Das Gelände westlich von Jerchel ist überwiegend flach und sehr waldreich.
Geschichte
Mittelalter bis Neuzeit
Bereits im Jahr 987 soll in Jerchel eine Burg gegen die Wenden angelegt worden sein.[5]
1345 wurde das Dorf erstmals urkundlich als Jerchel erwähnt, als Markgraf Ludwig von Bayern Abgaben aus dem Ort an Henning von Lüderitz verlieh.[6] Im Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 wurde das Dorf ebenfalls als Jerchel aufgeführt. Es gab zwölf Bauernhufen, eine Pfarrhufe, die Familie Itzenplitz hatte 13 freie Hufen zu ihrem Eigenhof.[7] Weitere Nennungen sind 1488 to Gerchel, 1687 Gerchell und 1804 Dorf und Gut Jerchel.[8]
Im Mittelalter hatten die von Itzenplitz' eine Ritterburg im Ort.[9] Im Jahr 1604 beleibdingte Jobst von Itzenplitz zu Grieben seine Ehefrau Sophie von Biern mit zwei Weingärten, nach Jerchel zu gelegen.[10] 1725 wurde das Rittergut in der Familie Itzenplitz im Erbgang geteilt. 1887 ging es vereinigt wieder an die von Itzenplitz' bis nach 1928 und wurde danach erneut geteilt, ein Teil ging an einen Freiherrn von Wangenheim.[3]
Bei der Bodenreform wurden 1945 ermittelt: das Gut derer von Itzenplitz hatte eine Fläche von 351 Hektar, 22 Besitzungen unter 100 Hektar hatten zusammen 158 Hektar, eine Kirchenbesitzung umfasste einen Hektar. Enteignet wurden 741 Hektar. Das Waldgut des Freiherrn von Wangenheim wurde an die Provinzialverwaltung abgegeben. Im Jahr 1952 entstand die erste Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft, die LPG Typ I „Aufbau“, die 1953 in den Typ III überführt wurde.[3]
Auf dem Gutsgelände neben der Ruine eines ehemaligen Schlosses in Jerchel gab es ab dem Ende der 1970er Jahre ein Betriebsferienlager des VEBFahlberg-List Magdeburg.[11]
Im Rahmen der Dorferneuerung wurde seit den 1990er Jahren das ehemalige Gutshaus saniert, in dem sich heute Gemeindebüro, Saal und ein Jugendclub befinden, das Feuerwehrhaus erweitert sowie Straßen, Wege und Straßenbeleuchtung erneuert.[12]
Heinrich Sültmann meint der Name, 1345 und 1437 gerchel 1370 jerchil, 1540 gerchell, geht auf das Slawische „grahol“, „garch“ für „Wicke“, „Erbse“ zurück.[5][13] Andere deuten Jerchel als Verkleinerungsform von Jerichow, also als „Klein Jerichow“.[14]
Archäologie
Im 20. Jahrhundert wurde über Funde einer Siedlung aus vorrömischer Zeit berichtet. Die geborgenen weitmundigen keramischen Schalen und Töpfe, sowie ein Kumpf werden im Altmärkischen Museum in Stendal aufbewahrt.[15]
Am 25. Juli 1952 kam die Gemeinde Jerchel zum Kreis Tangerhütte. Nach dessen Auflösung gehörte sie ab 1. Januar 1988 zum Kreis Stendal und schließlich ab 1. Juli 1994 wieder zum Landkreis Stendal.[17]
In einem Gebietsänderungsvertrag zwischen der Stadt Tangerhütte und allen Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Tangerhütte-Land wurde deren Eingemeindung nach Tangerhütte geregelt. Dem Vertrag stimmte der Gemeinderat Jerchel am 11. Mai 2010 zu. Er wurde vom Landkreis als unterer Kommunalaufsichtsbehörde genehmigt und die Eingemeindung trat am 31. Mai 2010 in Kraft.[18]
Die evangelische Kirchengemeinde Jerchel, die früher zur Pfarrei Buch gehörte,[24] wird heute betreut vom Pfarrbereich Lüderitz im Kirchenkreis Stendal im Bischofssprengel Magdeburg der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.[25] Die ältesten überlieferten Kirchenbücher für Jerchel stammen nach Angaben von Machholz aus dem Jahre 1833, ältere Einträge finden sich bei Buch.[26] Hoßfeld meint, es gäbe Kirchenbücher ab 1680, doch zwischen 1730 und 1768 wäre eine große Lücke.[5]
Es konnten mangels Bewerbern nur 3 von 5 möglichen Sitzen besetzt werden. Gewählt wurden 3 Männer. Von 98 Wahlberechtigten hatten 80 ihre Stimme abgegeben, die Wahlbeteiligung betrug damit 81,63 Prozent.[30]
Wappen
Das Wappen wurde am 13. August 2009 durch den Landkreis genehmigt.
Blasonierung: „Gespalten von Grün und Silber unter goldenem Schildhaupt, vorn drei goldene Ähren mit Halmblättern, hinten pfahlweise drei abgeschnittene schwarze Bärenköpfe mit ausgeschlagenen roten Zungen und goldenen Halsbändern mit Ring, im Schildhaupt eine grüne Eichel mit zwei zu den Seiten weisenden Eichenblättern.“[32]
Die Farben des Ortes sind – abgeleitet von den Hauptwappenmotiven (Ähren) in der heraldisch vornehmeren vorderen Schildhälfte – Gold (Gelb)-Grün.
Das Wappen wurde 2009 vom Heraldiker Jörg Mantzsch gestaltet.
