Nach dem Besuch des Jesuitenkollegiums trat er 1726 als Kadett in das königliche Artilleriekorps ein. Sein künstlerisches Talent wie seine Karriere dürften vom Dichter Wacław Rzewuski gefördert worden sein, der 1734–1737 Kommandant von Kamjanez und später Woiwode von Podolien und Feldhetman der polnischen Krone war. Als frischgebackener Hauptmann heiratete Witte um 1735 Marianna Lubońska (1705–1780), mit der er fünf Kinder hatte.
Wittes Biograf Zbigniew Hornung (1903–1981) glaubte, der junge Offizier habe Prag, Wien, Venedig und Paris besuchen können. Daneben beschaffte er sich ausländische Fachliteratur. Laut der Grabschrift, die ihm Artilleriechef Alois Friedrich von Brühl widmete, huldigte Witte der Minerva (Wissenschaft) ebenso wie der Muse (Kunst).[3] Die Ausführung seiner Werke aber überließ er anderen.
Anfang und Höhepunkt seines Œuvres aus 18 Kirchen sowie Palästen und Gutshöfen bilden die Gotteshäuser des befestigten Karmelitenklosters im wolhynischenBerdytschiw (1737–1754) und des Dominikanerklosters Corpus Christi im ruthenischenLemberg (1744–1764), beides in der heutigen Ukraine. Nach Wittes eigenen Angaben wurden die Pläne für die Dominikanerkirche nach Rom gesandt und erhielten den Beifall dortiger Architekten. Hornung schreibt:
„(…) der erstaunenswerten Originalität ihres künstlerischen Konzepts wegen könnte die Dominikanerkirche von Lemberg leicht in eine der großen Hauptstädte des katholischen Europas, eingeschlossen Paris und Rom, versetzt werden (…)“[4]
1751 wurde Witte Major, 1754 Oberstleutnant, 1762 Oberst. Er trug maßgeblich zur Verschönerung von Kamjanez bei.[5] So soll er die Fassade der Kathedrale umgestaltet haben. Er konnte dieser aber keine Tiefe verleihen, da ihr ein Minarett[6] vorgebaut ist, das 1756 zur Mariensäule umfunktioniert wurde. Für Fürst Stanisław Lubomirski entwarf er dessen Palast in Lemberg (1763–1767). Von KönigStanisław August wurde er 1767 zum Generalmajor befördert, 1768 nobilitiert und zum Kommandanten der Festung Kamjanez mit ihren rund tausend Mann Besatzung ernannt.
Witte zugeschrieben wird der in den 1780er Jahren errichtete Palast des Fürsten Lubomirski im wolhynischen Riwne. Anzunehmen ist seine Autorschaft auch beim Triumphbogen in Kamjanez, der an den Besuch Stanisław Augusts im Jahre 1781 erinnert. Der König machte Witte damals zum Generalleutnant. Für den Bau neuer Kasernen in Kamjanez dagegen zog man ihm Major Stanisław Zawadzki vor, der an der Accademia di San Luca in Rom studiert hatte. Dieser wurde jedoch 1783 aus der Armee ausgeschlossen, nachdem ihm sein Mitarbeiter Hilary Szpilowski Konstruktionsfehler vorgeworfen hatte.
1784 finanzierte Witte den Start einer Montgolfière in Kamjanez.[11] Die numismatische Sammlung des Generals, die sein Sohn Józef (1739–1815) 1787 mit Stanisław August gegen Schmuck für seine Frau tauschte, bildete den Grundstock des königlichen Münzkabinetts in Warschau.[12]
Der in Wien und Frankreich ausgebildete[13] Artilleriemajor Józef de Witte hatte 1779 von Fürst Marcin Lubomirski das einzige Grenadierregiment der Kronarmee (ein in Kamjanez stationiertes schwaches Bataillon) gekauft.[14] Kurz darauf hatte er die griechischeKurtisaneZofia Glavani (1760–1822) geheiratet, welche dem Diplomaten Karol Boscamp-Lasopolski aus Istanbul nach Polen gefolgt war. Sein Vater erfuhr von der Mesalliance erst im Nachhinein, doch gelang es Zofia, auch ihn für sich einzunehmen, indem sie jene Demut an den Tag legte, „welche Männerherzen bei weiblichen Schönheiten so breiweich zu machen pflegt“.[15]
Julian Ursyn Niemcewicz schilderte 1780 neben Wittes Schwiegertochter auch diesen selber: „Klein von Gestalt; schwarz im Gesicht, vernünftig, gerissen, sogar von der Wissenschaft beleckt.“[16]
Nachdem Witte 1785 gestorben war, wurde Józef sein Nachfolger als Kommandant von Kamjanez. Zofia aber floh am Vorabend des Russisch-Österreichischen Türkenkriegs (1787–1792) nach Istanbul. Bald darauf wurde sie Mätresse des russischen Feldherrn Grigori Potjomkin (1739–1791). Ihr mit dem Rang eines Generalleutnants verabschiedeter Gatte trat in russische Dienste und erhielt das Oberkommando über Cherson (Ukraine).
Nach Potjomkins Tod liierte Zofia sich mit dem reichsten MagnatenPolen-Litauens, Szczęsny Potocki (1751–1805), der maßgeblich dazu beitrug, dass sein Vaterland 1792 von Russland besetzt wurde und 1795 von der Landkarte verschwand.[17] Sie zog in den klassizistischen Palast in Tultschyn (Ukraine) ein, den Potocki sich von Joseph Lacroix hatte entwerfen lassen. Die Annullierung der beiderseitigen Ehen ließ sich erkaufen, so dass Szczęsny Zofia 1798 heiraten konnte. Als Geschenk für sie ließ er Artilleriehauptmann Ludwik Metzel den LandschaftsparkSofijiwka bei Uman (Ukraine) anlegen. Sie betrog ihn jedoch mit seinem spielsüchtigen Sohn Jerzy (1776–1809) und trieb ihn in den Wahnsinn.
Karol Boscamp-Lasopolski: Moje przelotne miłostki z młodą Bitynką […] Hrsg. v. Jerzy Łojek, Wydawnictwo Literackie, Krakau 1963, S. 97–142 (Mes amours éphémères avec une jeune Bithynienne).
Jerzy Łojek: Dzieje pięknej Bitynki […] (Geschichte der Schönen Bithynierin […]). 4. Aufl., Wydawnictwo Pax, Warschau 1982.
Zbigniew Hornung: Jan de Witte, Architekt kościoła Dominikanów we Lwowie (Architekt der Dominikanerkirche in Lemberg). Red. Jerzy Kowalczyk. Piotr Włodarski, Warschau 1995, ISBN 83-8593811-7 (Summary, S. 277–283).
Mariusz Machynia et al.: Oficerowie wojska koronnego 1777–1794, spisy (Offiziere der Kronarmee 1777–1794, Listen). 4 Bände, Księgarna Akademicka, Krakau 1998–2003, ISBN 83-7188-207-6.
Renata Król-Mazur: Miasto trzech nacji. Studia z dziejów Kamieńca Podolskiego w XVIII wieku (Stadt dreier Nationen. Studien zur Geschichte von Kamjanez-Podilskyj im XVIII. Jahrhundert). Avalon, Krakau 2008, ISBN 978-83-60448-51-9.