Der Ort liegt in der Region Starkenburg, 8 km südlich von Seligenstadt, an den ersten Ausläufern des nördlichen Odenwaldes auf einer Höhe von 121 m ü. NHN an der Gersprenz. Der Stadtteil Harreshausen besteht aus der Gemarkung Harreshausen.[1] Innerhalb der Gemarkung liegen die folgenden aktuellen bzw. historischen Siedlungsplätze:[3]
Südlich des Ortes befindet sich 3 große Baggerseen.
Geschichte
Mittelalter
Das Dorf wurde soweit bekannt im 13. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt. In historischen Dokumenten ist der Ort unter folgenden Ortsnamen belegt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[3]Hardirshusen (13. Jahrhundert); Hareshusen (1320); Hardershusen (1344): Hardershusen (1383); Hardenshusen (1435); Herdershusen (1448); Harderßhusen (1469).
1318 wurde der Zehnte von Harreshausen mit Zustimmung des Landesherrn Gottfried von Eppstein auf 20 Jahre weiter verpachtet. 1320 schenken zwei Witwen das Dörfchen „Hareshusen“ nebst Zubehör dem Kloster Fulda. Als Konrad IV. von Hanau sich 1373 für seine Wahl zum Fürstabt des Klosters hoch verschulden musste, hatte das gleich nach seinem Regierungsantritt in Fulda die Konsequenz, dass er versuchte, die eingegangenen Schulden aus dem Reichsstift Fulda zu refinanzieren. Schon 1374 verpfändet er deshalb die Burg Otzberg, die Stadt Hering und das Amt Umstadt für 23.875 Gulden an seinen Neffen, Ulrich IV. von Hanau. In diesem Zusammenhang könnte auch Harreshausen an Hanau gekommen sein. 1383 fiel der Zehnte von Harreshausen an das Schloss Babenhausen. Es gehörte also zu Hanau.
Die Alternative besteht darin, dass Adelheid von Münzenberg, Tochter Ulrichs I. von Münzenberg, als sie noch vor 1245 (das genaue Jahr ist nicht überliefert) Reinhard I. von Hanau heiratete, unter anderem auch Harreshausen als Heiratsgut in die Ehe einbrachte. Das macht es aber schwierig, die oben genannten eppsteinischen und fuldischen Rechte zu erklären.
Nach dem Tod des letzten Hanauer Grafen, Johann Reinhard III., 1736, erbte LandgrafFriedrich I. von Hessen-Kassel aufgrund eines Erbvertrages aus dem Jahr 1643 die Grafschaft Hanau-Münzenberg. Aufgrund der Intestaterbfolge fiel die Grafschaft Hanau-Lichtenberg jedoch an den Sohn der einzigen Tochter von Johann Reinhard III., Landgraf Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt. Umstritten zwischen den beiden Erben war die Zugehörigkeit des Amtes Babenhausen und seiner Dörfer zu Hanau-Münzenberg oder zu Hanau-Lichtenberg. Es kam fast zu einer kriegerischen Auseinandersetzung, als Hessen-Kassel mit schon sorgsam in Hanau stationiertem Militär den größten Teil des Amtes Babenhausen besetzte, so auch Harreshausen. Die Auseinandersetzung konnte erst nach einem langjährigen Rechtsstreit vor den höchsten Reichsgerichten 1771 mit einem Vergleich beendet werden, dem so genannten Partifikationsrezess. Harreshausen wurde darin endgültig Hessen-Kassel zugesprochen.
