Jerusalemer PilgerstraßeDie Jerusalemer Pilgerstraße war eine antike Straße, die den Herodianischen Tempel in Jerusalem von Süden her erschloss. Dem Ausgräber Ronny Reich zufolge war sie der Hauptzugang für die von Süden kommenden Pilger bis zur Zerstörung von Tempel und Stadt im Jüdischen Krieg (70 n. Chr.). Ein Stück der Straße wurde seit 2004 freigelegt und ist in einem Tunnel begehbar. BeschreibungDie Straße begann beim Teich von Siloah, wo genügend Wasser für die kultische Reinigung vieler Personen zur Verfügung stand. Sie führte dann etwa 600 Meter durch das damalige Stadtgebiet auf die südliche Umfassungsmauer des Tempels zu, wobei der Geländeanstieg durch einen Wechsel von engen und weiten Stufen ausgeglichen wurde. Die auf dieser Straße anreisenden Tempelbesucher fanden auf der Südseite des Tempels zwei Monumentaltreppen vor, die auf ein Doppelportal und ein Dreifachportal zuführten (heute vermauert). Die auf das Doppelportal zuführende Treppe, 65,5 m breit und 6,7 m hoch, ist teilweise erhalten.[1] „Die 30 Stufen waren aus dem Fels gehauen und mit Platten versehen, wobei Stufentiefen von 30 cm und 90 cm alternieren. Diese in der Antike krepidoma genannten Treppen- und Podeststufen ... finden sich auch bei griech.–röm. Tempelanlagen.“[2] Die Portale sind nicht identisch mit den Portalen des Herodianischen Tempels; die Südmauer des Haram stellt ein „Mauer-Patchwork“ dar, wobei ältere Spolien bei Renovierungsarbeiten wiederverwendet wurden; so befand sich rechts oberhalb des Doppelportals eine auf dem Kopf stehende lateinische Inschrift zu Ehren des Kaisers Antoninus Pius.[3] Im Mauerwerk ist zwischen den beiden Portalen sowie an der Südostecke die stabilisierende sogenannte Meisterlage der herodianischen Mauer noch vorhanden.[4] Die heutige Begehung des Jerusalemer Pilgerstraßen-Tunnels ist verbunden mit dem Abstieg in die unter der Straße verlaufende, antike Wasserleitung. Das wird in der touristischen Aufbereitung der Grabung verknüpft mit dem Narrativ von der Einnahme Jerusalems durch die Römer im Jahre 70 n. Chr.; damals versuchten viele Kämpfer und Zivilisten, durch unterirdische Gänge zu fliehen, wie Flavius Josephus berichtete. Tatsächlich war das Team von Ronny Reich und Eli Shukron bei der Freilegung der herodianischen Straße auf die Fundamente eines byzantinischen Gebäudes gestoßen, das die Altertümerbehörde als erhaltenswert einstufte. Der Abstieg in die unter der Straße verlaufende antike Wasserleitung erlaubte es dann, den Tunnel, wie geplant, bis zur Südwestecke des Tempels fortzuführen. Archäologische ErforschungDie Existenz dieser Straße ist seit langem bekannt.
KritikVon fachlich-archäologischer Seite kritisierte Yoram Tsafrir, dass der Tunnel offenbar massiv mit Stahlträgern abgestützt werden müsse und wie eine militärische Anlage wirke. Man solle lieber auf politisch friedlichere Zeiten warten, in denen die Einwohner Silwans gegenüber einer normalen archäologischen Grabung in ihrem Ort positiv eingestellt seien. Sich horizontal durch den Boden vorzuarbeiten, sei eine unprofessionelle Vorgehensweise, die die Einordnung der Funde unmöglich mache.[11] Der Archäologe Ronny Reich betonte demgegenüber, dass das „Reinigen“ des antiken Wasserleitungssystems keine horizontal vorangetriebene Ausgrabung sei. Was die Freilegung der getreppten Straße betrifft, räumte Reich 2011 ein, dass die archäologische Arbeit in einem Tunnel nicht optimal gewesen sei, er aber den Erkenntnisgewinn durch die nur in dieser Weise mögliche Grabung abgewogen habe gegen den Erkenntnisverlust durch die unorthodoxe Grabungsmethode. Reich, der sich persönlich politisch links verortete, wäre eine staatliche Finanzierung der Grabung lieber gewesen als die Unterstützung durch Elad; Elad habe aber inhaltlich keinen Einfluss auf die Archäologen ausgeübt.[11] PerspektiveDas Projekt dient vor allem der Förderung des Tourismus, es kann künftig den Nationalpark Davidstadt an den touristisch sehr erfolgreichen Klagemauertunnel anbinden. „In wissenschaftlicher Hinsicht“, so Ronny Reich 2016, „bringt es nicht viel. Es kann als Baudenkmal eine hübsche Ergänzung sein, aber es verbessert den Informationsstand kaum. Wir kannten den Verlauf der Straße schon vorher, wir wussten, wie sie aussah und auch, wer sie gebaut hatte.“[5] Weblinks
Literatur
Einzelnachweise
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