Flagge
Die Flagge ist gelb - grün (1:1) gestreift (Querformat: Streifen waagerecht verlaufend, Längsformat: Streifen senkrecht verlaufend) und mittig mit dem Gemeindewappen belegt.[32]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Die evangelische Dorfkirche Jerchel ist ein Backsteinbau aus der Zeit um 1200.[33] Sie hat eine barockeAusstattung mit einem Wappen der Familie von Itzenplitz an der Ostwand des Chores, deren Patronat über Jerchel bereits für das 15. Jahrhundert bezeugt ist.[14]
Ein Rest des ehemaligen Ritterguts aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts ist der schlanke runde Taubenturm mit spitzem Kegeldach,[33] der auch als Taubenhaus auf einem Rundpfeiler beschrieben wird.[5] Er wird von der Bevölkerung als Uhrenturm „Penko“ bezeichnet und gilt als inoffizielles Wahrzeichen von Jerchel.[12]
Von Jerchel führen Landstraßen nach Tangermünde und über Grieben nach Tangerhütte.
Es verkehren Linienbusse und Rufbusse von stendalbus.[34]
Im 15 Kilometer entfernten Tangerhütte bestehen Bahnanschlüsse nach Magdeburg und Stendal.
Literatur
Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S.1084–1088, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC614308966, S.90–91 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Hrsg.: J[ohann] A[ugust] F[riedrich] Hermes, M[ichael] J[ulius] Weigelt. Zweiter, oder topographischer Teil. Selbstverlag und W. Heinrichshofen in Kommission, Magdeburg 1842, OCLC1071081004, S.296–297, 48. Jerchel (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
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Birgit Schulze: So wenig Babys wie noch nie. In: Stendaler Volksstimme, Der Altmärker (E-Paper). 13. Januar 2024, DNB1002381223, S.18.
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Stadt Tangerhütte: Hauptsatzung der Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte. 15. Dezember 2020, §17 Ortschaftsverfassung (tangerhuette.de [PDF; 399kB; abgerufen am 17. Januar 2021]).
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Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-2235-5, S.1084–1088, doi:10.35998/9783830522355 (E-Book zur zweibändigen Druckausgabe).
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Friedrich Hoßfeld, Ernst Haetge: Der Kreis Stendal Land (= Die Kunstdenkmale der Provinz Sachsen. Band3). Hopfer, 1933, DNB362544441, S.110–114.
↑Johannes Schultze: Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375 (= Brandenburgische Landbücher. Band2). Kommissionsverlag von Gsellius, Berlin 1940, S.367.
↑ abcdWilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, OCLC614308966, S.90–91 (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege).
↑Lieselott Enders: Die Altmark. Geschichte einer kurmärkischen Landschaft in der Frühneuzeit (Ende des 15. bis Anfang des 19. Jahrhunderts). In: Klaus Neitmann (Hrsg.): Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs. Band56. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-1504-3, S.194–195, doi:10.35998/9783830529965.
↑nach Friedrich Hoßfeld: Heinrich Sültmann: Die Ortsnamen im Kreise Stendal. In: Altmärkische Tageszeitung. Juli 1932, ZDB-ID 2511766-X, Beilage „Die Altmärkische Heimat“.
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Thomas Hartwig: Alle Altmarkkirchen von A bis Z. Elbe-Havel-Verlag, Havelberg 2012, ISBN 978-3-9814039-5-4, S.213.
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Rosemarie Leineweber: Die Altmark in spätrömischer Zeit (= Siegfried Fröhlich [Hrsg.]: Veröffentlichungen des Landesamtes für Archäologie – Landesmuseum für Vorgeschichte – Sachsen-Anhalt. Band50). Halle (Saale) 1997, S.377, 37..
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Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Bevölkerung der Gemeinden nach Kreisen 1964 – 2007 (= Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt [Hrsg.]: Statistische Berichte / A / I / 103). Halle (Saale) Februar 2009 (statistischebibliothek.de [PDF]).
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Bevölkerung der Gemeinden (= Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt [Hrsg.]: Statistische Berichte / A / I / A / II / A / III / 102). Halle (Saale) – (statistischebibliothek.de). (Jahr anklicken)
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Birgit Schulze: Abwärtstrend wird gebremst. In: Stendaler Volksstimme. 14. Januar 2015, S.20.
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Birgit Schulze: Tangerhütte schrumpft wieder. In: Stendaler Volksstimme. 13. Januar 2020, S.20.
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Birgit Schulze: Tangerhütte verliert weiter Einwohner. In: Stendaler Volksstimme, Der Altmärker. 13. Januar 2022, DNB1002381223, S.17.
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Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen der Grafschaften Wernigerode, Rossla und Stolberg. 19. Jahrgang, 1903, ZDB-ID 551010-7, S.114 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
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Ernst Machholz: Die Kirchenbücher der evangelischen Kirchen in der Provinz Sachsen. In: Mitteilungen der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte. 30. Heft, 1925, ZDB-ID 504809-6, S.17 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
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Birgit Schulze: Räte in den Ortschaften. Wer wurde gewählt? In: Stendaler Volksstimme. 28. Mai 2019, S.17.
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Landkreis Stendal: Genehmigung des Wappens und der Flagge der Gemeinde Jerchel. In: Amtsblatt für den Landkreis Stendal. 19. Jahrgang, Nr.18, 26. August 2009, ZDB-ID 2665593-7, S.230–194 (landkreis-stendal.de [PDF; 397kB; abgerufen am 27. Februar 2021]).
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Folkhard Cremer, Tillman von Stockhausen in: Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen-Anhalt. Band I: Ute Bednarz, Folkhard Cremer u. a.: Regierungsbezirk Magdeburg. Neubearbeitung. Deutscher Kunstverlag, München u. a. 2002, ISBN 3-422-03069-7, S. 450.