Schmedemann wurde als Sohn des Schweriner Bäckermeisters Karl Schmedemann und dessen Frau Margarethe geboren. Er wuchs im Handwerkerviertel um die Fritz-Reuter-Straße auf und besuchte kriegsbedingt mehrere Schulen der Schweriner Innenstadt, die nacheinander zu Lazaretten umfunktioniert wurden.
Die Freude am Zeichnen existierte schon während der Schulzeit. Früh entdeckte Horst Schmedemann die ökonomischen Vorteile seiner Zeichenkünste. Der Vater eines Schulfreundes war Fleischermeister, und so wurde Wurst gegen Kunst getauscht. Der Pädagoge und Maler Rudolf Gahlbeck war der Kunsterzieher von Horst Schmedemann. Er entdeckte und förderte das Talent seines Schülers und öffnete ihm die Augen für die Kunst. Er erkannte sein Talent und riet ihm, Lithograph zu werden.
So machte Schmedemann nach dem Abschluss der Schule von 1950 bis 1953 eine Lehre als Lithograph bei der damaligen Landesdruckerei in Schwerin.
Nach dieser Ausbildung begann er ein Studium in Leipzig an der Hochschule für Grafik und Buchkunst. Dort lernte er Margot Gramsch kennen, die er 1957 heiratete. Da er sich als Student in der damaligen DDR nicht „linientreu“ verhielt, durfte er das Studium nicht beenden und kehrte Ende 1954 wieder nach Schwerin zurück.
Von 1955 bis 1992 arbeitete Schmedemann bei der Schweriner Volkszeitung, zunächst als Offsetretuscheur, später als Reprofotograf in der Chemigrafie und die letzten 10 Jahre als Gebrauchsgrafiker des Verlages. Ab 1965 trat er mit seinem künstlerischen Schaffen in die Öffentlichkeit. 1969 wurde die Tochter Anke geboren. 1975 kaufte das Ehepaar in Warsow, einem kleinen Dorf südlich von Schwerin, eine alte Bauernkate, ein reetgedecktesFachwerkhaus von 1776. Dieses diente zunächst als Sommerwohnsitz und musste nach und nach saniert werden. Dort richtete er sich für seine künstlerische Arbeit ein Atelier und eine Werkstatt ein, wo er seine Grafiken nun auch selber drucken konnte. Davor ließ er seine Grafiken von einem Kunstdrucker, seinem Künstlerkollegen Ernst Lau, drucken. 1984 erhielt er vom Rat des Kreises Schwerin die „Zulassung als Einzelschaffender, mit der Berechtigung, Aufträge im bildnerischen Volksschaffen anzunehmen“. 1992, in seinem 59. Lebensjahr, verabschiedete er sich aus dem Berufsleben, siedelte ganz nach Warsow um und arbeitete fortan nur noch als freischaffender Künstler. In seinem Fachwerkhaus richtete er sich die kleine Galerie „Uhlenlock“ ein.
Schmedemann erkrankte 2004 an Leukämie und versuchte bis zum letzten Tag mit besonders intensiver künstlerischer Arbeit gegen seine Krankheit anzukämpfen. Er starb am 23. August 2010.
Eine kleine Tafel, eingebettet in den Fußweg am Burgsee, gleich rechts vor der Brücke zum Schweriner Schloss, erinnert mit seinen Initialen (hs) und dem Geburtsjahr 1934 an den Künstler.