Bis 1821 nahm das Amt Babenhausen weiter Verwaltung und Rechtsprechung in Harreshausen wahr. Mit der Verwaltungsreform im Großherzogtum Hessen in diesem Jahr wurden auch hier auf unterer Ebene Rechtsprechung und Verwaltung getrennt.[6]
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Harreshausen:
»Harreshausen (L. Bez. Seligenstadt) luth. Pfarrdorf; liegt an der Gersprenz, 1 3⁄4 St. von Seligenstadt und 3 3⁄4 St. von Steinheim, und hat 79 Häuser und 380 Einw., die bis auf 7 Kath. lutherisch sind. Merkwürdig ist die sogenannte schöne Eiche, vom Wuchse einer italienischen Pappel. In der Nähe lag der Ort Hiltenhausen der 1532 noch existirte. – Dieses Dorf, dessen Namen wohl aus Harro entstanden seyn dürfte, gehörte den Münzenbergern, und wurde wahrscheinlich zwischen 1258–1278 an Hanau abgetreten. Nach dem Ausgang der Hanau–Lichtenbergischen Linie, 1736, nahm sowohl Hessen–Darmstadt als Hessen–Cassel das Amt Babenhausen, von welchem Harreshausen ein Zugehör war, in Anspruch. Dieses Amt wurde aber durch die Vergleiche von 1762 und 1771 zwischen diesen beiden Häusern geheilt, wobei Harreshausen an Hessen–Cassel kam. Im Jahr 1807 nahm Frankreich den Casselschen Antheil vom Amt Babenhausen in Beschlag, und verleibte denselben dem 1810 neuerrichteten Großherzogthum Frankfurt ein. Der neue Besitzer trat aber noch in demselben Jahre dieses Dorf mit andern an das Großherzogthum Hessen ab.«[9]
Hessische Gebietsreform (1970–1977)
Zum 31. Dezember 1971 wurde die bis dahin selbstständige Gemeinde Harreshausen im Zuge der Gebietsreform in Hessen auf freiwilliger Basis nach Babenhausen eingemeindet und ist seither ein Stadtteil Babenhausens.[10][11] Für Harreshausen wurde, wie für die Kernstadt Babenhausen und die übrigen Stadtteile, ein Ortsbezirk eingerichtet.[12]
Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Harreshausen angehört(e):[3][13][14]
ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Dieburg, Stadt Babenhausen[Anm. 9]
ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Darmstadt-Dieburg, Stadt Babenhausen
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Harreshausen 1074 Einwohner. Darunter waren 84 (7,8 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 153 Einwohner unter 18 Jahren, 425 waren zwischen 18 und 49, 195 zwischen 50 und 64 und 288 Einwohner waren älter.[16] Die Einwohner lebten in 411 Haushalten. Davon waren 123 Singlehaushalte, 120 Paare ohne Kinder und 123 Paare mit Kindern, sowie 36 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften.
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[3]; Stadt Babenhausen[18]; Zensus 2011[16]
Am Ortsausgang befanden sich seit 1680 drei Mühlen unmittelbar nebeneinander, zwei auf der rechten, eine auf der linken Seite der Gersprenz.
Sehenswert ist die sogenannte Schöne Eiche, die sich etwas außerhalb des Orts befindet. Nördlich davon befand sich das wüst gegangene Dorf Hildenhausen (1328 bis etwa vor 1447 urkundlich nachweisbar).
Literatur
Barbara Demandt: Die mittelalterliche Kirchenorganisation in Hessen südlich des Mains = Schriften des Hessischen Landesamtes für geschichtliche Landeskunde 29 (1966), S. 91, 112f.
Max Herchenröder: Die Kunstdenkmäler des Landkreises Dieburg. 1940, S. 158ff.
Wilhelm Müller: Hessisches Ortsnamenbuch. Band 1: Starkenburg. 1937, S. 296f.
Hans Georg Ruppel (Bearb.): Historisches Ortsverzeichnis für das Gebiet des ehem. Großherzogtums und Volksstaats Hessen mit Nachweis der Kreis- und Gerichtszugehörigkeit von 1820 bis zu den Veränderungen im Zuge der kommunalen Gebietsreform = Darmstädter Archivschriften 2. 1976, S. 108.
Regina Schäfer: Die Herren von Eppstein. Herrschaftsausübung, Verwaltung und Besitz eines Hochadelsgeschlechts im Spätmittelalter. Wiesbaden: Historische Komm. für Nassau, 2000, S. 371f. ISBN 3-930221-08-X.
Dagmar Söder: Kulturdenkmäler in Hessen. Kreis Offenbach = Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. 1987, S. 777ff.
↑Das Großherzogtum Hessen war von 1815 bis 1866 Mitglied des Deutschen Bundes. Ein Staatenbund ehemaliger Territorien des Heiligen Römischen Reichs. Er gilt als gescheiterter Versuch einer erneuten Reichsgründung.
↑ ab
Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr.33, S.403ff. (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
↑Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschluss und Gliederung von Gemeinden vom 29. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr.3, S.84ff., Punkt 93, Nr. 66 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,0MB]).
↑Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, OCLC180532844, S.223.
↑ abHauptsatzung. (PDF; 338 kB) § 7. In: Webauftritt. Stadt Babenhausen, abgerufen im Oktober 2019.
↑Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900
↑Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, OCLC894925483, S.43ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑
Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr.8, S.121ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2MB]).