhaus, genannt „Kaiserin-Elisabeth-Haus“, in Komotau – Chomutov, Vinohradská 403 (später Poliklinik und Sitz der Polizei)
1912: Tschechische Sparkasse (Česká spořitelna) in Aussig – Ústí nad Labem, čp. 899 (zerstört)
1912–1914: Geschäftshaus für die Allgemeine Rentenanstalt (Všeobecný penzijní ústav) am Palacký-Kai, dem späteren Rašín-Kai, in der Prager Neustadt – Praha-Nové Město, Rašínovo nábřeží 390/42 (zusammen mit Jan Kotěra; unter Denkmalschutz, ÚSKP-Nr. 40129/1-1241)
1918: Grabstätte des Unternehmers Carl Neumann auf dem Jüdischen Friedhof in Reichenberg – Liberec[21]
1920: Villa in Prag-Bubentsch – Praha-Bubeneč, Pod kaštany 545/24
1921: Kleine Bühne, Prag, Senovážné náměstí 869/28 (Heuwaagsplatz 869/28), 1999 abgerissen[22]
1922–1925: Gebäude für die Versicherungsgesellschaft Riunione Adriatica di Sicurtà, genannt „Adria-Palast“, in der Prager Neustadt – Praha-Nové Město, Jungmannova 36/31, Národní 36/40 (zusammen mit Pavel Janák; unter Denkmalschutz, ÚSKP-Nr. 39848/1-1062)
1923: Villa Wallenfels in Prag-Bubentsch – Praha-Bubeneč, Na Zátorce 807/11[23]
1922–1923: Villa Kantor in Prag-Bubentsch – Praha-Bubeneč, Pod Kaštany 545/24
1929: Haus für den Deutschen Kulturverband in Prag-Holleschowitz – Praha-Holešovice, Šimáčkova 1452/14–16 (jetzt Kunst-Grundschule (ZUŠ))
1930–1931: Römisch-katholische Herz-Jesu-Kirche in Gablonz – Jablonec nad Nisou, Horní náměstí 12 (Stahlbetonbau im Stil des Konstruktivismus; unter Denkmalschutz, ÚSKP-Nr. 10627/5-30)[24]
Zasche, Josef. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band5: V–Z. Nachträge: A–G. E. A. Seemann, Leipzig 1961, S.198–199 (Textarchiv – Internet Archive – Leseprobe).
Rudolf Günther: Josef Zasche. Lebensbild eines Architekten. Bogen-Verlag, München 1971, ISBN 3-920119-07-X.
Zdeněk Lukeš, J. Svoboda, Dieter Klein: Der Architekt Josef Zasche (1871–1957). In: Österreichische Osthefte, Zeitschrift für Mittel-, Ost- und Südosteuropaforschung, 34. Jahrgang 1992, S. 396 ff.
Zdeněk Lukeš: Begleichung der Schuld. Deutschsprachige Architekten in Prag 1900–1938. (Splátka dluhu. Praha a její německy hovořící architekti 1900–1938) Fraktály Publishers, Praha 2002, ISBN 80-86627-04-7, S. 204–213.
Jan Hanzlík, Jana Zajoncová, Lanka Hájková: Teplice. Architektura moderní doby 1860–2000. (Teplitz. Architektur der modernen Zeit 1860–2000) Národní památkový ústav, ÚOP Ústí nad Labem 2016, ISBN 978-80-85036-66-4.
↑Eva Růtová: Josef Zasche. Kostel Nejsvětějšího srdce Ježíšova v Jablonci nad Nisou. Diplom-Arbeit, Masarykova univerzita Brno, 2010. (tschechisch) ([1])
↑Hugo Haberfeld: Deutsch-böhmische Kunst auf der Reichenberger Ausstellung Mai—Oktober 1906. In: Deutsche Kunst und Dekoration, 19. Halbband (Oktober 1906 bis März 1907), S. 139–160.