Ehrungen
1975 Sonderpreis für hervorragende künstlerische Ergebnisse auf dem Gebiet Grafik im Volkskulturwettbewerb des Bezirkes Schwerin, Kulturbund der DDR, Bezirksleitung Schwerin
1979 Förderpreis für gute künstlerische Ergebnisse, Bezirkskabinett für Kulturarbeit Schwerin
1982 Urkunde für gute künstlerische Ergebnisse, 3. Bezirksausstellung des bildnerischen Volksschaffens in Schwerin, Rat des Bezirkes Schwerin und Bezirksvorstand FDGB Schwerin
1984 Sonderpreis für gute künstlerische Ergebnisse des künstlerischen Volksschaffens, Staatliches Museum Schwerin
1986 Förderpreis für gute künstlerische Ergebnisse, 4. Bezirksausstellung des bildnerischen Volksschaffens in Schwerin, Bezirksvorstand FDGB Schwerin
1986 Diplom für den kulturell-künstlerischen Beitrag anläßlich der V. Galerie des Bezirkes Schwerin, Abteilung Kultur
1987 „Kurt-Barthel-Medaille“ für besondere Verdienste bei der Entwicklung des geistig-kulturellen Lebens in der DDR, Rat des Bezirkes Schwerin
Werke
Horst Schmedemann war ein ruhiger und außerordentlich feinsinniger Mensch, der seine Umwelt stets kritisch betrachtete und unbeeindruckt von den Innovationen der zeitgenössischen Bildkunst seinen eigenen künstlerischen Weg ging. In seinen Grafiken, Pastellen und Ölbildern gestaltete er vorwiegend die mecklenburgische Landschaft, den weiten Himmel, alte Bauernhäuser, wuchtige Bäume und stille Seenlandschaften. In seinen grafischen Arbeiten wandte er sich neben den Landschaftsmotiven auch Bildnissen, Motiven mit kritischen Aussagen und erotischen Darstellungen zu. Er fand seinen unverwechselbaren Ausdruck, die Motive seiner direkten Umgebung und seiner mecklenburger Heimat, die er so liebte, darzustellen. Er war ein Maler des Nordens. Das klare Licht, die Weite, die grauen, braunen und roten Farben haben ihn inspiriert. Jürgen Borchert schreibt in dem Buch "Stille Bilder": "Horst Schmedemanns Fähigkeit, die Sprache der Farben zu entschlüsseln und zu verdolmetschen, hat mir geholfen, den Sinn des Sehens auf immer neue Weise zu erfahren. Ich habe die Varianten der Farbe Rot besser zu unterscheiden gelernt".[1]
Mit dem Maler Carl Hinrichs und dem Grafiker Karl-Heinz Effenberger war er befreundet und hatte mit ihnen teilweise einen intensiven Gedankenaustausch. "Natur und Gebäude sind erkennbar, und doch ist die Atmosphäre weitläufig, die Stimmung, in der sich Subjekt und Objekt, Gefühl und Naturzustand treffen, allgemeingültig. Carl Hinrichs hat diese Tradition von der Weimarer Malerschule eines Franz Bunke über Wilhelm Facklam empfangen und an Horst Schmedemann weitergegeben".[2]
In den Jahren 1984–2007 illustrierte Horst Schmedemann mehr als 25 Bücher u. a. für Werner Lindemann und Jürgen Borchert. Er entwarf Vignetten und Exlibris und war nach der Wende auch für die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern künstlerisch tätig.
Zum besseren Verständnis seiner Arbeiten hier einige Zitate von Horst Schmedemann:
"Der Süden ist mir zu bunt, den Norden kann ich besser" – "Ich habe immer für mich gemalt. So, wie ich die Landschaften gesehen und erlebt habe, gestaltete ich sie in meinen Bildern" – "Nie habe ich mir draußen Skizzen gemacht. Es ist, als hätten meine Augen ein Foto gemacht und ich kann es in mir abrufen" – "Eine Landschaft muss nicht so aussehen wie ich sie gemalt habe. Aber ich habe sie so erlebt. Es ist der Reiz der Gegensätze der mich anzieht. Einen blauen Himmel zu malen ist keine Kunst!" – "Ich bringe Stimmungen zum Ausdruck, die in der Realität schneller wechseln, als man sie festhalten kann".
Bei den Ehrungen und Preisen, die Horst Schmedemann zwischen 1975 und 1987 in der DDR bekommen hat, kann man den Eindruck haben, er sei ein angepasster Künstler gewesen. Aber das Gegenteil war der Fall. So groß und stattlich seine Gestalt und so freundlich sein Wesen war, so unbeugsam und gradlinig war auch sein Charakter. Schaut man sich die Kommentare in der Presse zu diesen Ausstellungen und Preisverleihungen an, so ist man erstaunt, mit welchen Motiven Horst Schmedemann teilnahm und als Einzelschaffender prämiert wurde: "Die Lerche", "Naturfreundlich", "Traum einer Intensivkuh", "Ein eigener Herd ist Goldes wert", "Ausweg", viele Exlibris usw.; keine Bilder, die die sozialistische Arbeit zum Thema hatten.
