Geis wurde als Sohn des Nikolaus Geis, eines Hofoffizianten am griechischen Königshof, in Athen geboren. Im Alter von sechs Jahren kam er mit seinen Eltern nach München. Dort trat er im Alter von 26 Jahren erstmals auf eine Bühne. Ab 1869 war er regelmäßig als Humorist im Café des vornehmen Hotels Oberpollinger zu sehen, gehörte einige Zeit auch Anderl Welschs Ensemble an und wurde im November 1875 Direktor einer eigenen Singspielgruppe.
In Geis’ Singspielgesellschaft[1] traten auch andere bekannte Volkssänger auf, so zum Beispiel Christian Seidenbusch,[2] der vor ihm Leiter der Truppe gewesen war und selbst viele Couplets verfasst hat,[3] und Willy Schäffer, beide geschätzte Damenimitatoren;[4] ferner die Komiker Anderl Mayerhofer, M. Königshöfer und Franz Haibl.[5]
Musik zu den Couplets von Geis schrieb der Pianist Paul Damas (auch: Dammas); nach ihm war Georg Huber, der ebenfalls als Humorist in Erscheinung trat,[6] der Hauskomponist der Truppe.[7]
Geis zeichnete sich vor allem durch seine Soloszenen aus, bei denen “es galt, den Character einer imaginären Persönlichkeit durch die Erzählung der Lebensschicksale schnurrigster Art herauszubringen”[8]. Typen im Geis’schen Repertoire waren 'kleine Leute' wie Hausknechte, Dienstmänner oder Droschkenkutscher. Den größten und nachhaltigsten Erfolg aber hatte seine Karikatur eines verbummelten Corpsstudenten im Kostümvortrag „Das bemooste Haupt“,[9] bei dem er mit Schärpe, Schnauzbart und Schmissen im Gesicht auftrat.
Um 1900 war er als Repräsentant des Gutbürgerlich-Münchnerischen der beliebteste Volkssänger dieser Stadt. Seine Couplets waren in aller Munde.[10] Zu seinen bekanntesten gehörten Schimpfen tut a jeder, Verlassen bin i, Drah di Madl, drah di, morgen kommt der Mahdi.[11]
"Geis und seine Gesellschaft setzten für die nachfolgende Volkssängergeneration Leitlinien. Niveau und Gestaltung des Programms, Struktur von Szenen und Vorträgen wurden weitgehend von ihm geprägt".[12] Noch heute sind seine Lebenserinnerungen, die er 1905 verfasst hat, willkommene Zeugnisse für die alte Münchner Volkssängerkultur.
Der aus Nürnberg gebürtige Jakob Peuppus (1859–1905), Königlich Bayrischer Musikmeister beim Kgl. Bayr. Infanterie-Leibgrenadier-Regiment Nr. 1 und Gründer der beliebten ‘Kapelle Peuppus’, komponierte 1901 ihm zu Ehren und unter Verwendung verschiedener Couplet-Melodien den „Papa-Geis-Marsch“[13].
1884 heiratete Geis Theres, geb. Lechl (* 1841), Tochter des Maurers Franz Lechl. Aus der Ehe ging ein Sohn hervor, der spätere Schauspieler und Sänger Josef Geis (1867–1940). Der Drehbuchautor Jacob Geis und der Grafiker Josef Nikolaus Geis waren Jakob Geis' Enkel.[14]
CD "Rare Schellacks – München: Volkssänger", Trikont (Best.Nr. US 0199);[16] enthält als track 2 das "Bachstelzenlied" von 'Papa' Geis.
Literatur
Jakob Geis: Selbstbiographie. Typoskript München 1905.
Jakob Geis – Münchner Volkssänger und Wirt vom „Oberpollinger“ zum 150. Geburtstag. Aus dem historischen Kalender. In: Charivari 16, 1990, 12, ISSN0343-2548, S. 75.
Susanne von Goessel: Münchener Volkssänger – Unterhaltung für Alle. In: Till, Wolfgang (Hrsg.): Karl Valentin – Volkssänger? Dadaist? [Katalog zur] Ausstellung zum 100. Geburtstag Karl Valentins. München, Schirmer/Mosel 1982, S. 26 ff.
Berthold Leimbach: Tondokumente der Kleinkunst und ihre Interpreten 1898 - 1945, Göttingen, im Selbstverlag, 1991, unpaginiert.
Joseph Maria Lutz: Die Münchner Volkssänger. Ein Erinnerungsbuch an die gute alte Zeit. Nach einer Sammlung von Erwin Münz. München 1956
Claudia Preis: Der Unterhaltungskünstler Jakob „Papa“ Geis im Umfeld der Münchner Volkssängerszene. München 2005, (München, Univ., Magisterarbeit).
Claudia Preis: Volkssängerei in München 1870-1930. Zur Produktion von Unterhaltungskultur in der Stadt. Diss. München 2010, online (PDF; 869 kB)
Ludwig M. Schneider: Die populäre Kritik an Staat und Gesellschaft in München (1886-1914). Ein Beitrag zur Vorgeschichte der Münchner Revolution von 1918/19. Kommissionsbuchhandlung Wölfle, München 1975 (= Miscellanea Bavarica Monacensia, Heft 61).
Wolfgang Till (Hrsg.): Karl Valentin – Volkssänger? Dadaist?. [Katalog zur] Ausstellung zum 100. Geburtstag Karl Valentins. München, Schirmer/Mosel 1982.