Heinrich von Kampen

Gießermarke
Hinrik van Kampens[1]
Reste der Sonntagsglocke von 1508 (links)

Heinrich von Kampen oder niederländisch Hinrik van Kampen, auch Henrik, van Campen oder seltener Kampe (* in der Provinz Overijssel, Niederlande; † um 1524 in Lübeck) war ein in Norddeutschland tätiger, vermutlich aus Kampen stammender Glockengießer.

Leben und Wirken

Vermutlich nannte er sich nach seiner Geburtsstadt Kampen in den Niederlanden. Eine familiäre Beziehung zur Gießerfamilie des Gerhard van Wou ist verschiedentlich erwogen worden, aber nicht sicher nachweisbar. 1502 war er als dessen Gehilfe an der Herstellung der 4.800 Kg schweren Glocke der Stiftskirche St.-Blasius (Braunschweiger Dom), die als „Salvator“ oder „Blasius major“ bezeichnet wird, beteiligt.[2]

Er wird 1484 in Lübeck im Testament des Kord van Reyste erwähnt. Ab 1495 bewohnte er eine Bude am Lübecker Markt. Im Februar 1512 erwarb er das Haus Große Burgstraße 47. Da es im Herbst 1529 von den Vormündern seiner Witwe an den Büchsengießer Hans Schillinck verkauft wurde, muss er zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben gewesen sein. Er hinterließ neben seiner 1564 verstorbenen Witwe Dorothea mindestens einen Sohn Heinrich.[3] Das Haus wurde später von dem Geschütz- und Glockengießer Karsten Middeldorp erworben.

Zwischen 1506 und 1517 ist er als Gießer einer großen Anzahl von Glocken und Geschützen in Norddeutschland nachweisbar. 1511 goss er die Feuerglocke für die Martinikirche in Halberstadt. Sechs Glocken lieferte er dem Braunschweiger Dom, drei nach Mecklenburg, darunter eine für die Schlosskirche in Schwerin, drei für die Nicolaikirche in Lüneburg sowie Geschütze für die Herzöge von Mecklenburg.

Die Sonntagsglocke, die er 1508 für die Lübecker Marienkirche goss, stürzte 1942 als Folge des Bombenangriffs am Palmsonntag in die Tiefe; ihre Reste bilden heute zusammen mit der Pulsglocke ein Erinnerungs- und Mahnmal.

Glocken

Übersicht der von Hinrik van Kampen gegossenen Glocken
Jahr Kirche/Ort Name Gewicht in kg Durchmesser in mm Nominal Bemerkung
1507 Kloster Bordesholm Im Dachreiter der Klosterkirche
1508 Marienkirche (Lübeck) Sonntagsglocke a0 Seit 1942 durch den Luftangriff am Palmsonntag zerstört und heute Mahnmal.
1508 Dorfkirche Ruest 810 a1 +7 Seit 1989 in der Dorfkirche Mestlin
1510 Marienkirche (Ahrensbök) Maßwerkfries und Umschrift. Relieffigur Johannes des Täufers und Wappen des Stifters.[4]
1510 Maria-Magdalenenkirche (Lübeck) Dominicus cis1 heute in der Lutherkirche (Lübeck)
1512 St.-Georgs-Kirche (Wichmannsburg) Relieffigur Marienbildnis mit Jesus-Kind sowie Name, Wappen und Porträt des damaligen Pfarrers Hinrich Möller.[5]
1514 Dom zu Halberstadt Laurentius 1080 1245 e1 −4
1514 Dom zu Halberstadt Maria Magdalena 790 1070 fis1 −9
1514 St. Nicolai (Mölln) Salvatorglocke ca. 2535 1620 c1 Umschrift an Schulter und Mantel, Reliefdarstellungen des Salvators und des Heiligen Nikolaus.[6]
1514 St. Nicolai (Mölln) Marienglocke ca. 2000 140 es1 Umschrift an Schulter und Mantel, Reliefdarstellungen von Madonna im Rosenkranz und der Heiligen Katharina, eingegossen Brakteaten[7]
1514 St. Nicolai (Mölln) Uhrglocke 102 ges1 Inschrift, Hausmarke Kampens und Lübecker Wappen.[8]
1516 Dorfkirche Alt Meteln Kleine Bronzeglocke im freistehenden Glockenstuhl mit Bild der heiligen Katharina[9]
um 1517 Kirche St. Nikolai (Schelfkirche) Schwerin Nicolaus 850 450 a1 +9
1517 Maria-Magdalenen-Kirche (Lauenburg/Elbe) 950 g1 Zierfriese und Minuskelumschrift. Als Relieffiguren eine Mondsichelmadonna und der Salvator. Unter den Figuren jeweils Wappen.[10]

Literatur

Einzelnachweise

  1. in dieser Form auf den Glocken in Mölln
  2. Horst-Rüdiger Jarck, Dieter Lent u. a. (Hrsg.): Braunschweigisches Biographisches Lexikon – 8. bis 18. Jahrhundert. Appelhans Verlag, Braunschweig 2006, ISBN 3-937664-46-7, S. 391.
  3. Gustav Schaumann, Friedrich Bruns: Die Marienkirche (= Die Bau- und Kunstdenkmäler der Hansestadt Lübeck. II. Band, 2. Teil). Bernhard Nöhring, Lübeck 1906, S. 436, Anm. 2.
  4. Beseler (1974), S. 249.
  5. Klaus Wedekind: Der Beginn der Reformation in den Kirchenspielen. Bienenbüttel und Wichmannsburg. In: Schriftenreihe zur Geschichte Bienenbüttels und seiner Ortsteile. Band 22. Books on Demand, Norderstedt 2017, ISBN 978-3-7448-8483-9, S. 12–13.
  6. Beseler (1974), S. 362.
  7. Beseler (1974), S. 362.
  8. Beseler (1974), S. 362.
  9. Georg Dehio: Handbuch der Kunstdenkmäler. Mecklenburg-Vorpommern. Bearb. v. Hans-Christian Feldmann. Berlin/München 2016, S. 12.
  10. Beseler (1974), S. 350 ff.