Grafiken
Sein Hauptwerk sind die Grafiken, die er in verschiedenen Techniken wie Kaltnadel- und Ätzradierung, Aquatinta, Mezzotinto, Vernis Mou und Reservage ausführte und ab 1983 in seiner Werkstatt selbst druckte. Die Auflagen waren oft gering, 8 bis 50 Abzüge. Manche Grafiken hat er auch farbig gedruckt. Mit hintergründigem und leisem Humor versuchte er, die Mentalität der Mecklenburger und ihre Landschaft zu erfassen und auf seine Weise in Bilder umzusetzen.
Mit der Grafik entstanden auch viele Motive, die nicht eine Stimmung in der Natur ausdrücken sollen, sondern eine kritische Aussage zu verschiedenen Themen, bei denen der Betrachter mitdenken und zu Fragen und Diskussionen angeregt werden soll: "Das Kapital", ein Buch mit 100-Mark-Scheinen (beides Karl Marx); "Man selbst?", ein Mann mit Maske; "Traum einer Intensivkuh", eine Stallkuh träumt von einer Blumenwiese; "ohne Titel", mit der DDR-Brille aus einer Mücke einen Elefanten machen; "Gestörtes Gleichgewicht" in der Natur; "Naturfreundlich", ein LPG Bauer fährt mit seinem Pflug um einen Baum herum; "Ausweg", ein Weg zu einem idyllischen Bauernhaus. Mit der politischen Wende in der DDR 1989/1990 hörte sein kritischer Blick nicht auf.
In den Jahren von 1975 bis 1982 widmete er sich auch der Exlibriskunst zu. Mit dieser kleinformatigen Grafik hat er die Merkmale, Neigungen, beruflichen oder persönlichen Lebensumstände des Bucheigners dargestellt. Die Grafik „Mueßer Fenster“ entstand 1982 in einer Auflage von 29 Stück.
Bekannt wurde Horst Schmedemann auch durch seine Neujahrsgrüße, kleine Grafiken, die stets einen politischen Hintersinn hatten.
Pastelle
Nachdem er schon lange grafisch tätig gewesen war, brachte er es zur zweiten Meisterschaft, der Pastellmalerei. Mit der Pastellkreide konnte er die Stimmung einer Landschaft und eines Wetters besonders ausdrucksvoll in Farben ausdrücken: eine Landschaft im Schnee, eine Gewitterstimmung, dunkle Wolken, eine Mondnacht. Er bevorzugte gedeckte Farben, aber wenn bei noch dunklem Himmel der erste Sonnenstrahl auf ein Backsteingemäuer fällt, dann ist da das leuchtende Rot, Schmedemanns Ziegelrot (z. B. Schweriner Dom, Doberaner Münster, Rostocker Marienkirche, Schweriner Schelfkirche, Barlachs Kapelle in Güstrow und die Inselkirche auf Poel). Die weiche Körnigkeit der Pastellkreide, die Farben – Rot, Grün, Braun, Blau vorzugsweise in dunkel leuchtenden Tönen – und das Schweben zwischen Zeichnen und Malen, das Verwischen von Linien und Farbübergängen, kam dem Naturell von Horst Schmedemann entgegen[2] und wurde neben der Grafik zu seinem ihm gemäßen Medium.
Ölbilder
Erst in den 1990er Jahren wandte sich Horst Schmedemann intensiver der Ölmalerei zu. Er ist den Weg von der zeichnerischen Linie zur flächigen, ja räumlichen Form, vom Pastell zur Ölmalerei in einem folgerichtigen, aufbauenden Prozess gegangen.[3] Wie im Pastell, so konnte er auch in der Ölmalerei Stimmungen und innere Bewegtheit ausdrücken.
Buchillustrationen
Horst Schmedemann hat für seine Buchillustrationen drei verschiedene Techniken benutzt: Pastellkreide, Tuschezeichnung und Radierung. Diese Originale konnten beim Buchdruck entweder etwas vergrößert oder verkleinert werden. Mal war es eine Bebilderung des jeweiligen Textes, doch meistens eine eigene Interpretation.
1987 Die Räuberhöhle, Drei Erzählungen von Steen Steensen Blicher, Hinstorff Verlag Rostock
1987 Überfahrt zwanzig Pfennig, Geschichten, Skizzen und Anekdoten von Christa Borchert, Hinstorff Verlag Rostock, ISBN 3-356-00053-5
1988 Musik in Mäkelborg, Anekdoten rund um die Mecklenburger Staatskapelle von Günter Wittiber und Dieter Klett, Kulturbund der DDR, Bezirksleitung Schwerin
1989 In Holt un Heid', Gedichte und Prosa von Richard Giese, Hinstorff Verlag Rostock
1990 Drachtknuppen, Plattdeutsche Gedichte von Günter Wittiber, Herausgeber Rat der Stadt Schwerin, Abteilung Kultur
1990 Wie Petermännchen zu Hut und Stelzen kam, Sagenhafte Märchen von Erika Borchardt, Landesverlags- und Druckgesellschaft mbH, Schwerin
1990 Dackel Max in Mecklenburg, Eine vergnügliche Geschichte von Manfred Kubowsky, Landesverlags- und Druckgesellschaft mbH, Schwerin
1990 In der kleinen Buchreihe vom Verlag der Schweriner Volkszeitung: Das Wetterbüchlein (Text von Horst Barz) und Quantwies, Krüzwies, tourwies ut Schwerin un ümrüm (Texte von Günter Wittiber)
1991 Petermännchen, Der verwunschene Prinz, Sagenhafte Geschichten von Erika Borchardt, Landesverlags- und Druckgesellschaft mbH, Schwerin
1991 Das Schloss an der Nebel, Erzählung von Brigitte Birnbaum, Landesverlags- und Druckgesellschaft mbH, Schwerin
1991 Wildes Blut und andere Geschichten, von Günter Wittiber, Landesverlags- und Druckgesellschaft mbH, Schwerin
1991 Tanzt im Winde wie ein Mädchen, Kleine vergnügliche Geschichten von Werner Lindemann, Landesverlags- und Druckgesellschaft mbH, Schwerin, ISBN 3-910179-23-1
1992 Petermännchen, Der Poltergeist, Eine sagenhafte Erzählung von Erika Borchardt, Landesverlags- und Druckgesellschaft mbH, Schwerin
1994 Vadder kocht, gekocht und geschwätzt von Jürgen Borchert, Demmler Verlag, Schwerin, ISBN 3-910150-23-3
1994 Petermännchen, Der geheimnisvolle Zwerg, Erzählungen von Erika & Jürgen Borchardt, Stock & Stein Verlags-GmbH Schwerin
1997 Soeben mal soeben gaude würd', Plattdeutsch für den politischen Alltag zusammengestellt von Jürgen Borchert, SPD-Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern
1998 "Christian" Geschichten aus einer echt glücklichen Zeit von Günter Pilgrim, Verlag Stock & Stein, ISBN 3-932370-46-5
2013 Ausstellung in der Gallery Berger Schwerin „Erinnerungen“, Malerei & Grafik
2014 Ausstellung in der Zeitkunstgalerie in Born auf dem Darß
2016 Grafiken aus der Sammlung Dr. Rolf-D. Klodt in der Villa Rabe der Christlichen Akademie „Das weibliche Antlitz – Anmut und Schönheit“, Halle (Saale)
2017 Ausstellung im Kunstwasserwerk (KWW) Schwerin "Heimatkunde", Oktober 2017, Grafik, Aquarell, Pastell, Öl
2018 NDR-Landesfunkhaus Schwerin, Einzelausstellung „Vielfalt – Bilder aus dem Norden“ mit 32 Werken (Grafik & Öl) von April–September (Ausstellungsplakat)
2018 Gallery Berger Schwerin, Verkaufsausstellung für Grafik von Oktober bis Januar 2019
Literatur
Anke Schmedemann, Manuskript der Eröffnungsrede zur Ausstellung im Schweriner Schloss, CDU-Fraktion des Landtages Mecklenburg-Vorpommern, März 2012